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Die Klaviatur des Todes: Deutschlands bekanntester Rechtsmediziner klärt auf (German Edition)

Die Klaviatur des Todes: Deutschlands bekanntester Rechtsmediziner klärt auf (German Edition)

Titel: Die Klaviatur des Todes: Deutschlands bekanntester Rechtsmediziner klärt auf (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Tsokos
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aufbewahrt. Aber so emotionslos, wie sich Wassilow bisher aufgeführt hat, ist sich Heitner keineswegs mehr sicher, dass sein Trumpf stechen wird. »Wir haben die Kleidung, die Sie in der Tatnacht getragen haben, untersuchen lassen«, antwortet er. »Das Ergebnis wird Ihnen nicht gefallen, Herr Wassilow: Auf Ihrer Oberbekleidung, auf Sweatshirt, Jeans und Schuhen, haben wir keine Blutspuren von Dunja Kritovna gefunden.«
    Er unterbricht sich und sieht Wassilow lauernd an.
    »Warum sollte mir das nicht gefallen?«, fragt der Russe. Er klingt eher höflich als wirklich interessiert.
    »Weil es beweist, dass Sie weitgehend unbekleidet waren, als Sie Dunja getötet haben – genauso wie Ihr Opfer!«, gibt Heitner heftig zurück. »Sie sind barfuß in Dunjas Blut herumgelaufen, das geht aus den Spuren am Tatort eindeutig hervor. Und Sie waren lediglich mit Ihrer Unterhose bekleidet – dem einzigen Ihrer Kleidungsstücke, auf dem wir Spuren vom Opferblut finden konnten!«
    Wassilow starrt weiter vor sich hin. Falls er beunruhigt oder sogar in Panik ist, lässt er sich nach wie vor nichts anmerken.
    »Können Sie mir erklären«, fragt Heitner, »warum Sie und Dunja nackt waren, obwohl zwischen Ihnen angeblich keine sexuellen Handlungen stattgefunden haben?«
    Sascha Wassilow schüttelt den Kopf. »Nein«, sagt er. »Ich erinnere mich ja nicht.«

    »Wir haben einen Täter, aber keine Leiche«, fasst Hauptkommissar Heitner eine Woche später in der Kripo-Dienststelle den Ermittlungsstand zusammen. »Und wir haben ein Geständnis, aber keine Tatschilderung und kein Motiv. Das ist einer der seltsamsten Fälle, mit denen ich es in den letzten Jahren zu tun hatte!«
    Die Suche nach der Leiche von Dunja Kritovna ist bisher ergebnislos verlaufen. Auch ihre Kleidungsstücke und sonstigen persönlichen Gegenstände sind weiterhin spurlos verschwunden. Sascha Wassilow hat ausgesagt, dass er sie seiner Erinnerung nach irgendwo dort im Wald weggeworfen habe, wo er auch den Körper der Toten abgelegt habe. Aber Brandenburg ist groß und so spärlich besiedelt, dass es Wochen oder sogar Monate dauern kann, bis ein Forstarbeiter oder ein Jogger zufällig über die Leiche stolpert.
    »Wenn die Leichenfäulnis weit genug fortgeschritten ist«, sagt Heitner grimmig, »kann die Rechtsmedizin nicht mehr feststellen, ob die junge Frau vergewaltigt worden ist. Unter Umständen lässt sich dann nicht einmal mehr nachweisen, dass sie ermordet wurde und nicht etwa nur unglücklich gestürzt ist. Es ist zum Verrücktwerden! Ich könnte wetten, dass sie einem Sexualmord zum Opfer gefallen ist.«
    Gerade in diesem Moment betritt Staatsanwalt Axel Rühmann den Besprechungsraum. »Durch Wetten können wir kein Schwurgericht der Welt überzeugen«, erklärt er. »Wir brauchen Beweise, meine Damen und Herren, keine Spekulationen!«
    Staatsanwalt Rühmann leitet die Untersuchung im Fall Dunja Kritovna. Nach der Urteilsverkündung, als Tom Heitner und ich uns zu einer Nachbesprechung trafen, hat er mir auch von diesem kleinen Zwischenfall erzählt.
    Der engagierte Staatsanwalt neigt im Allgemeinen nicht zu flapsigen Bemerkungen. Doch genauso wie die Kommissare Heitner und Mahlow ist auch er selbst durch diesen sonderbaren Fall irritiert.
    Das Täterverhalten scheint einfach keinen Sinn zu ergeben.
    Mit Spontantätern, die ungeplant ein Gewaltverbrechen begehen, haben es Staatsanwalt und Kripo häufig zu tun. Aber dass ein solcher Täter anschließend den Tatort stundenlang reinigt und die Leiche umsichtig wegschafft, haben sie so noch nie erlebt.
    »Wassilows Nachtatverhalten macht den Eindruck, als hätte er den Mord von langer Hand geplant«, gibt Rühmann zu bedenken. »Auch wenn er das abstreitet, wusste er offensichtlich, dass der Autoschlüssel im Tresor hing. Genauso hatte er eine klare Vorstellung davon, wo er wiederum den Tresorschlüssel suchen musste. Und ihm war auch bewusst, dass er den Wagen auftanken musste, damit nicht auffiel, dass er ihn benutzt hatte. Also, meiner Meinung nach hat er das alles Schritt für Schritt geplant und in Gedanken immer wieder durchgespielt.«
    Tom Heitner sieht ihn nachdenklich an. »Aber wenn Wassilow so genau recherchiert hat«, wendet er ein, »wieso wusste er dann nichts von der Überwachungskamera? Die Markovs haben ihn wie einen Sohn behandelt. Er ging überall bei ihnen ein und aus. Also war er bestimmt auch schon mehr als einmal im Kellerbüro der Praxis. Und da steht der Monitor gut sichtbar auf dem

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