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Die Klaviatur des Todes: Deutschlands bekanntester Rechtsmediziner klärt auf (German Edition)

Die Klaviatur des Todes: Deutschlands bekanntester Rechtsmediziner klärt auf (German Edition)

Titel: Die Klaviatur des Todes: Deutschlands bekanntester Rechtsmediziner klärt auf (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Tsokos
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es zu tun hat. Das sind die Fälle, die einander ähneln, zum Beispiel, was die Leichenfundortsituation, eine offensichtliche Kohlenmonoxid-Quelle oder den Unfallmechanismus anbelangt. Was für eine Tragödie hinter einem oder mehreren sich zeitgleich ereignenden Todesfällen steckt, offenbart sich in anderen Fällen erst auf den zweiten Blick, nachdem die Ereignisse am Leichenfundort rekonstruiert, technische Sachverständige hinzugezogen und unsere Laborergebnisse ausgewertet worden sind.
    Aber eines haben diese Fälle alle gemeinsam: Polizeiermittler und Rechtsmediziner müssen bei jedem zunächst unklaren Todesfall die Differenzialdiagnose »tödliche Kohlenmonoxid-Vergiftung« im Hinterkopf haben; zu leicht bezahlen es weitere Unbeteiligte mit dem Leben, wenn diese Diagnose versäumt wird und weiterhin ungehindert tödliches Gas ausströmt.

»Vergast«
    Zum dritten Mal an diesem Samstag ruft Lothar Habert bei seinem Sohn an. Er lässt das Telefon mehrere Minuten lang klingeln, aber Sven hebt nicht ab. Auch seine Mailbox hat er ausgeschaltet. Allmählich ist Vater Habert doch beunruhigt.
    Sven war schon als Jugendlicher psychisch labil, und seine Persönlichkeit ist noch immer nicht gefestigt. Im Gegenteil, sagt sich Lothar Habert, der Tod seiner Mutter im vergangenen Jahr hat den Jungen erneut aus der Bahn geworfen. Dabei ist Sven mittlerweile Anfang dreißig.
    Lothar Habert setzt sich an seinen Schreibtisch und fährt den Computer hoch. Es ist kurz nach 21 Uhr. Am liebsten würde er einfach bei seinem Sohn vorbeischauen. Schließlich wohnen sie beide in Berlin-Charlottenburg, nur wenige Kilometer voneinander entfernt. Aber Sven hält nichts von unangekündigten Besuchen. Und bei dem Gedanken an die Typen, die er einmal in der Wohnung seines Sohns angetroffen hat, vergeht Lothar Habert jede Lust auf einen Überraschungsbesuch.
    Vielleicht ist Sven einfach zu betrunken, um ans Telefon zu gehen, sagt sich der Vater. Es wäre nicht das erste Mal, dass sich sein Sohn abends volllaufen lässt. Aber zumindest seine Mail wird Sven ja hoffentlich demnächst mal lesen und beantworten.
    »Hallo, Sven, bitte melde Dich, mache mir Sorgen. Viele Grüße, Vater«, tippt Lothar Habert und schickt die E-Mail an Svens Google-Account.
    Gerade will er sein Mail-Programm wieder schließen und den PC herunterfahren, da ertönt ein akustisches Signal. Erstaunt schaut Lothar Habert auf den Monitor: Er hat bereits eine Antwort-Mail von Sven. Das kann nur eine automatische Rückantwort sein. Also ist Sven verreist?, wundert sich der Vater und öffnet die Nachricht.
    Lothar Habert starrt auf den Bildschirm, ohne gleich zu begreifen, was er liest.
    »5.2. – 21:15
    Betr.: RE: Melde Dich
    Sven Habert, gest. 31.1.«
    Vater Habert greift erneut zum Telefon. Kurz überlegt er noch, seine Tochter Amelie anzurufen. Aber die arbeitet bei einem großen Konzern und ist wieder mal in den USA unterwegs. Lothar Habert atmet tief durch und alarmiert die Polizei.

    Polizeioberkommissar Jens Meller und seine Kollegin Eva Hasselmann fahren sofort zur Schleswigstraße 17, Sven Haberts Wohnadresse in Charlottenburg. Aufgrund der automatischen Antwort-Mail, die sein Vater erhalten hat, besteht der Verdacht, dass sich der junge Mann selbst getötet hat.
    Sven Habert wohnt im fünften Stock. Oberkommissar Meller drückt auf den Klingelknopf an der Haustür. Niemand öffnet. Die Haustür ist geschlossen, lässt sich jedoch durch Druck gegen das Türblatt öffnen.
    Die beiden Kriminalbeamten verständigen sich durch einen Blick. Einen Aufzug gibt es in diesem Mietshaus aus den 1930er-Jahren natürlich nicht. Sie eilen die Treppen hinauf und stehen kurz darauf atemlos vor Sven Haberts Wohnungstür. Wieder klingeln sie, doch in der kleinen Wohnung rührt sich nichts.
    Polizeikommissarin Hasselmann klopft energisch gegen die Tür. Keine Reaktion.
    »Wir rufen die Feuerwehr«, entscheidet Meller. »Sie sollen die Tür aufbrechen – und sag ihnen, sie sollen sich beeilen. Verdacht auf Suizid. Vielleicht lebt der Mann ja noch, und die Mail war so etwas wie ein Hilferuf.«

    Während die beiden Zivilpolizisten vor der Wohnungstür auf das Eintreffen der Berufsfeuerwehr warten, kommt eine junge Frau die Treppe hinauf.
    »Ist etwas mit Sven?«, fragt sie erschrocken.
    Die Polizeibeamten weisen sich aus. Wie sie denn heiße, fragt Kommissarin Hasselmann die junge Frau. »Wollten Sie zu Herrn Habert?«
    Sie stellt sich als Lisa Münzer vor. »Ich bin die beste

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