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Die Klaviatur des Todes: Deutschlands bekanntester Rechtsmediziner klärt auf (German Edition)

Die Klaviatur des Todes: Deutschlands bekanntester Rechtsmediziner klärt auf (German Edition)

Titel: Die Klaviatur des Todes: Deutschlands bekanntester Rechtsmediziner klärt auf (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Tsokos
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Kissen ist mit Erbrochenem verschmutzt.
    »Bauchkrämpfe, Erbrechen, Durchfall«, murmelt Dr. Lilienthal.
    In was für einer Bruchbude diese Leute gehaust haben!, geht es Sandra Möller durch den Kopf. Die Zimmer sind nur mit den allernötigsten Möbelstücken ausgestattet, und die stammen anscheinend vom Sperrmüll. Der billige Laminatboden ist abgetreten und wellt sich vor Feuchtigkeit.
    Als Polizeioberkommissar Bertold sie in den Sachverhalt einwies, hat er auch die Aussage der Nachbarin aus dem ersten Stock erwähnt. Wahrscheinlich wurde die Erdgeschosswohnung mitsamt diesen Schrottmöbeln vermietet, überlegt die Kripobeamtin. Das würde jedenfalls erklären, warum niemand etwas vom Einzug der neuen Nachbarn bemerkt hat. Zumal die Rollläden alle geschlossen sind.
    Sie betreten eines der Zimmer auf der linken Seite des Flurs. Auf einem Schlafsofa liegt eine junge Frau, auch sie in Rückenlage. Am Kopfende neben dem Sofa steht ein Putzeimer mit einer gelb-grünlichen Flüssigkeit. Offenbar hat sich auch die Frau erbrochen. Neben ihr liegt ein etwa 35- bis 40-jähriger Mann seitlich hingestreckt. Sein Kopf befindet sich neben den Füßen der Frau. Sein rechter Arm ist in Richtung des verschlossenen Fensters ausgestreckt – ganz so, als hätte er noch versucht, es zu öffnen.
    Auf dem Sofatisch liegen ein halbleerer Blister mit Paracetamol -Schmerztabletten und eine leere Aspirin -Verpackung. Daneben liegt eine abgenutzte Geldbörse. Vorsichtig klappt Glatter sie auf und fischt einen Personalausweis heraus. »Torsten Hollbruck«, liest er vor.
    Auf dem Boden neben dem Schlafsofa liegt eine Handtasche. Der Oberkommissar öffnet sie, ohne ihre Lage zu verändern, und fördert nach kurzem Suchen eine dünne, weinrote Mappe aus billigem Kunstleder hervor. Sie enthält eine EC-Karte und einen Personalausweis auf den Namen Jeanette Murke.
    »Erweiterter Suizid, der Kollege hat vermutlich recht«, sagt Glatter. »Bis jetzt sieht auch für mich alles danach aus.« Er deutet auf den Leichnam von Torsten Hollbruck. »Als ihn die Frau mit ihren Kindern wieder verlassen will, dreht er durch und bringt sie alle und sich selbst um.«
    Sandra Möller zuckt erneut nur die Schultern. Sie hat stechende Kopfschmerzen, und ihr ist speiübel.
    Im vierten Zimmer findet sich der Leichnam eines etwa zweijährigen Kindes. Es liegt auf dem Boden vor einem Kinderbett, gleichfalls in Froschstellung auf dem Rücken.
    »Bauchkrämpfe, Übelkeit, Durchfall, Kopfschmerzen«, zählt Dr. Lilienthal auf. »Die vier Kinder und die beiden Erwachsenen haben offenbar alle unter den gleichen Symptomen gelitten. Denen ist es richtig dreckig gegangen. Und das offensichtlich schon einige Zeit, sonst würden nicht überall leere und halbleere Schmerzmittelpackungen herumliegen.«
    »Und was glauben Sie, wodurch die Symptome hervorgerufen wurden?«, fragt Oberkommissar Glatter.
    »Jedenfalls nicht durch einen Infekt, wie die Mutter vermutlich angenommen hat«, antwortet Dr. Lilienthal. »Das würde jedenfalls erklären, warum sie ihren Kindern Nuofren -Saft und sich selbst Paracetamol und Aspirin verabreicht hat.«
    Er bittet die Ermittler, ihm noch einmal in den Raum zu folgen, in dem die beiden Erwachsenen auf dem Schlafsofa liegen. Dort beugt er sich über den Körper der Frau und streift ihr einen Ärmel bis zum Ellbogen zurück. »Sehen Sie diese auffällig hellroten Leichenflecken?«, fragt er.
    Sandra Möller nickt.
    »Und hier bei dem Mann das Gleiche«, fährt der Rechtsmediziner fort. Er schiebt das T-Shirt über dem Gürtel des Toten hoch und zeigt auf die ausgeprägten, intensiv roten Totenflecken.
    »Genau wissen wir das erst nach der Obduktion«, fügt Dr. Lilienthal hinzu. »Aber im Moment sieht hier für mich alles nach einer sechsfachen tödlichen Kohlenmonoxid-Vergiftung aus.«
    Die Hauptkommissarin schaut ihn erstaunt an. »Kohlenmonoxid?«, fragt sie. »Sie glauben also, dass Torsten Hollbruck seine Freundin, die Kinder und sich selbst mit Kohlenmonoxid vergiftet hat?«
    Dr. Lilienthal wischt sich den Schweiß von der Stirn. »Ob es sich um ein akzidentielles Geschehen oder um geplante Tötung und Selbsttötung handelt, kann ich Ihnen noch nicht sagen. Ich sehe hier keine offensichtliche Kohlenmonoxid-Quelle, aber es würde mich nicht wundern, wenn sich herausstellen sollte, dass die Gastherme im Bad defekt ist. Das wäre leider nicht das erste Mal.«
    Er bringt die Kleidungsstücke an den Leichnamen wieder in ihre ursprüngliche

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