Die Kleinbürger (German Edition)
Fehler hat, dafür aber eine ziemliche runde Mitgift besitzt; Sie nennen keinen Namen und kommen unmittelbar darauf zu mir und berichten, wie diese Eröffnung aufgenommen worden ist.«
»Ihr Vertrauen,« sagte Cérizet, »ist mir ebenso angenehm wie ehrenvoll, und ich werde es bestens zu rechtfertigen wissen.«
»Wir dürfen uns keinen Illusionen hingeben,« begann du Portail wieder, »eine Ablehnung wird die erste Regung eines Mannes sein, der anderswo gebunden ist, aber wir brauchen uns deshalb noch nicht für geschlagen zu halten. Ich verzichte nicht so leicht auf meine Absichten, wenn ich sie für richtig halte, und müßten wir unsern Eifer, la Peyrade glücklich zu machen, auch so weit treiben, daß wir ihn in Clichy festsetzen lassen, so bin ich fest entschlossen, einen Plan nicht fallen zu lassen, dessen Ausführung ihn, wie ich überzeugt bin, erkennen lassen wird, daß er auf einer glücklichen Eingebung beruhte. Auf jeden Fall werden Sie Dutocq seine Forderung abkaufen.«
»Zum vollen Betrage?« fragte Cérizet.
»Jawohl, zum vollen Betrage, wenn Sie nichts Besseres erreichen können; es darf uns hierbei auf einige tausend Franken nicht ankommen; nur muß uns, wenn das Geschäft gemacht ist, Herr Dutocq versprechen, uns zu helfen oder wenigstens sich neutral zu verhalten. Nach dem, was Sie mir über die andere Heirat erzählt haben, brauche ich Ihnen, meine ich, nicht zu sagen, daß wir nicht einen Moment zögern dürfen, das Eisen ins Feuer zu legen.«
»In zwei Tagen habe ich eine Zusammenkunft mit la Peyrade«, bemerkte Cérizet; »wir haben ein kleines Geschäft zu erledigen. Meinen Sie nicht, daß es passender wäre, bis zu dieser Zusammenkunft zu warten, bei der ich wie zufällig von unserm Vorschlage reden könnte? Wenn er sich widersetzt, so wird auf diese Weise am besten ›unsere‹ Würde gewahrt.«
»Gut,« sagte du Portail, »das bedeutet noch keinen Aufschub, im übrigen gebe ich Ihnen zu bedenken, daß Sie, wenn Sie es durchsetzen, in mir einen Mann finden werden, der, anstatt von Ihnen strenge Rechenschaft über Ihre unklugen Gefälligkeiten für Frau Cardinal zu fordern, Ihnen verpflichtet und bereit ist, Ihnen in jeder Weise nützlich zu sein, und dessen Einfluß weiter reicht, als man im allgemeinen glaubt.«
Nach so freundlichen Worten konnten sich die beiden nur im besten Einvernehmen, und einer vom andern sehr befriedigt, trennen.
Ebenso wie das ›Drehkreuz Saint-Jean‹ ist der ›Rocher de Cancale‹, wohin jetzt die Szene verlegt wird, heute nur noch eine Erinnerung. Ein Weinhändler mit einem Ausschank ist der Nachfolger dieses »Tempels des Geschmacks«, dieses europäischen Heiligtums, das die gesamte Feinschmeckerzunft des Kaiserreichs und der Restauration bei sich vorüberziehen sah.
Am Abend vor dem festgesetzten Tage hatte la Peyrade von Cérizet die kurze Zeile erhalten:
»Also morgen, mit oder ohne Mietvertrag, im ›Rocher‹ um halb sieben.«
Was Dutocq anlangt, so hatte Cérizet alle Tage Gelegenheit, ihn zu sehen, da er sein Sekretär war, er konnte ihn also mündlich benachrichtigen; der aufmerksame Leser wird aber bemerken, daß diesem zweiten Eingeladenen eine etwas abweichende Zeit angegeben wurde: »Um einviertel sieben im ›Rocher‹«, hatte Cérizet ihm gesagt; es war klar, daß er wenigstens eine Viertelstunde vor der Ankunft la Peyrades zur Verfügung haben wollte.
Diese Viertelstunde gedachte der Wucherer dazu zu verwenden, beim Ankauf der Wechsel Dutocqs etwas abzuhandeln, und er meinte, ein plötzlich ohne irgendwelche vorherige Verhandlung gemachter Vorschlag würde vielleicht glatter angenommen werden. Wenn er dem andern nicht Zeit zum Überlegen ließe, würde er ihn vielleicht dazu bringen können, etwas nachzulassen, und wenn er die Forderung erst unter dem Nennwert erworben hätte, konnte sich der Mann aus der Rue des Poules immer noch überlegen, ob er die Differenz ohne Bedenken in seine Tasche stecken sollte oder ob es besser schiene, sich vor du Portail des Rabatts, den er durchgesetzt hatte, zu rühmen. Im übrigen kann man ruhig sagen, daß, abgesehen von jedem Interesse, Cérizet auch so versucht haben würde, einen kleinen Gewinn von seinem Freunde für sich herauszuschlagen; das entsprach seinem Instinkt und seiner Natur; in Geschäftssachen hatte er gegen den geraden Weg dieselbe Abneigung wie die Freunde englischer Gärten, wenn sie die Gartenwege anlegen.
Da Dutocq immer noch einen Teil des Kaufpreises für sein Amt
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