Die kleine Schwester
mit unmöglicher Unterwäsche.«
Ich sagte nichts. Mühelos fand sie wieder den Übergang zum Geschäft.
»Mavis wird jetzt fünfundsiebzigtausend Dollar pro Film bekommen, und schließlich werden es hundertfünfzigtausend sein. Sie ist mitten im Aufstieg, und nichts kann sie aufhalten. Höchstens ein schlimmer Skandal.«
»Dann muß eben jemand ihr erzählen, wer Steelgrave ist«, sagte ich. »Warum tun Sie's nicht? Und außerdem, nehmen wir mal an, wir haben alle Beweise - was wird denn Steelgrave machen, während wir uns die Weld vornehmen?«
»Warum muß er es denn wissen? Ich glaube kaum, daß sie es ihm sagen würde. Mehr noch, ich glaube kaum, daß sie sich noch weiter mit ihm treffen würde. Aber für uns wäre das sowieso nicht wichtig - wenn wir den Beweis hätten. Und wenn sie das wüßte.«
Ihre schwarz behandschuhte Hand machte eine Bewegung zu ihrer schwarzen Tasche hin, hielt an, trommelte ein wenig auf den Schreibtischrand und kehrte wieder in die Höhe ihres Schoßes zurück. Sie hatte die Tasche nicht angesehen. Ich auch nicht.
Ich erhob mich. »Ich könnte ja auch Miss Weld gegenüber Verpflichtungen haben.
Haben Sie daran mal gedacht?«
Sie lächelte nur.
»Und wenn das der Fall wäre«, sagte ich, »meinen Sie nicht, daß Sie jetzt schleunigst aus meinem Büro verschwinden sollten?«
Sie legte ihre Hände auf die Lehnen ihres Sessels und schickte sich an aufzustehen.
Noch immer lächelte sie. Ich schnappte mir die Tasche, bevor sie sich weiterbewegte.
Ihre Augen begannen zu sprühen. Sie machte ein Geräusch, als wollte sie spucken.
Ich machte die Tasche auf, wühlte darin und fand einen weißen Umschlag, der mir ein bißchen bekannt vorkam. Ich schüttelte ein Foto heraus, das Foto von >The Dancers<, beide Teile zusammengesetzt und auf ein Blatt Papier geklebt.
Ich machte die Tasche zu und warf sie ihr hin.
Sie war jetzt aufgestanden, hatte die Lippen hochgezogen. Sie war sehr still.
»Wie interessant«, sagte ich und schnappte mit einem Finger auf die Hochglanzoberfläche des Abzugs. »Wenn es nicht gefälscht ist. Ist das Steelgrave?«
Das Silberlachen sprudelte wieder. »Sie sind wirklich ein lachhafter Typ, Amigo.
Wirklich. Ich hätte nicht geglaubt, daß so was heute noch hergestellt wird.«
»Vorkriegsware«, sagte ich. »Wir werden jeden Tag rarer. Wo haben Sie das her?«
»Aus Mavis Welds Tasche in Mavis Welds Bühnengarderobe. Als sie beim Drehen war.«
»Weiß sie's?«
»Sie weiß es nicht.«
»Ich möchte wissen, wo sie das her hat.«
»Von Ihnen.«
»Blödsinn.« Ich runzelte die Stirn. »Wo hätte ich es denn herhaben sollen?«
Sie streckte die behandschuhte Hand über den Schreibtisch. Ihre Stimme war kühl.
»Geben Sie's mir bitte zurück.«
»Ich werde es Mavis Weld zurückgeben. Und obwohl ich das nicht gerne sage, Miss Gonzales, zum Erpresser bin ich denkbar ungeeignet. Mir fehlt einfach das einnehmende Wesen.«
»Geben Sie das her«, sagte sie scharf. »Wenn Sie es nicht. ..«
Sie unterbrach sich. Ich wartete darauf, daß sie weitersprach. Auf ihren glatten Gesichtszügen lag ein verächtlicher Ausdruck.
»Also gut«, sagte sie. »Es war mein Fehler. Ich dachte, Sie hätten Grips. jetzt sehe ich, daß Sie auch nur ein blöder Privatdetektiv sind. Dieses schäbige kleine Büro«, sie machte eine schwarz behandschuhte Geste, »und das schäbige bißchen Leben, das sich hier abspielt - ich hätte wissen müssen, was Sie für ein Idiot sind.«
»Jetzt wissen Sie's«, sagte ich.
Langsam wandte sie sich um und ging zur Tür. Ich kam um den Schreibtisch herum, und sie ließ sich von mir die Tür öffnen. Langsam ging sie hinaus. Dieser Gang war ihr nicht auf der Handelsschule beigebracht worden.
Sie ging den Korridor entlang, ohne sich umzusehen. Sie ging wunderschön.
Der Türschließer zog die Tür zu und ließ sie weich einklinken. Es schien sehr lange zu dauern. Ich stand davor und sah zu, als hätte ich es noch nie vorher gesehen. Dann wandte ich mich um und kehrte zu meinem Schreibtisch zurück. Und jetzt klingelte das Telefon.
Ich nahm es auf und meldete mich. Es war Christy French. »Marlowe? Wir brauchen Sie hier auf dem Präsidium.«
»Sofort?«
»Wenn möglich noch schneller«, sagte er und legte auf.
Ich holte das zusammengeklebte Foto unter der Löschunterlage hervor und legte es zu den anderen in den Tresor. Ich setzte meinen Hut auf und schloß das Fenster. Worauf sollte ich noch warten? Ich betrachtete die grüne Spitze des
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