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Die kleinen Gärten des Maestro Puccini: Roman (German Edition)

Die kleinen Gärten des Maestro Puccini: Roman (German Edition)

Titel: Die kleinen Gärten des Maestro Puccini: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helmut Krausser
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stellen. Mit solch einer Gewalttat konnte er schließlich nicht rechnen.
    Puccini war vom Amoklauf seiner Frau schwer gekränkt und abgestoßen.
    Aber er hatte Stärke gezeigt, hatte Elvira vor die Wahl gestellt, sie solle ihn in Ruhe lassen, oder die Trennung würde unvermeidbar werden und endgültig. Elvira war daraufhin zusammengeschrumpft, hatte klein beigegeben, sich hintenrum aber bei allen möglichen Leuten beschwert, bis endlich auch der alte Ricordi über die Lage informiert war.
    Giulio Ricordi an Illica, 2. Dezember 1902
    Teuerster Illica,
    ich danke Ihnen sehr für die Informationen, die Sie mir bezüglich der an der Butterfly vorgenommenen Änderungen geben. Ich sehe, daß auch Sie vollkommen von ihnen überzeugt sind, wie Puccini selbst. Nichts besser als das. Ich hoffe, nein, ich bin sogar sicher, daß auch ich diese Meinung irgendwann teilen werde, während ich im Moment weiterhin daran zweifle, ob die Oper gelingen wird, sie ist nicht Fisch, nicht Fleisch. (…)
    Die anderen … intimen Nachrichten schmerzen mich hinge-gen sehr. Nein! Ich werde nie wieder mit Puccini darüber reden; mehr als das, was ich gesagt und getan habe, will ich nicht sagen oder tun. Es waren in den Wind gesprochene Worte. Ich bin zur schmerzhaften Schlußfolgerung gezwungen, ihn, eine Person, der ich trotz allem große Wertschätzung und Zuneigung entgegenbringe, als einen Lügner und als vulgär zu verurteilen: Derlei Enttäuschungen sollen sich nicht wiederholen. Es ist sicher, daß er seine Arbeit irgendwann zu Ende bringen wird, da sie einst mit großem Schwung begonnen wurde, der noch nachwirkt. Aber dann – und es tut weh, dies zu sagen, ist Puccini für die Kunst und die Freunde verloren. Alles deutet darauf hin: Der Blick, die schlaffen Wangen, die Motorik, die Unruhe beim Stehen, der plötzliche Überdruß. Ach! Wie gern wäre ich doch ein falscher Prophet!
    GP hat einen Freund beauftragt, als Strohmann eine kleine Wohnung für Cori in Mailand zu mieten, sie sei langsam alt genug, ihr natürliches Nest zu verlassen. In einem halben Jahr wird sie volljährig. Was sie ihren Eltern über den Zustand der Beziehung erzählt, ob Lügen, ob die Wahrheit, überläßt er ganz ihr, will es gar nicht wissen. An Coris Eltern denkt er ohnehin nicht gerne. Einen einfachen Bäckermeister soll er zum Schwiegervater bekommen? Ach je. Bei aller Liebe –
    Wann heiraten wir? fragt Cori, noch knapp bei Atem, und die Frage stellt eher eine Anerkennung als eine Forderung dar.
    Wenn du reif dafür bist.
    Das Mädchen sieht ihn schmollend/zwinkernd an. Schlafen kannst du mit mir, ja?
    Sie solle da zwei Dinge nicht durcheinanderbringen, murmelt Giacomo. Es sei klar, daß sie wenigstens einundzwanzig sein müsse, bevor man daran denken könne, der Öffentlichkeit eine solche Verbindung zuzumuten.
    Mit diesem an sich vernünftigen Argument schindet Giacomo Zeit, auch wenn er es nicht bewußt so empfindet. Ihm ist die Sache durchaus ernst, aber der Altersunterschied, der damit unweigerlich verbundene Skandal, läßt ihn zögern.
    Könnte ich ein Niemand sein und das Paradies genießen wie ein Niemand. Alle nennen mich glücklich und einen Günstling des Himmels, aber – er zitiert Schiller – Nur der ist König, der bei seinem Tun nach keines Menschen Beifall braucht zu fragen  …
    Mit diesen Worten öffnet er Coris Bademantel, sie aber entzieht sich ihm und schenkt zwei Gläser halbvoll mit Pfirsichlikör.
    Du solltest so was Starkes noch nicht trinken.
    Ja? Ach, komm. Du bist ein unverheirateter Mann, Jack. Hast Geld genug, sie großzügig abzufinden. Sie muß nicht in der Gosse hausen. Wo ist das Problem? Wenn du mich auch nicht sofort heiratest, kannst du dich wenigstens von ihr trennen. Mir hat Elvira einmal weh getan. Dir tut sie dauernd weh. Du leidest unter diesem Weib.
    Laß mich die Butterfly vollenden … Bitte! Sei nicht eifersüchtig. Ich brauche noch ein paar Monate. Nur diese paar Monate. Mein Leben ist schwer genug.
    Ich bin nicht eifersüchtig. Fürsorglich, ja. Ich habe dir geschworen, ich werde auf dich warten, du bist es mir wert. Ich sehe dich, seit du so hart arbeitest, kaum ein halbes Dutzend mal im Jahr. Aber ich bin zufrieden. Du darfst mich nur nicht verlassen!
    Wie bitte? Er umarmt sie, küßt sie ab. Wie sie denn auf so was komme? Auf so einen Blödsinn!
    Das Mädchen setzt, wie er es von ihr nicht gewohnt ist, einen traurigen, fast bitteren Blick auf.
    Jemand läßt uns beobachten, Jack!
    Er döst soeben weg,

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