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Die kleinen Gärten des Maestro Puccini: Roman (German Edition)

Die kleinen Gärten des Maestro Puccini: Roman (German Edition)

Titel: Die kleinen Gärten des Maestro Puccini: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helmut Krausser
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weswegen Cori ihren letzten Satz noch einmal wiederholt.
    Jemand läßt uns beobachten, Jack!
    Ja? Hmmhmm.
    Weißt du auch, wer? Nein, ausnahmsweise nicht deine Hauskrähe! Rätst dus?
    Wer denn?
    Dein Verleger!
    Was? Giacomo hebt den Kopf aus den Kissen. Unfug. Beruhige dich!
    Cori insistiert. Es sei ja auch zu leicht! Wenn ich schlafe, schreibst du Briefe an alle möglichen Leute – und immer auf dem Briefpapier unsrer Hotels. Daß der Portier ein Schuft ist und bestechlich, das weißt du ja selbst.
    Giacomo, eben noch bereit, nach kurzer Ruh’ aufzuerstehen, um erneut die Geliebte zu bespringen und alle Probleme zu vergessen, sieht sich in eine surreale Diskussion verwickelt, die ihm gerade ungelegen kommt. Beinahe unwirsch wiegelt er ab.
    Er weiß allerdings, daß zumindest Elvira einiges unternommen hat, um zuerst den wahren Namen des Mädchens, dann mehr über sie zu erfahren, er hat davon Wind bekommen … Elviras Spionin hatte sogar versucht, bei Coris bester Freundin, einer Näherin, Unterricht im Spitzenklöppeln zu nehmen.
    GP an Illica, Torre del Lago, 12. September 1902
    Ich habe entdeckt, daß Tabaracci in Diensten Elviras nach Turin gereist ist, wegen der üblichen Angelegenheit. Aber davon weiß nur ich und ich bitte Dich, die Sache schriftlich nicht zu erwähnen, denn es würde (wenn E. davon wüßte) denjenigen kompromittieren, der mir das versichert hat.
    Aber Ricordi – lachhaft. Der alte Herr würde nie … Dummes Zeug. Du schwelgst in Phantasien, Kleines. Das ist absurd! Du liest zu viele phantastische Geschichten! Wovon redest du? So was sieht dir gar nicht ähnlich. Wie kommst du um Himmels willen auf Ricordi?
    Cori springt auf, unter dem wehenden Bademantel nackt. Es müßte, denkt er, spezialisierte Dichter geben, nur zu jenem Zweck am Leben, um die schmalen Fesseln dieses Mädchens zu besingen. Sie geht zum Fenster, öffnet die Vorhänge einen Spalt, beobachtet die Straße. Heute ist niemand zu sehen, da unten.
    Soll sie es ihm sagen? Sie muß es, selbstverständlich. Leider.
    Er hat mir geschrieben.
    Giacomo schreckt hoch, stützt sich auf die Ellbogen.
    Wie bitte? Was? Niemals! Treib keinen Luderschund mit mir!
    Giacomo hat einen ausgeprägten Hang zu Wortspielen. Manche gelingen auch.
    Naja, natürlich nicht direkt. Dein Freund Pagni hat mir freundlicherweise geschrieben. Dem hat dein Freund Gigi geschrieben und ihm wiederum hat Ricordi geschrieben, daß man endlich etwas gegen mich unternehmen müsse. Jetzt guckst du, was?
    Puccini liegt da, mit offenem Mund, glaubt an einen kindlichen Scherz, fällt dann aus allen rosa Wolken. Seine neueste, eben noch im Aufbau befindliche Erektion schrumpft in fast nichts zusammen. Es scheint ihm plötzlich undenkbar, daß diese Nacht noch irgendeine Erfüllung bieten wird.
    Blaß geworden, mit heiserer Stimme, verlangt er den Brief zu sehen.

7
    Lieber Luigi,
    ich schreibe Dir heute in einer äußerst inoffiziellen Angelegenheit. Es ist wichtig, daß Du diese Zeilen sofort nach Lektüre verbrennst. Ich weiß nicht, an wen ich mich sonst wenden soll in meiner Wut und tiefen Enttäuschung.
    Denn die Welt, Gigi, wie wir sie kennen, bricht zusammen, alles ist absurd und erschreckend geworden. Unser beider Verleger, Ricordi, ich meine nicht den Schnösel Tito, sondern Gevatter Giulio, den ich stets für diskret und warmherzig hielt, hat sich in unerträglicher Weise in mein Privatleben gemischt, hat Dich dazu benutzt, beleidigende, ehrabschneidende, sogar drohende Äußerungen gegenüber einer Freundin auszustoßen, die darin gipfeln, daß jene ihre angebliche Beziehung zu mir sofort beenden soll. Ich danke Dir, daß Du den Brief in sicher wohlmeinender Absicht an Ferro weitergeleitet hast. Aber warum hast Du mich nicht direkt gewarnt? Oh, ich verstehe natürlich, Du willst nicht zum Prellbock werden, gut, dennoch – Ist es wahr, daß Detektive auf mich angesetzt sind? Lieber Himmel. Ich kann Dir über diese Frau, sie ist Piemontesin, nicht viel erzählen, eine gute Freundin, punktum, und ehrbar – falls Du etwas anderes hörst, glaub bitte kein Wort. Und wenn da auch immer, egal was, wäre, ein bißchen was ist immer – stell Dir meine Situation vor! Mein Verleger konspiriert anscheinend mit meiner Gattin wegen meines privaten Umgangs, läßt uns vielleicht tatsächlich observieren – welche Zustände sind das? Wie soll ich in so einer Welt weiter leben und arbeiten? Soeben sitze ich im Zug nach Mailand, hoffentlich kannst Du meine Handschrift

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