Die kleinen Gärten des Maestro Puccini: Roman (German Edition)
Elvira. Behüten Sie ihn. Er bedarf Ihrer Güte.
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Liebste Cori,
du wirst das Wichtigste den Zeitungen entnommen haben, die alle übertreiben, es geht mir ganz gut, relativ zu dem, was alles hätte passieren können . Ich schreibe diesen Brief und weiß noch nicht, wie du ihn erhalten sollst, denn meinen Verwandten kann ich leider nicht trauen, sie haben nur das Beste mit mir vor, allerdings definieren sie mein Bestes auf ihre höchst eigene und subjektive Weise. Glaubte ich seit jeher an eine Verschwörung, glaube ich nun nur noch stärker daran, mit dem Unterschied, daß ich hilflos darniederliege. Elvira ist nach Lucca gefahren, zum Begräbnis ihres Gatten. Wenigstens hat sie mir versprochen, daß ihre Verwandten nicht wieder in mein Haus einbrechen werden. Eben kam ein Telegramm Ricordis, er selbst scheint mich zu meiden. Es ist schrecklich, zurückgeworfen zu werden auf eine fragile Körperlichkeit, die sich in einem eklatanten Mißverhältnis befindet zu den Ausflügen unsres Geistes. Man wird sich der Erbärmlichkeit des Daseins auf peinliche Weise bewußt. Es wird angeblich ein halbes Jahr vergehen, bevor ich wieder schmerzfrei laufen kann, ein halbes Jahr, in dem wir uns nicht sehen können. Das bricht mir erneut mein so oft schon zerbrochenes Herz. Wie sehr ich dich hier und jetzt nötig hätte! Aber wir müssen uns abfinden mit dem, was uns die schlechtgelaunte Vorsehung auferlegt hat. Ich erhalte Genesungswünsche aus aller Welt, sogar von Königen und Königinnen, dreihundert Telegramme trafen ein. Sogar von Mascagni aus San Francisco! Doch mehr als all das wünschte ich mir, du würdest mir schreiben. Leider steht zu befürchten, daß die Umgebung, die mich derzeit umgibt, dir nicht sonderlich gesonnen sein dürfte. Schreibe drum an Tonio, unter einem erfundenen Namen, erklär ihm mit wenigen Worten, warum, ich bin gespannt, ob er sich auf meine Seite stellen wird. Sei nicht zu freizügig dabei. Es wird sich bestimmt bald eine geeignetere Möglichkeit finden, wie wir unbeobachtet in Verbindung bleiben. Sähest du mich jetzt, gewiß schössen Tränen aus deinen lieblichen Augen, ich bin nur mehr ein Schatten meiner selbst, auf Hilfe angewiesen, wie sehr verachte ich diese Existenz und meinen anfälligen Körper, der sich nach dir sehnt, meine Süße.
Elvira hat sich in den Kopf gesetzt, mich zu heiraten, wenn die Trauerzeit erst vorbei sein wird, ich glaube, sie lebt in einer ganz eigenen, einzig auf sie und ihre Wünsche zugeschnittenen Welt, gewissermaßen ist sie geisteskrank, auf bedrückende Weise, will mir einreden, Gott habe ein Zeichen gesetzt. Seltsam ist die Sache an sich schon, vielmehr recht kurios. Alle hier sind tief abergläubisch, meine gutmeinenden Schwestern vor allem, und jene, die im Kloster gelandet ist, Iginia, schickt mir Briefe, in denen sie dauernd mein Seelenheil erwähnt, und daß ich wieder auf die rechte Bahn gelangen möge. Ich werde nicht wie ein Kranker, nein, wie ein gestrafter Sünder behandelt, aber all das stärkt nur meinen Entschluß.
Bald, wenn der Heilungsprozeß gut verläuft, werden wir zusammen sein, habe einstweilen Geduld, ich bitte Dich. Empfange tausend Vorschuß-Küsse von deinem Dich in Ewigkeit liebenden Giacomo.
Lieber Gigi,
du wirst das Wichtigste den Zeitungen entnommen haben, die alle übertreiben, es geht mir gut, relativ zu dem, was hätte passieren können. Elvira ist nach Lucca gefahren, zum Begräbnis ihres Gatten. Wenigstens hat sie mir versprochen, daß ihre Verwandten nicht wieder in mein Haus einbrechen werden. Eben kam ein Telegramm Ricordis, er selbst scheint mich zu meiden. Es ist schrecklich, zurückgeworfen zu werden auf eine fragile Körperlichkeit, die sich in einem eklatanten Mißverhältnis befindet zu den Ausflügen unsres Geistes. Man wird sich der Erbärmlichkeit des Daseins auf peinliche Weise bewußt. Es wird ein halbes Jahr vergehen, bevor ich wieder laufen kann. Aber wir müssen uns abfinden mit dem, was uns die schlechtgelaunte Vorsehung auferlegt hat. Ich erhalte Genesungswünsche aus aller Welt, sogar von Königen und Königinnen, doch bin ich nur mehr ein Schatten meiner selbst, auf Hilfe angewiesen. Wie sehr verachte ich diese Existenz und meinen anfälligen Körper. Elvira hat sich in den Kopf gesetzt, mich zu heiraten, wenn die Trauerzeit erst vorbei sein wird, ich glaube, sie lebt in einer ganz eigenen, einzig auf sie und ihre Wünsche zugeschnittenen Welt. Alle hier sind tief abergläubisch, meine
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