Die kleinen Gärten des Maestro Puccini: Roman (German Edition)
beizubehalten. Also Elvira zu heiraten, aber Corinna eine Position in seiner Nähe anzubieten, vielleicht eine Art Sekretärinnenposten in Livorno oder Genua oder Mailand, wo er sie jederzeit ohne viel Aufwand besuchen kann. Cori wäre inzwischen damit einverstanden, bestimmt. Warum sollte sie es auch nicht sein?
Gegenüber Illica, der ihm wie gewöhnlich ins Gewissen redet, konstatiert Puccini, was unausgesprochen immer schon klar gewesen war – daß ihm die Situation beim Komponieren helfe, er werde so zum Pinkerton und Cori zur Cio-Cio-San, er könne sich in die Konstellation der Protagonisten hineindenken und deren Partien mit noch mehr Leben erfüllen. Die Butterfly werde seine beste Oper werden. Davon hätten am Ende alle etwas.
Illica, in seiner trocken-sarkastischen Art, antwortet, Cori müsse sich nur noch umbringen, dann sei alles perfekt und große Oper.
Cori denkt nicht an Selbstmord. Vom Conte Ferraris läßt sie sich verwöhnen, wobei ihr in jedem Moment klar ist, daß sie für den jungen Adligen nicht mehr als eine Spielerei darstellen kann, der Standesunterschied würde ernsthafte Liebeserklärungen so lächerlich wie verlogen klingen lassen. Sie gibt ihm schließlich, was er haben will. Was ist schon dabei? Der Conte wird keine bleibende Spur in ihr hinterlassen, an der sich Giacomo stören könnte.
Ihres viel zu devoten Guido bald überdrüssig, in permanenter Angst, vergessen zu werden, wendet sie sich im Kampf um die Rückgewinnung des Geliebten auch an Jacks besten Freund in Torre del Lago. Schreibt an Ferruccio Pagni, er möge bitte Partei für sie ergreifen und auf Giacomo in ihrem Sinne einwirken. Pagni, ein sentimentaler, romantischer Mensch, immer auf der Seite der Liebe, legt sich folgsam ins Zeug und besucht den Maestro in Abetone, am 24. August, beschwört ihn, sich für die richtige Seite zu entscheiden. Gegen alle Konventionen. Giacomo verbittet sich die Einmischung.
Ihm gehe es längst über die Hutschnur, wie viele Menschen über seinen Kopf hinweg in seinem Leben herumfingerten. Pagni, der einen pathologischen Haß auf Elvira entwickelt hat, weil die ihm weiterhin das Haus verbietet, ist fast der einzige, der Giacomo davon überzeugen will, bei der Geliebten zu bleiben. Es kommt unter den engen Freunden zum Streit. Zum Eklat. Giacomo nennt Pagni einen Verräter, Pagni nennt ihn einen Pantoffelhelden. Eine Postkarte gibt Zeugnis von den drastischen Konsequenzen.
GP (aus Boscolungo) an Cesare Riccioni – 27. August 1903
Hast Du noch mal dieses Schwein von Pagni gesehen? Setz bitte auch Du ihn auf die schwarze Liste, dieses Individuum verdient nichts anderes .
Pagni pflegte ein individuelles, wenn auch harmloses Verhältnis zu Cori. Im Dezember 1900 hatte er GP gefragt, ob er ihr schreiben dürfe, und ohne Bedenken hatte Giacomo ihm die Bitte gewährt: Schreib an Cori, das wird ihr Freude machen . So zu lesen in jenem Brief, in dem er auch die verhängnisvolle Zahl 7! erwähnt. ( 6. Dezember 1900 )
Pieris Detektive sind tüchtig und effektiv. Die Frau schafft es sehr schnell, Corinnas Bekanntschaft zu machen. Die Informationen fließen. Ja, Corinna hat diesen guten Freund namens Guido, den Sohn eines Barbiers von der Via Arsenale. Aber es sei noch schlimmer. Sie sei vielleicht, so das Gerücht, die heimliche Geliebte des Conte Ferraris aus Biella.
Währenddessen ist Cori tatsächlich nach Biella abgereist, wo sie sich fünf Tage aufhält. Und wie von Pieri vorhergesehen, erwähnt sie ihre Reise gegenüber Puccini mit keinem Wort. Die fälligen Briefe schreibt sie im voraus und läßt sie durch ihre kränkelnde Schwester Domenica besorgen, so daß diese den Poststempel Turins tragen.
Als Puccini die Nerven verliert und ihr Vorhaltungen macht (angeblich habe, welch grandioser Zufall, ein Bekannter sie in Biella gesehen), redet sich Corinna damit heraus, ihre ehemaligen Zunftschwestern, die Näherinnen, hätten einen Tagesausflug dorthin gemacht, hätten sie eingeladen, sie habe zugesagt, habe jedoch Angst gehabt, ihn um Erlaubnis zu bitten, da sie von seiner Abneigung gegen die niederen Stände und den damit verbundenen trivialen Umgang wisse. Es tue ihr sehr leid. Sie fügt dem Brief einige hübsche Fotos bei, die Puccinis Leibfotograf Oreste Bertieri von ihr gemacht hat, auf dessen eigene Kosten.
Auf dessen eigene Kosten? Die Fotos haben einen Wert von mindestens 40 Lire. Woraufhin Puccini die Detektive auch bei Bertieri nach dem Rechten sehen läßt. Das Detektivpaar
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