Die kleinen Gärten des Maestro Puccini: Roman (German Edition)
genießt so den Ruhm an der Seite ihres Lebensgefährten, griffig veranschaulicht in barer Münze.
Giulio Ricordi, aus Paris nach Mailand zurückgekehrt, just zu dem Zeitpunkt, als GP dorthin unterwegs war, ist mit der neuen Musik zur Butterfly recht zufrieden, und selbst Tito zeigt sich bereit, seine Kritik in Teilen zurückzunehmen, wenngleich er der neuen Oper, natürlich nur inoffiziell, einen steinigen Weg verheißt. Sie sei für Italien einfach zu gesellschaftskritisch, in den Details wieder, wie schon die Tosca , zu derb und brutal. Worum gehe es im Grunde?
Um einen kläglich-ignoranten Imperialisten, der ein temporäres Sex-Spielzeug sucht und eine Liebende findet, die an der Diskrepanz beider Kulturen zugrunde geht. Ein nichtexistierender Held und eine fremd-exotische, masochistisch-hysterische Edelnutte, die sich das Messer ins Herz stößt, statt diese banale Pfeife einfach zum Teufel zu schicken: Wen solle das ernsthaft kümmern und bewegen? Man müsse, meint er, dem Tenor etwas Edles verleihen, müsse ihm eine Rechtfertigung an die Hand geben. Auch das Thema Prostitution müsse raus, unbedingt. Er habe da seine Vorstellungen – wenn man nur auf ihn hören würde. Immerhin ist ihm vom Vater die Regie der Uraufführung übertragen worden, und er kümmert sich in seinem Volleifer bald auch – leider hauptsächlich – um eher nachrangige Details der Inszenierung.
Elvira wird Ende Oktober nach Torre del Lago zurückgeschickt. Puccini fährt offiziell nach St. Gallen, um Tonio in seinem Internat zu besuchen – und tut es wirklich. Statt, wie er es ursprünglich vorgehabt hatte, über Turin zu fahren und Cori zur Rede zu stellen, die nicht im mindesten ahnt, was ihr blüht.
Anstelle von Giacomo selbst trifft nur ein Brief von ihm ein. Und was für einer!
Er hat ihn sich in den Nächten im Hotel D’Orient mühsam abgerungen, es handelt sich um eine Art Destillat aus den Detektivprotokollen, er hat einige Stellen abgeschrieben und mit ( kursiv gesetzten ) Anmerkungen versehen. Ein Abschiedsbrief, in dem er Cori sogar das vertrauliche »Du« entzieht und die förmliche Anrede benutzt.
GP an Cori, Ende Oktober 1903
( Brief nur als Konzeptpapier erhalten )
Ich habe mich dazu entschlossen, Ihnen einige Auszüge der »Tagesberichte« zu schicken.
La Corinna führt weiterhin das übliche galante Leben, sie geht jeden Abend mit Guido aus –
Die Nachbarschaft hält sie für eine Kokotte –
Der sogenannte Giovannino ist ein gewisser Guido, der etc. etc. wohnt. Bartloser Liebhaber der Signorina, auf deren Kosten er lebt, vielmehr noch, er ist ihr Beschützer, ist der Sohn eines Barbiere aus der Via dell’Arsenale ( so was! ), er trägt Trauer wegen des kürzlichen Todes seiner Schwester Giovannina – Derselbe verbringt, da bin ich sicher, die Nächte im Haus der Schönen.
Ich konnte mich einer befreundeten Person des Fot. Bertieri nähern, und von ihr habe ich erfahren, daß die Signorina auch die Geliebte desselben ist. Sie sind aneinandergeraten und der Fot. hat sie verlassen. Jetzt scheint es, daß sie sich wieder geeinigt haben –
Die Fotografien von vor zwei Monaten wurden ihr von Bertieri geschenkt.
Sie haben einen Wert von 40 Lire.
19. August: Sie war fast den ganzen Tag bei der erkrankten Schwester – um 20 Uhr war sie wieder zu Hause, um 22.30 ist sie mit einer geschlossenen Kutsche weggefahren, Richtung Corso V.E. und Via Madama Cristina. Dann aus den Augen verloren, bis sie später wieder erschien: mit einem hohen Tier aus der Präfektur Conte Gropello.
Den vergangenen Abend ist sie nicht ausgegangen, da sie sich mit einem Herrn vergnügt hat, der bis jetzt noch nicht gesehen wurde, sie hat sich lange mit ihm am Fenster gezeigt – es wurde beobachtet, daß er ihr den Arm streichelte etc. etc.
Bis 23 Uhr sah man ihn das Haus nicht verlassen.
Konnte nicht identifiziert werden, da er allen unbekannt ist –
ohne Datum:
16 Uhr: Sie geht aus dem Haus. An der Piazza Stazione steigt sie in eine Kutsche = Fahrt: Via Roma Piazza Castello, Via Po (in der Nähe der Kirche S. Tommaso wird sie von einem älteren Herrn gegrüßt –) über die Piazza V.E. Brücke – entlang des Po von Ponte Isabella bis Ristorante Olimpo, wo sie die Kutsche halten läßt – An der Tür macht sich ein eleganter Herr vorstellig – sie gehen in den ersten Stock hinauf – während er den Kutscher bezahlt, lächelt sie einer sehr bekannten Kokotte zu und grüßt
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