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Die Kleptomanin

Die Kleptomanin

Titel: Die Kleptomanin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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Jemand entwendet einen Schuh aus Ihrem Zimmer. Warum? Sicher nicht, um ihn zu tragen oder um ihn zu verkaufen. Und da das Haus bestimmt vom Boden bis zum Keller durchsucht wird, musste der Schuh entweder außer Haus gebracht oder zerstört werden. Aber es ist gar nicht so einfach, einen Schuh zu zerstören. Die einfachste Art, ihn loszuwerden, ist, ihn in der Hauptverkehrszeit in einem Paket in der Bahn oder in einem Bus unter dem Sitz liegen zu lassen. Das war mein erster Gedanke, und ich hatte Recht. Daher wusste ich, dass ich auf sicherem Weg war: Der Schuh wurde entwendet, wie Ihr Dichter sagt, to annoy, because he knows it teases – nur um des Ärgers willen.«
    Valerie lachte kurz auf. »Das deutet unzweifelhaft auf dich, Nigel, mein Schatz.«
    Nigel sagte mit leichtem Grinsen: »Wem der Schuh passt, der ziehe ihn an.«
    »Unsinn«, sagte Sally. »Nigel würde doch nicht meinen Schuh wegnehmen.«
    »Natürlich ist es nicht Nigel gewesen«, sagte Patricia ärgerlich. »Das ist völlig absurd.«
    »Ob das so absurd ist, weiß ich nicht«, sagte Nigel. »Aber ich habe es wirklich nicht getan – was ja wohl auch keiner ernsthaft geglaubt haben kann.«
    Es war, als ob Poirot genau auf dieses Stichwort gewartet hätte, so wie ein Schauspieler auf seinen Einsatz wartet. Sein Blick ruhte gedankenvoll auf Len Batesons gerötetem Gesicht, dann glitt er fragend über die übrigen Studenten.
    Er sagte, wobei er seine Hände zu einer gewollt ausländisch wirkenden Geste benutzte:
    »Meine Position ist etwas heikel. Ich bin ja nur als Gast hier. Ich bin auf Einladung von Mrs Hubbard gekommen – um hier einen netten Abend zu verbringen, das ist alles. Und natürlich, um ein ganz zauberhaftes Paar Schuhe an Mademoiselle zurückzugeben. Ansonsten…« Er hielt inne. »Monsieur – Bateson? Ja, Bateson – hat mich gefragt, was ich denn nun von diesem – Ärger halte. Aber es wäre unverschämt von mir, meine Meinung zu äußern, wenn nur einer von Ihnen sie zu hören wünscht und nicht Sie alle.«
    Mr Akibombos schwarzer Krauskopf nickte voller Zustimmung. »Völlig korrekt«, sagte er. »Das sein Wesen von Demokratie, dass alle Beteiligten abstimmen über Vorgehen.«
    »Ach Quatsch«, sagte Sally Finch voller Ungeduld. »Das hier ist doch eher so eine Art Party, wir sind unter Freunden. Lasst uns nicht länger rumstreiten, sondern einfach hören, was Monsieur Poirot zu sagen hat.«
    »Dem kann ich nur zustimmen«, sagte Nigel.
    Poirot neigte das Haupt.
    »Nun gut«, sagte er. »Da Sie alle mir diese Frage stellen, kann ich nur sagen, dass mein Rat ganz einfach ist. Mrs Hubbard – oder besser noch Mrs Nicoletis – sollte unve r züglich die Polizei einschalten. Jetzt sofort.«

Fünftes Kapitel
     
    P oirots Vorschlag kam völlig unerwartet. Das Ergebnis war kein Protestgemurmel oder irgendein Kommentar, sondern eine plötzliche unbehagliche Stille. Unter Ausnutzung dieser momentanen Lähmung ging Mrs Hubbard mit Poirot zurück in ihr Zimmer, nachdem sie sich ebenso rasch wie höflich durch ein »Gute Nacht alle zusammen«, verabschiedet hatte.
    Mrs Hubbard schaltete das Licht ein, schloss die Tür und bat Monsieur Poirot, im Lehnstuhl am Kamin Platz zu nehmen. Ihr gutmütiges Gesicht war von Zweifel und Sorge gezeichnet. Sie bot ihrem Gast eine Zigarette an, was Poirot mit der Erklärung dankend ablehnte, dass er seine eigene Marke bevorzuge. Er bot ihr eine von seinen an, worauf sie wie abwesend bemerkte: »Ich rauche nicht, Monsieur Poirot.«
    Dann, nachdem sie sich ihm gegenüber gesetzt hatte, sagte sie nach kurzem Zögern: »Ich glaube, Sie haben Recht, Monsieur Poirot. Vielleicht sollte man wirklich die Polizei einschalten, besonders nach dieser üblen Geschichte mit der Tinte. Aber mir wäre lieber gewesen, Sie hätten das nicht gesagt – so in aller Öffentlichkeit.«
    »Ach«, sagte Poirot, während er eine seiner winzigen Zigaretten anzündete und zusah, wie der Rauch aufstieg. »Sie meinen also, ich hätte das verheimlichen sollen?«
    »Nun ja, ich denke, wahrscheinlich ist es anständig und fair, wenn man die Karten auf den Tisch legt – aber dennoch wäre es vielleicht besser gewesen, nichts davon zu sagen und stattdessen erst einmal unter vier Augen mit einem Polizisten zu sprechen. Was ich sagen will – wer immer diese dummen Dinge tut – nun ja, der ist jetzt gewarnt.«
    »Ja, vielleicht.«
    »Ganz bestimmt, würde ich sagen«, sagte Mrs Hubbard in ziemlich scharfem Ton. »Da gibt es kein Vielleicht!

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