Die Kleptomanin
eigene Vorstellung über Celia Austins Tod? Irgendeine Vorstellung über das Motiv, das dahinter stecken könnte?«
Valerie schüttelte den Kopf. Sie sah jetzt ernst aus. »Nein«, sagte sie. »Das ist eine schreckliche Geschichte. Ich kann mir nicht vorstellen, wer gewollt haben könnte, dass Celia stirbt. Sie war so ein nettes, harmloses Kind, und sie hatte sich gerade verlobt und wollte heiraten, und…«
»Ja, und?«, fragte der Inspektor.
»Ich habe mich gefragt, ob das vielleicht der Grund war«, sagte Valerie zögernd. »Weil sie sich verlobt hat. Weil sie glücklich sein würde. Aber das bedeutet doch schließlich, dass irgendjemand – nun ja – verrückt sein muss.«
Sie sagte das Wort mit einem leisen Schauder, und Inspektor Sharpe sah sie gedankenvoll an.
»Ja«, sagte er. »Wahnsinn können wir nicht völlig ausschließen.« Er fuhr fort. »Haben Sie irgendeine Idee über die Geschichte mit Elizabeth Johnstons Aufzeichnungen?«
»Nein. Das war auch eine böse Geschichte. Ich glaube nicht im Geringsten, dass Celia so etwas getan haben könnte.«
»Irgendeine Vorstellung, wer sonst in Frage käme?«
»Nein – keine vernünftige Idee.«
»Aber eine unvernünftige?«
»Herr Inspektor, Sie wollen doch sicher nichts hören, was bestenfalls ein Gefühl ist, oder?«
»Doch, genau das möchte ich. Ich werde es als ein Gefühl betrachten, und es bleibt unter uns.«
»Nun, ich mag da möglicherweise völlig falsch liegen, aber ich habe so ein unbestimmtes Gefühl, als ob das Patricia Lane gewesen sein könnte.«
»Tatsächlich? Jetzt überraschen Sie mich, Miss Hobhouse. Ich hätte nicht an Patricia Lane gedacht. Sie wirkt so ausgeglichen, eine nette junge Dame.«
»Ich hab ja nicht gesagt, dass sie es getan hat. Nur so ein Gefühl, dass sie es vielleicht getan haben könnte.«
»Gibt es dafür einen speziellen Grund?«
»Nun, Patricia mochte Black Bess nicht. Black Bess hat immer wieder Patricias geliebten Nigel geärgert, ihn korrigiert, wissen Sie, wenn er dumme Bemerkungen gemacht hat, so wie er das eben manchmal macht.«
»Und Sie glauben, es war eher Patricia Lane als Nigel selbst?«
»O ja. Ich glaube nicht, dass Nigel sich die Mühe machen würde. Und er würde bestimmt nicht seine eigene Lieblingstinte verwenden. Er ist nämlich sehr intelligent. Aber das wäre genau die Art von Dummheit, die Patricia begehen würde, ohne auch nur einen Moment darüber nachzudenken, dass der Verdacht dann auf ihren kostbaren Nigel fallen könnte.«
»Oder aber jemand, der etwas gegen Nigel Chapman hat und den Verdacht erwecken wollte, dass das sein Werk sei?«
»Ja, das wäre auch möglich.«
»Wer hat denn etwas gegen Nigel Chapman?«
»Nun, Jean Tomlinson zum Beispiel. Und Nigel und Len Bateson streiten sich auch dauernd.«
»Haben Sie irgendeine Vorstellung, Miss Hobhouse, wie Celia Austin das Morphium verabreicht worden sein könnte?«
»Darüber habe ich schon die ganze Zeit nachgedacht. Natürlich ist der Kaffee das nahe liegende Mittel, nehme ich an. Wir haben uns alle im Aufenthaltsraum durcheinander bewegt. Celias Kaffee stand auf einem kleinen Tischchen neben ihr, und sie hat immer gewartet, bis er fast kalt war, bevor sie ihn getrunken hat. Ich nehme an, dass jeder, der den Nerv dazu hatte, eine Tablette oder irgend so etwas in ihre Tasse hätte fallen lassen können, ohne dass es jemand gesehen hätte, aber es wäre doch ein ziemliches Risiko gewesen. Ich meine, es ist etwas, bei dem man leicht erwischt werden könnte.«
»Das Morphium«, sagte Inspektor Sharpe, »war nicht in Tablettenform.«
»Was war es dann? Ein Pulver?«
»Ja.«
Valerie runzelte die Stirn. »Das wäre natürlich schwieriger gewesen, oder nicht?«
»Fällt Ihnen irgendetwas anderes ein als der Kaffee?«
»Sie hat manchmal ein Glas heiße Milch getrunken, bevor sie ins Bett gegangen ist. Aber ich glaube nicht, dass sie das an dem Abend getan hat.«
»Können Sie mir genau beschreiben, was sich an jenem Abend im Gemeinschaftsraum abgespielt hat?«
»Nun ja, wie ich schon sagte, wir haben alle herumgesessen, uns unterhalten; jemand hat das Radio angestellt. Die meisten Jungs sind gegangen, denke ich. Celia ist früh zu Bett gegangen, genau wie Jean Tomlinson. Sally und ich haben noch lange ausgehalten. Ich habe Briefe geschrieben, und Sally hat über irgendwelchen Notizen gesessen und gelernt. Ich glaube fast, ich bin die Letzte gewesen, die zu Bett gegangen ist.«
»Es war also ein völlig normaler
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