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Die Kleptomanin

Die Kleptomanin

Titel: Die Kleptomanin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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nicht – und davon abgesehen – die Tatsache, dass Celia sich gerade mit Colin McNabb verlobt hatte, hätte dieses Mordmotiv sicherlich weggewischt. Er entließ Patricia Lane und fragte nach Jean Tomlinson.

Zehntes Kapitel
     
    M iss Tomlinson war eine ernst dreinblickende junge Frau von siebenundzwanzig, mit blondem Haar, ebenmäßigen Gesichtszügen und einem verkniffenen Mund. Sie setzte sich und sagte affektiert:
    »Nun, Inspektor? Was kann ich für Sie tun?«
    »Ich frage mich, Miss Tomlinson, ob Sie uns helfen können, Licht in diese tragische Angelegenheit zu bringen.«
    »Es ist schockierend. Einfach schockierend«, sagte Jean. »Es war schon schlimm genug, als wir alle dachten, dass Celia Selbstmord begangen hätte, aber jetzt, wo es sogar noch Mord sein soll…« Sie unterbrach sich und schüttelte traurig den Kopf.
    »Wir sind ziemlich sicher, dass sie sich nicht selbst vergiftet hat«, sagte Sharpe. »Sie wissen, wo das Gift herkam?«
    Jean nickte. »Soweit ich weiß, stammt es aus dem St C a therine’s Hospital, wo sie arbeitet. Aber sieht das nicht eher nach Selbstmord aus?«
    »Das war zweifellos die Absicht«, sagte der Inspektor.
    »Aber wer außer Celia könnte das Gift denn besorgt haben?«
    »Ziemlich viele Leute«, sagte Inspektor Sharpe, »wenn sie dazu entschlossen waren. Selbst Sie, Miss Tomlinson«, fügte er hinzu, »könnten sich das Gift beschafft haben, wenn Sie gewollt hätten.«
    »Bitte, Inspektor Sharpe!«, entrüstete sich Jean mit scharfer Stimme.
    »Nun, immerhin sind Sie ziemlich oft in der Medikamentenausgabe gewesen, oder etwa nicht, Miss Tomlinson?«
    »Ja, um Mildred Carey zu treffen. Es wäre mir nicht im Traum eingefallen, den Giftschrank anzurühren.«
    »Aber Sie hätten es tun können?«
    »Selbstverständlich hätte ich das nicht tun können!«
    »Kommen Sie, Miss Tomlinson. Wenn zum Beispiel Ihre Freundin damit beschäftigt war, die Stationskörbe zu füllen und das andere Mädchen am Patientenschalter Medikamente ausgegeben hat. Oft genug sind nur zwei Angestellte im vorderen Raum. Sie könnten ganz zufällig um die Regale mit den Flaschen in der Mitte des Zimmers herum zu dem Schrank gegangen sein. Sie könnten eine Flasche aus dem Schrank genommen und in die Tasche gesteckt haben, ohne dass auch nur einer der beiden Angestellten das gesehen hätte.«
    »Diese Bemerkung nehme ich Ihnen sehr übel, Inspektor Sharpe. Das – das ist – eine schändliche Beschuldigung.«
    »Das ist gar keine Beschuldigung, Miss Tomlinson. Nichts dergleichen. Sie müssen mich nicht missverstehen. Aber Sie haben gesagt, dass es für Sie unmöglich gewesen sei, so etwas zu tun. Ich habe nur versucht, Ihnen zu zeigen, dass es doch möglich gewesen wäre. Ich sage keineswegs, dass Sie es getan haben. – Warum sollten Sie auch?«
    »Eben. Sie scheinen nicht zu wissen, Inspektor Sharpe, dass ich mit Celia befreundet war.«
    »Es gibt nicht wenige Leute, die gerade von ihren Freunden vergiftet werden. Und manchmal muss man sich in der Tat die Frage stellen, ob der Freund wirklich ein Freund ist.«
    »Es gab keinerlei Unstimmigkeiten zwischen Celia und mir, nichts dergleichen. Ich habe sie sehr gern gemocht.«
    »Hatten Sie irgendeinen Grund zu vermuten, dass sie für die Diebstähle in diesem Haus verantwortlich gewesen sein könnte?«
    »Nein. Ich muss sagen, ich war in meinem ganzen Leben noch nie so überrascht. Ich hatte immer geglaubt, Celia hätte so hohe Prinzipien. Ich hätte nicht im Traum daran gedacht, dass sie so etwas tun könnte.«
    »Nun ist es ja wohl so«, sagte Sharpe, wobei er sie sorgsam beobachtete, »dass Kleptomanen nichts für das können, was sie tun, nicht wahr?«
    Jean Tomlinson kniff die Lippen noch enger zusammen. Dann sagte sie: »Ich glaube nicht, dass ich mich mit dieser Vorstellung wirklich anfreunden könnte, Inspektor Sharpe. Ich habe altmodische Ansichten, und ich denke, Diebstahl bleibt Diebstahl.«
    »Sie glauben also, dass Celia Dinge gestohlen hat, weil sie sie ganz einfach haben wollte.«
    »Ja natürlich.«
    »Einfach unehrlich?«
    »Ich fürchte ja.«
    »Ach!«, sagte Inspektor Sharpe und schüttelte den Kopf. »Das ist schlimm.«
    »Ja, es ist immer bestürzend, wenn man das Gefühl hat, sich in einem Menschen getäuscht zu haben.«
    »Wenn ich das richtig verstanden habe, wurde die Frage aufgeworfen, ob wir eingeschaltet werden sollten – die Polizei, meine ich.«
    »Ja. Das wäre meiner Meinung nach richtig gewesen.«
    »Vielleicht glauben

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