Die Kleptomanin
mir Gedanken machen. Ich fühle mich hier nicht mehr sicher.«
»Nicht sicher?« Mrs Hubbard sah sie überrascht an.
»Es war mein privater Schrank«, beharrte Mrs Nicoletis. »Niemand hat gewusst, was in meinem privaten Schrank ist. Ich habe nicht gewollt, dass es irgendjemand weiß. Und jetzt wissen sie es. Ich bin sehr besorgt. Sie werden denken – was werden sie denken?«
»Wen meinen Sie mit sie?«
Mrs Nicoletis zuckte eingeschnappt mit ihren breiten, stattlichen Schultern.
»Sie verstehen das nicht«, sagte sie. »Aber es macht mir Sorgen. Große Sorgen.«
»Sie sollten mir alles erzählen«, sagte Mrs Hubbard. »Vielleicht kann ich Ihnen dann helfen.«
»Zum Glück muss ich nicht hier schlafen«, sagte Mrs Nicoletis. »Die Schlösser an diesen Türen hier sind ja alle gleich. Jeder Schlüssel passt überall. Nein, dem Himmel sei Dank, ich muss nicht hier schlafen.«
Mrs Hubbard sagte: »Mrs Nicoletis, wenn Sie vor irgendetwas Angst haben, wäre es dann nicht besser, Sie würden mir das erzählen?«
Mrs Nicoletis warf ihr einen flackernden Blick aus ihren dunklen Augen zu und sah dann wieder weg.
»Sie haben es doch selbst gesagt«, sagte sie ausweichend. »Sie haben gesagt, dass hier ein Mord passiert ist, in diesem Haus. Natürlich fühlt man sich unbehaglich. Wer wird der Nächste sein? Man weiß ja nicht einmal, wer der Mörder ist. Die Polizei ist einfach zu dumm, oder vielleicht ist sie auch bestochen worden.«
»Das ist alles Unsinn, und das wissen Sie«, sagte Mrs Hubbard. »Aber sagen Sie, wenn Sie einen echten Grund haben, sich wirklich zu ängstigen…«
Mrs Nicoletis bekam einen ihrer Anfälle.
»Ach, Sie glauben also, ich hätte keinen Grund, mich zu ängstigen? Sie wissen natürlich wieder alles besser! Sie wissen alles! Sie sind so wundervoll; Verpflegung, Management, Sie schmeißen das Geld für Essen zum Fenster raus, damit die Studenten Sie gern haben, und jetzt mischen Sie sich auch noch in meine Angelegenheiten! Aber das ist zu viel! Ich kümmere mich selbst um meine Angelegenheiten, und niemand steckt seine neugierige Nase da rein, hören Sie? Niemand, Mrs Naseweis.«
»Ganz wie Sie wollen«, sagte Mrs Hubbard verärgert.
»Sie sind eine Schnüfflerin – ich habe es immer gewusst.«
»Wonach sollte ich denn wohl schnüffeln?«
»Nach nichts«, sagte Mrs Nicoletis. »Hier gibt es nichts zu schnüffeln. Wenn Sie etwas anderes glauben, dann ist das nur ein Ergebnis Ihrer regen Phantasie. Und wenn man hier Lügen über mich verbreitet, dann weiß ich sehr wohl, wer sie verbreitet.«
»Wenn Sie wünschen, dass ich gehe«, sagte Mrs Hubbard, »brauchen Sie das nur zu sagen.«
»Nein, Sie dürfen nicht gehen. Das verbiete ich. Nicht jetzt. Nicht solange ich all diese Sorgen mit der Polizei, mit dem Mord und mit all diesen anderen Sachen am Hals habe. Ich lasse nicht zu, dass Sie mich jetzt im Stich lassen.«
»Na gut«, sagte Mrs Hubbard hilflos. »Aber es ist wirklich schwierig zu wissen, was Sie eigentlich wollen. Ich glaube, manchmal wissen Sie das selber nicht. Legen Sie sich jetzt lieber hin und schlafen Sie erst einmal…«
Dreizehntes Kapitel
H ercule Poirot fuhr im Taxi bei der Hickory Road 26 vor. Geronimo öffnete ihm die Tür und begrüßte ihn wie einen alten Freund. Ein Polizist stand im Flur; Geronimo zog Poirot in den Essraum und schloss die Tür.
»Es ist schrecklich«, flüsterte er, während er Poirot aus dem Mantel half. »Die ganze Zeit Polizei hier! Die stellen Fragen, gehen hierhin, gehen dahin, gucken in Schränke, gucken in Schubladen, kommen sogar in Marias Küche. Maria sehr böse. Sie sagt, sie will Polizisten das Nudelholz auf den Kopf hauen, aber ich sage, besser nicht. Ich sage, Polizist mag sicher nicht mit dem Nudelholz gehauen werden, und es gibt noch mehr Ärger, wenn Maria das tut.«
»Aus Ihnen spricht der gesunde Menschenverstand«, sagte Poirot anerkennend. »Ist Mrs Hubbard da?«
»Ich Sie führe zu ihr nach oben.«
»Einen Augenblick bitte«, bremste Poirot ihn. »Erinnern Sie sich noch an den Tag, als hier die Glühbirnen verschwunden sind?«
»O ja, ich mich erinnere. Aber das schon lange her. Ein – zwei – drei Monate.«
»Und welche Glühbirnen sind verschwunden?«
»Die von Flur und von Aufenthaltsraum, glaube ich. Jemand sich einen Scherz erlaubt. Alle Birnen herausgeschraubt.«
»Sie erinnern sich nicht vielleicht an das genaue Datum?«
Geronimo nahm Haltung an, während er nachdachte.
»Ich mich erinnere nicht
Weitere Kostenlose Bücher