Die Klimafalle - die gefährliche Nähe von Politik und Klimaforschung
Klimapolitik keinesfalls diametral gegenüber. Warum sollte es nicht möglich sein, sie dahingehend auszuweiten, den Fokus auf neue Formen von Kooperationen zum Beispiel auch von einzelnen Staatengemeinschaften, Regionen oder Städten zu richten? Aus einer optimistischen Sicht kann die Krise von Klimaforschung und globaler Klimapolitik zu solch einer pragmatischeren Neuausrichtung führen, die auf vielfältige Weise in die Praxis umgesetzt werden könnte. Doch mit dieser Beobachtung ist vorläufig das Ende unserer Kompetenz erreicht, der Rest ist Politik. Wir werden darauf im Schlusskapitel zurückkommen.
6. Ausweitung der Kampfzone: Die Blogosphäre
Dieses Kapitel handelt von der Ausweitung der Klimadebatte in das Internet, in die sogenannte Blogosphäre. 55 Klimablogs von Wissenschaftlern, Experten und interessierten Laien sind die digitale Schnittstelle zwischen Klimaforschung und Öffentlichkeit. Hier wurden der Hockeyschläger in allen Facetten diskutiert, die gehackten E-Mails publiziert und Climategate inszeniert. Die Blogosphäre entwickelte sich zunehmend zu der Arena, in der das prekäre Verhältnis zwischen Klimaforschung und Klimapolitik, die Wissenschaft hinter dem IPCC und ihr Verhältnis zur Öffentlichkeit diskutiert werden. Der pensionierte Ingenieur Steve McIntyre hatte, wie gesehen, seine Kritik an der Kurve in seinem eigenen Blog „climateaudit.org“ veröffentlicht, der bald große Popularität als eine Art Gegenöffentlichkeit zum hermetischen Club der dominierenden Klimaforschung erlangte. Spätestens seitdem ist die kontrollierte Information der Öffentlichkeit durch einige wenige Wissenschaftler oder die selektive Herausgabe von Daten ein öffentliches Thema; alles wird nun in den Blogs kommentiert, nachgerechnet und auch aufgerechnet.
Natürlich hatten auch zuvor schon einzelne Klimaforscher, Institutionen oder Umweltgruppen das Internet dazu genutzt, die Öffentlichkeit über den Stand der Forschung zu informieren, vor den Folgen des Klimawandels zu warnen und eine effektive Klimapolitik einzufordern. Doch auf der anderen Seite standen nun nicht mehr nur Blogs mit dem Ruf, von der Ölindustrie finanziert zu werden „um die Klimalüge aufzudecken“. Vielmehr entstanden neue Blogs von Experten innerhalb und außerhalb der Wissenschaft, die mit „Klimaleugnern“ nichts zu tun hatten; in diesem Umfeld platzierte sich der Blog „Die Klimazwiebel“, an dessen Beispiel wir hier einen Einblick in die die Klimablogosphäre geben wollen.
Als Protagonisten der Hockeyschlägerdebatte und von Climategate hatten Hans von Storch und Eduardo Zorita ebenfalls die Idee, den Schritt in die Blogosphäre zu wagen. Ende 2009 gründeten sie den Blog „Die Klimazwiebel“ (klimazwiebel.blogspot.de), den sie seitdem gemeinsam mit den beiden Soziologen Reiner Grundmann und Dennis Bray sowie Werner Krauß betreiben. Hier werden regelmäßig neue Forschungsergebnisse, laufende Debatten oder Artikel über den Klimawandel ins Netz gestellt und von den Redakteuren und Lesern kommentiert. Die Klimazwiebel ist ein Blog mit einer kleinen, aber hoffentlich feinen Reputation in der Klimablogosphäre und gibt als Motto aus: „Orientiert am Leitbild des ‚Honest Broker’ schreiben wir über Klimaforschung und ihre Wechselwirkung mit der Politik.“
Die Klimazwiebel versteht sich als ein Blog, in dem das Gespräch über die Lager hinweg gesucht wird. Der Ausgangspunkt war die Polarisierung in der Klimadebatte, Ziel ist es, diese zu überwinden und die verfeindeten Lager miteinander ins Gespräch zu bringen. Es war und ist offensichtlich, dass beide Lager wie durch einen faustischen Pakt aneinander gekettet sind: Jedes neue Forschungsergebnis wird entweder als Beweis für die Klimakatastrophe oder aber für die Hybris der Klimaforschung gewertet. Die Klimazwiebel startete das Experiment, diese Verkrustung aufzubrechen und vor allem mit den Skeptikern ins Gespräch zu kommen, deren oftmals berechtigte Argumente ihrer pauschalen Verurteilung als Klimaleugner zum Opfer fielen. Zugleich ist die Blogosphäre ein Archiv, eine Dokumentation und laufende Kommentierung der einzelnen Etappen der Klimadebatte. Blogs sind eine Schnittstelle zwischen Wissenschaft und Öffentlichkeit undsind so gesehen auf eine ganz eigene Art und Weise zeitgemäß: Sie verändern zugleich das, was sie diskutieren – mit unbekanntem Ausgang.
Die Wissenschaft und die Wissenschaftlichkeit von Argumenten stehen auch in den Blogs im Zentrum der
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