Die Klimafalle - die gefährliche Nähe von Politik und Klimaforschung
Klimadebatte. Egal ob Skeptiker oder Warner, letztlich verweisen alle auf „die Wissenschaft“ zur Untermauerung ihrer Positionen. Alle teilen die Hoffnung, dass diese die endlosen Streitereien eines Tages lösen wird. Doch gleichzeitig steht die Legitimation politischer Entscheidungen durch die Klimaforschung immer wieder zur Diskussion: Ist die wissenschaftliche Basis wirklich so sicher, wie manche behaupten? Diese Frage zieht sich wie ein roter Faden durch die Debatten der Klimazwiebel und auch durch die folgenden Ausführungen. Nicht nur in der öffentlichen Debatte über das Klima, sondern auch in der Klimaforschung spielt das Konzept der „Unsicherheit“ eine große Rolle.
Blogs können mehr sein als nur eine Schwatzbude und ein Zeitvertreib für notorische Leserbriefschreiber, obwohl sie als solche, wie wir zeigen werden, ebenfalls interessante Einblicke in die Konturen der Klimadebatte geben. Im besten Fall wird jedoch eine Öffentlichkeit geschaffen jenseits festgefahrener Meinungen. Es eröffnen sich neue Ansätze, das Klimaproblem zu thematisieren und anzugehen und dabei auch die Rolle der Wissenschaft und ihre Praxis zu erweitern. Die Grenzen zwischen Wissenschaft und Öffentlichkeit verschieben und öffnen sich mit Konsequenzen für die wissenschaftliche Praxis. Jenseits der starren Oppositionen zwischen Skeptikern und Warnern, welche die Klimablogosphäre kennzeichnen, entwickeln sich neue Formen der Wahrnehmung des Klimaproblems und des Zugriffs darauf.
Die Klimablogosphäre und das Unsicherheitsmonster
Als Nature Geoscience 56 im Jahr 2008 die Frage „to blog or not to blog“ (soll man bloggen oder nicht) an zwei Klimaforscher stellte, klangen die Antworten noch unschuldig.
Der NASA-Wissenschaftler Gavin Schmidt, der einen der weltweit bekanntesten Blogs, „realclimate.org“, leitet, befürwortet das Bloggen begeistert. Er sieht darin eine Möglichkeit, auch das, was nicht in den offiziellen Artikeln steht, mitzuteilen, der Öffentlichkeit Zugang zur Welt der Klimaforschung zu verschaffen und in oft durchaus autoritärer Form die Spreu vom Weizen, d. h. auch konstruktives von destruktivem Wissen zu trennen. Womit er mit Letzterem natürlich die Skeptiker meint, deren Widerlegung er als seine Hauptaufgabe sieht.
Die Gegenmeinung vertritt der Klimaforscher Myles Allen, 57 der sich skeptisch zeigt gegenüber dem Medium Blog und hier insbesondere gegenüber der Vielzahl von oft auch verrückten, beleidigenden und Fakten verdrehenden Stimmen. Was einmal im Netz steht, wird dort für immer abrufbar sein, und wer sich darauf einlässt, dessen akademischer und persönlicher Ruf kann nachhaltigen Schaden erleiden – er spricht hier offensichtlich aus eigener Erfahrung. Er plädiert daher für eine konservative Herangehensweise: Die Kritik von Artikeln, die eine Peer Review erfahren haben, solle ebenfalls in einer geprüften Peer-Review-Fassung erfolgen, da sonst die Qualität der Forschung in Frage gestellt werde.
Einig scheinen sich beide in der Missachtung der skeptischen Blogs zu sein, die nur am Rande erwähnt werden.
Bis in die zweite Hälfte der Nullerjahre spiegelte die Blogosphäre mehr oder weniger die Konstellation der öffentlichen Debatte wider. Es gab vor allem im angloamerikanischen Sprachraum erfolgreiche Klimablogs, die ihre Aufgabe darin sahen, der Öffentlichkeit Zugang zu den neuesten Forschungen zu verschaffen und über die Gefahren des menschengemachten Klimawandels aufzuklären. Sie argumentierten vehement und mit immer neuen Argumenten gegen Skeptiker, die sie oft pauschal als von der Ölindustrie finanziert und als Teil einer Verleugnungsmaschinerie brandmarkten. Mit der Veröffentlichung des IPCC-Berichts und der Verleihung des Nobelpreises, der Unterstützung von Umweltorganisationen und des Großteils der Medien wurden alle skeptischen Einwände geradezu überrollt. Selbst kritische Stimmen aus der Klimaforschung, von denen es ja auch außerhalb der Blogosphäre viele gab, darunter auch wie gezeigt die von Hans von Storch, wurden von diesem fast einstimmigen Chor übertönt. War nicht schließlich der Großteil aller Klimaforscher sich darüber einig, dass der menschengemachte Klimawandel Wirklichkeit und eine Bedrohung für die Menschheit darstellt, dass die Wissenschaft diese Frage abschließen beantwortet hat und dringender Handlungsbedarf besteht? Gavin Schmidt vom Blog „realclimate.org“ wurde, so erzählte er in einem anderen Nature Artikel, völlig
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