Die Klimaprioritaeten
immer wieder das Problem mit den sich blockierenden Zuständigkeiten. Grundsätzlich könnten brache Parzellen rasch an arme Bauern verpachtet werden. »Bauern sind nicht dumm. Sie wissen, wie das Land wieder rekultiviert, fruchtbar gemacht und bepflanzt werden muss.«
Solchen Optimismus teilen viele Umweltorganisationen nicht. Palmölplantagen sind für sie ein rotes Tuch. »Es ist eine Lüge, Palmöl als nachhaltig zu bezeichnen. Die Auswirkungen für Umwelt und Kommunen sind katastrophal«, kritisiert Friends of the Earth. »Wir müssen realistisch sein, sonst werden |75| wir gar nichts erreichen«, kontert Fitrian Ardiansyah vom WWF in Jakarta. Man könne Palmöl sehr wohl nachhaltig erzeugen, solange dabei auf braches Land zurückgegriffen werde.
Der WWF ist eine globale, heterogene Organisation. Ländergruppen können oft abweichende Meinungen haben. Vor allem der europäische Arm fürchtet den Untergang des Abendlands, wenn Wälder und Plantagen in den Klimaschutz einbezogen werden. Insgesamt agiert der WWF in dieser Frage aber pragmatisch. Fitrian hat ein Problem mit den Hardlinern in
Umweltorganisationen
. »Sie fordern einen Idealzustand. Aber so kommt man nicht weiter.« Deshalb ist auch er Mitglied beim Roundtable for Sustainable Palmoil. »Ich glaube an den Privatsektor.«
Vielleicht liegt es auch daran, dass er Ökonom ist, nicht Politologe, lieber Fakten und Zahlen mag, Angebot und Nachfrage entscheidend findet und natürlich die Kosten kalkuliert. Ich treffe mich mit ihm in einer Hotellobby in Jakarta. Eine Oase in einer Stadt, die aus allen Nähten zu platzen scheint. Draußen regnet es wie aus Eimern. Die Stadt versinkt einmal mehr. Wie am Tag, als ich vom Flughafen in die Stadt fuhr. Die Einfallstraße sah aus wie der Hindenburgdamm zwischen Schleswig-Holstein und Sylt. Links und rechts stehen Felder und Häuser unter Wasser. An manchen Stellen schwappt es über. Immer öfter müssen die Schnellstraße und die umliegenden Viertel gesperrt werden. Dann bricht der Verkehr in Jakarta zusammen.
Viel Regen ist normal hier. Auch Fluten. Jakarta liegt knapp unterhalb des Äquators, und die Stadt wurde auf Sumpf gebaut. Sie lebt mit eindringendem Wasser. »Doch
Überschwemmungen
treten häufiger auf und sind intensiver«, berichtet Fitrian. Und würden immer mehr auch die von der Küste weiter entfernten Stadtteile erreichen – Klimawandel? Wer weiß.
|76| Ich will von Fitrian wissen, was er davon hält, den Emissionshandel für den Waldschutz zu instrumentalisieren, und wie er die Chancen hierfür in Indonesien einschätzt. Auch weil viele seiner »natürlichen« Verbündeten in den Umweltverbänden diesen Weg vehement ablehnen.
Er hofft, dass Einnahmen aus vermiedener Entwaldung, der REDD-Mechanismus, ein integraler Bestandteil eines
Nachfolgeabkommens
für das Kyoto-Protokoll werden. Der Grundgedanke der Kompensation sei richtig, erklärt er.
Industriestaaten
sollen Waldschutz in tropischen Entwicklungsländern mitfinanzieren.
Als Ökonom glaubt er jedoch, dass dieses Konzept nur dann erfolgversprechend sei, wenn neben einer funktionierenden Verwaltung das Problem der Opportunitätskosten gelöst werden könne. Diese Kosten, auch Verzichtskosten genannt, sind entgangene Erlöse, die dadurch entstehen, dass vorhandene Möglichkeiten, Ressourcen zu nutzen, nicht wahrgenommen werden können. Übersetzt in die Situation eines armen, indonesischen Bauern: Wenn er dafür entschädigt wird, nicht den naheliegenden Wald zu roden, um das Holz zu verkaufen und anschließend Ölpalmen zu pflanzen, deren Früchte er an Ölpressen verkauft. Der WWF hat errechnet, dass ein Preis von 5 US-Dollar für eine Emissionsgutschrift (die Erlaubnis, in der Europäischen Union eine Tonne Kohlendioxid zu emittieren) ausreichen würde, 20 Prozent der indonesischen Wälder zu schützen.
Bevor jedoch Bauern entschädigt werden, bezahlt man zunächst die Staatsbeamten in den Bezirks- und
Provinzregierungen
, damit sie zweimal nachdenken, bevor sie Konzessionen vergeben. »Vielleicht geht es bei uns einfach nur darum, mehr Geduld zu erkaufen«, überlegt er. Wenn sich die Gelegenheit zum schnellen Geld bietet, würden viele Gouverneure |77| Nutzungsrechte ohne Zögern und Prüfen vergeben, da sie Regenwälder immer noch weitgehend als unproduktives Land betrachten – eine völlige Überschätzung der tatsächlichen indonesischen Ressourcen. Wälder sind einer der wenigen Optionsscheine für die Zukunft. Anders als
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