Die Klinge des Löwen 01
tut.“
Er
l ieß sich auf einem zwischen den zwei Fensternischen an
der Wand stehenden Armstuhl nieder, dessen Seitenlehnen vorne mit
geschnitzten Wolfsköpfen verziert waren. Gleichzeitig zeigte er
auf ein Spannbett, das daneben stand. Es war mit einer wattierten
purpurroten Decke und mehreren bestickten Kissen belegt und diente
als Sofa und zusätzliche Sitzgelegenheit.
Nachdem Dietrich
darauf Platz genommen hatte, begann der Burgherr ihm die Einzelheiten
seines Planes auseinanderzu setzen. „Du wirst, wie schon gesagt, mit geringer Bedeckung
reisen. Die Gründe dafür habe ich dir bereits genannt. Zwei
Mann und der Knappe müssen genügen. Der eine ist Giselbert,
ein erfahrener und zuverlässiger Waffenknecht, der Tod und
Teufel nicht fürchtet. Er wird dir eine große Hilfe sein,
denn ich habe selbst im hitzigsten Gefecht noch nie erlebt, daß
er seine Kaltblütigkeit verloren hätte.“
„ Das klingt nicht schlecht.
Und wer ist der andere?“
Graf Max vermied es
jetzt geflissentlich, seinen Ritter anzusehen. „Bei dem zweiten
handelt es sich um Erdmann...“
Dietrich hob
erstaunt den Kopf. Es dauerte keine zwei Wimpernschläge, bis
wieder ein ärgerlicher Ausdruck auf seinem Gesicht erschien.
Eine Weile rieb er sich den Nasenrücken, als müsse er das
soeben Gehörte erst verdauen.
„ Warum gerade Erdmann?"
fragte er schließlich mürrisch. "Er war es doch
angeblich, der den Geroldsecker gegen Euch aufgebracht hat! Ist es
denn klug, ausgerechnet ihn auf eine solche Mission mitzunehmen?“
Der Graf nickte
bedächtig, sah aber dabei zu Boden, um seine Verlegenheit zu
verbergen. „Ich habe mit diesem Einwand gerechnet. Glaube mir,
es ist so am besten. Die Wahrheit ist, daß ich mir über
den Mann nicht im klaren bin. Möglicherweise treibt er ein
doppeltes Spiel. Da wird es besser sein, er befindet sich unter
deiner Aufsicht - du kannst ihn auf der Reise ständig im Auge
behalten. Wenn er etwas auf dem Kerbholz hat, ist er bei einer
möglichen Belagerung der Burg durch den Geroldsecker ein
Sicherheitsrisiko. Du weißt, ein ungetreuer Krieger innerhalb
einer Feste kann diese zu Fall bringen. Sollte andererseits mein
Verdacht gegen ihn nicht zutreffen, dann bin ich überzeugt, daß
er dir eine gute Hilfe sein wird.“
Für Dietrich
klang das nicht sehr überzeugend. In ihm keimte der Verdacht
auf, daß das Ganze ein Einfall der Gemahlin des Grafen war.
Ausgerechnet ihm wollte man nun diesen unsicheren Kandidaten
aufhalsen? Und das auf einem Ritt, der alles andere als einfach sein
würde...
„ Ihr traut ihm also nicht?“
„ Nein. Vielleicht tue ich
ihm unrecht, aber mein Gefühl rät mir zur Vorsicht.“
„ Na, gut“, sagte
Dietrich verdrossen. „Ich werde dem Burschen auf die Finger
sehen, natürlich, ohne daß er es merkt .“
Graf Max nickte
befriedigt und sagte mit hörbarer Erleichterung: "Das wäre
also geklärt. Und jetzt wollen wir meiner Gemahlin das Ergebnis
unseres Gesprächs mitteilen!"
Er stand auf und
ging leichten Schrittes quer durch den Saal zur Tür. Dietrich
blickte ihm sinnend nach. Es kam ihm so vor, als sei der Lehnsherr
heilfroh, daß die Unterredung das von ihm gewünschte
Ergebnis gebracht hatte. Der Graf schien es jetzt eilig zu haben,
denn er rief fast hektisch einen der draußen herumstehenden
Pagen zu sich und befahl ihm, die Burgherrin herbeizuholen. Dann
schloß er die wuchtige Eichentür wieder und kam wortlos zu
seinem Platz zurück, wo er sich mit einem Seufzer der
Erleichterung in seinen Armsessel sinken ließ. Da er nichts
sagte, zog Dietrich es vor, ebenfalls zu schweigen.
Drunten im Burghof
war Gelächter zu vernehmen, das gedämpft zu den wartenden
Männern heraufdrang. Kurz darauf bellte ein Hund, der nach dem
scharfen Befehl eines Mannes wieder verstummte. Anschließend
vernahm Dietrich Hufschlag, der sich rasch entfernte.
Jetzt war in der Halle nur noch das aufgeregte Summen der Fliegen zu
hören, die an den Fenstern lärmten.
Es dauerte geraume
Zeit, ehe die neunzehnjährige Gräfin Ida eintrat. Die
beiden Männer erhoben sich und Graf Max blickte mit
unverhohlenem Wohlgefallen seine junge Frau an, die sich lächelnd
näherte. Sie war kleiner als ihr Gemahl und gertenschlank.
Dietrich, der sie nicht oft zu Gesicht bekam, war gegen seinen Willen
immer wieder tief beeindruckt von den glutvollen braunen Augen, die
ihr Gesicht beherrschen. Und durch die fast unmerkliche Brauntönung
ihrer Haut drängte sich einem Betrachter unwillkürlich der
Eindruck
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