Die Klinge des Löwen 01
verletzt?“
„ Nur
eine Schramme, Herr. Mein Schutzengel riß mich zur Seite, als
der Streich geführt wurde!“ rief Giselbert mit grimmigem
Lachen.
Dietrich
trieb sein Streitroß wortlos zwischen die zum Berg hin dichter
stehenden Bäume, zwischen denen der feindliche Reitertrupp mit
den Entführten verschwunden war. Roland tauchte auf seinem
schwer atmenden Pferd neben ihm und Giselbert auf. Greif, ebenfalls
außer Atem, trottete in einigem Abstand hinterher.
„ Aufgepaßt,
hier im Wald!“ sagte Dietrich. „Zwischen den Bäumen
sind wir auf unseren Gäulen nicht sehr beweglich, falls wir
angegriffen werden. Steigen wir lieber ab und gehen zu Fuß
weiter. Haltet eure Waffen bereit!“
„ Aber
Herr“, wagte Roland einzuwenden, „dann entkommen uns ja
die Feinde!“
Dietrich
schüttelte den Kopf. „Sie sind auch nicht schneller als
wir, im Gegenteil! Mit den Zeltern der Frauen, die sie mit sich
führen, kommen sie auf ihren Pferden langsamer vorwärts,
als wir zu Fuß. Und das werden wir jetzt ausnützen! Du,
Roland, übernimmst unsere Rosse und folgst uns so schnell, wie
es das Gelände erlaubt. Titus brauchst du nicht zu führen,
der folgt uns von allein. Giselbert und ich werden uns dem Feind an
die Fersen heften und versuchen, ihn so schnell wie möglich
einzuholen. Dazu brauchen wir den Hund. Wo ist er denn?“
Dietrich
hatte kaum ausgesprochen, als der schwarze Wolfshund schwanzwedelnd
unter den Bäumen erschien. Offensichtlich hatte er sich von der
Rennerei wieder erholt.
„ Na
also, Unkraut verdirbt nicht!“ feixte Dietrich. „Hierher,
Greif, es gibt Arbeit für dich!“
Als
hätte der Hund verstanden, daß eine wichtige Aufgabe
seiner harrte, drängte er sich schweifwedelnd mitten zwischen
die Männer.
„ Such
voraus!“ befahl ihm Roland, und eifrig begann Greif, mit der
Nase am Boden, einige Male kreuz und quer den Erdboden abzusuchen.
Nach wenigen Augenblicken hatte er die Fährte aufgenommen, und
da es die einzige war, die ihm frisch in die Nase stach, lief er auf
ihr tiefer in den Wald hinein. Dietrich und Giselbert rannten eilig
hinter ihm her. Titus versuchte, ihnen zu folgen, konnte jedoch wegen
des streckenweise vorhandenen Unterholzes nicht Schritt mit ihnen
halten. Den Schluß bildete Roland, der sein und Giselberts Roß
am Zügel führte und noch langsamer vorankam.
Bald
erkannte Dietrich an der Richtung, die der Hund einschlug, daß
die Flüchtenden in einem Bogen versuchten, weiter westlich
wieder auf den Pfad zu gelangen.
„ Die
Kerle wollen wahrscheinlich auf schnellstem Weg mit ihren Gefangenen
die Burg Geroldseck erreichen“, keuchte er im Laufen.
„ Das
glaube ich auch, Herr“, erwiderte Giselbert, der neben ihm her
hastete. „Gott mag uns beistehen, daß wir dies verhindern
können!“
Nachdem
sie eine Weile durch den Wald gerannt waren, hielt Dietrich an, um
Luft zu schöpfen, und bedeutete Giselbert, ebenfalls stehen zu
bleiben. Gleichzeitig rief er den Hund zurück.
„ Wir
werden ihnen den Weg abschneiden“, sagte er, als er wieder bei
Atem war, denn für ihn stand nun fest, daß die Feinde die
vermutete Richtung tatsächlich beibehielten. „Es gibt
keinen Zweifel mehr, die Kerle wollen auf den Pfad zurück. Um
also ungefähr die Stelle zu ereichen, wo dies der Fall sein
dürfte, laufen wir jetzt nicht länger hinter ihnen her,
sondern sehen zu, daß wir vor ihnen dort sind, wo sie
vermutlich aus dem Wald herauskommen! Wo genau und wann wir sie
überrumpeln, müssen wir dem günstigsten Augenblick
überlassen.“
Giselbert,
der vorgebeugt und seine Hände auf die Knie gestützt, sich
von dem schnellen Lauf erholte, sagte zwischen zwei Atemzügen:
„Ein gewagtes Spiel, Herr! Aber vermutlich die einzige
Möglichkeit, die Schurken doch noch zu erwischen und die
Gefangenen zu befreien!“
Dietrich
nickte. Inzwischen war Titus bei ihnen angelangt und stupste Dietrich
mit der Nase, als wollte er sagen: Ich bin auch schon da. Der Ritter
tätschelte ihm den Hals. Greif, seiner Pflicht als Fährtenleser
entledigt, faßte die neue Situation als Spiel auf und sprang
übermütig um die beiden Männer und das Roß
herum.
Bald
tauchte auch Roland mit den anderen Pferden zwischen den Bäumen
auf. Dietrich informierte ihn kurz über seinen geänderten
Plan und wies ihn an, ihm und Giselbert mit den Reittieren in die
nunmehr geänderte Richtung zu folgen.
Anschließend
eilten Giselbert und der Ritter erneut davon, nunmehr aber
rechtwinklig von der zuvor
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