Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Klinge des Löwen 02

Die Klinge des Löwen 02

Titel: Die Klinge des Löwen 02 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter Weil
Vom Netzwerk:
schwankend geworden waren. Manche von
ihnen sahen sich verstohlen um, als fürchteten sie bereits die
angekündigten Rächer hinter sich. Andere zeigten einen
trotzigen Gesichtsausdruck; aber er sah mit schnellem Blick, daß
diese in der Minderzahl waren. Er atmete auf, denn erstmals hatte er
das Gefühl, daß die Lage sich zu seinem Vorteil verändert
habe.
    Aber
auch Jörg Wigand war es nicht entgangen, daß die Stimmung
seiner Bande umzuschlagen drohte. Er beeilte sich nun, die Argumente
seines Gegners zu entkräften. „Hört nicht auf ihn,
Männer! Es ist doch immer wieder dasselbe - die adligen Herren
locken mit Geld, wenn es gilt, ihre Haut zu retten. Wer sich damit
nicht ködern läßt, dem drohen sie mit brutaler
Gewalt. Überdenkt doch unsere Lage einmal ganz nüchtern:
was kann uns denn passieren, wenn wir den Ritter und seine Begleitung
gefangennehmen? Wer weiß etwas davon, außer uns? Kein
Mensch wird je erfahren, was sich hier, inmitten des einsamen
Geroldswaldes ereignet hat!“
    Er
schwieg, um seine Rede wirken zu lassen, wobei ein boshaftes Grinsen
über sein Gesicht huschte. Seine Miene wirkte in diesem
Augenblick fast höhnisch, als sei er sich bewußt, daß
seine Argumente nicht zu widerlegen waren. Die Nase hochmütig
erhoben, die fleischigen Lippen wie abwartend ein wenig geöffnet,
und die Mundwinkel geringschätzig herabgezogen, so blickte er
von einem zum anderen.
    „ Wir
sind vogelfrei, hat der edle Herr uns versichert“, versetzte er
plötzlich und spielte jetzt den Zornigen. „Als ob wir das
nicht wüßten! Aber wem haben wir das zu verdanken, frage
ich euch? Wer hat uns denn behandelt, als wären wir Vieh, das
schuften und sich schinden lassen muß, bis es schließlich
zusammenbricht? Wir alle waren einst Hörige solcher anmaßenden
Herrschaften, wie ihr sie dort auf dem Felsen seht. Während ihr
eure Kraft dafür geopfert habt, dem Boden, der euch nicht
gehörte, Nahrung abzuringen, sind eure Zwingherren auf ihren
Burgen vor vollen Schüsseln gesessen und haben sich gemästet.
Während eure Weiber ebenso wie ihr auf den Äckern
schufteten, vergnügten sich diese Herren auf der Jagd, wobei oft
genug das bißchen Getreide, das ihr gnädig für euch
selbst anpflanzen durftet, von ihren Rossen zertrampelt wurde. Und
wenn ihr dann am Ende eines Sommers den Zehnten nicht abliefern
wolltet, weil sonst eure Familie verhungert wäre, dann ließ
euch euer Herr auspeitschen. Habt ihr das alles vergessen?“
    Unter
der Räuberschar erhob sich zustimmendes Gemurmel. Einzelne
Stimmen wurden laut. „Jörg hat recht! Für den
Blutigen Jörg, für alle Vogelfreien! Nieder mit den adligen
Schmarotzern!“
    Betroffen
erkannte Dietrich, wie schnell es Jörg Wigand verstand, die
schwankenden Männer wieder auf seine Seite zu ziehen. Auf dem
Gesicht des Räuberhauptmannes malte sich der Triumph über
seinen ritterlichen Gegner, und in seinen Augen blitzte der Entschluß
auf, sich von diesem nicht noch einmal an den Rand drängen zu
lassen.
    „ Mein
Gott, wie wankelmütig die Kerle sind“, hörte Dietrich
die Gräfin neben sich flüstern. „Jetzt ist alles
verloren...“
    „ Noch
nicht“, murmelte Dietrich und versuchte, sich mit einer
gebieterischen Handbewegung Gehör zu verschaffen. „Hört
mich an, Leute!“
    Es
verblüffte ihn ein wenig, daß das Stimmengewirr der Bande
so rasch verstummte. Offenbar waren seine Worte von vorhin nicht auf
unfruchtbaren Boden gefallen. Somit hatte er in diesem furchtbaren
Streit der Worte, bei dem es um Leben und Tod ging, vielleicht noch
eine Chance. Er fühlte, wie neue Hoffnung ihn durchpulste und
seinen Willen, nicht aufzugeben, stärkte.
    „ Merkt
ihr denn nicht, daß Jörg Wigand euch um euren Lohn bringen
will? Was habt ihr davon, wenn ihr euch eure Vergangenheit vorhalten
laßt? Daran ist jetzt nichts mehr zu ändern. Aber bedenkt,
wenn ihr mein Angebot annehmt, dann wird jeder von euch von der Summe
des Lösegeldes seinen gerechten Anteil erhalten! Damit könnt
ihr dieser unwirtlichen Wildnis den Rücken kehren; ihr könnt
euch irgendwo, wo euch niemand kennt, niederlassen und euch ein
neues, besseres Leben aufbauen! Ihr wißt so gut wie ich, daß
so etwas nur mit Geld möglich ist. Ich biete euch diese
Möglichkeit, mit der jeder von euch sein Glück machen
kann!“
    Hohnlachend
winkte der Anführer der Banditen ab. „Geschwätz!
Nutzloses Geschwätz!“
    Er
wandte sich abermals an seine Männer und rief in beschwörendem
Ton: „Ich will euch sagen,

Weitere Kostenlose Bücher