Die Klinge des Löwen 02
wohl nicht darum herumkommen,
den vierbeinigen Helden zu meinem zweiten Knappen zu ernennen! Aber
damit warten wir, bis wir Euch wohlbehalten auf der Kastelburg
wissen.“
Er
sah in frohe, zuversichtliche Gesichter. „Brechen wir also auf
und bringen das letzte Stück hinter uns!“
Schon
bald sahen sie das goldfarbene Banner der Kastelburg auf dem
Bergfried flattern. Dietrich überkam ein Gefühl des
Bedauerns, daß die Reise nun zu Ende sei und er Ida wohl für
lange Zeit nicht wiedersehen würde. Während sie auf dem
breiten, staubigen Weg dahinritten, versuchte er immer wieder, seinen
Rappen in ihre Nähe zu treiben, um einen Blick von ihr zu
erhaschen oder ein wohlwollendes Wort, das ihm ihre Zuneigung zu
verstehen gäbe. Aber nichts dergleichen schien möglich.
Entweder ritt ihre Zofe neben ihr, oder einer der anderen Reiter
schob sich zwischen ihn und sie, nicht wissend, wie sehr es ihn nach
einem Zeichen der Liebe von ihr verlangte. Er ahnte nicht, daß
Ida von ähnlichen Gefühlen bewegt wurde. Wieviel hätte
sie darum gegeben, noch einmal seine Nähe zu spüren, noch
einmal seine Stimme zu hören, noch einmal einen Blick heißen
Begehrens von ihm zu empfangen, den sie willenlos in sich aufnahm.
Ach, wenn doch dieser letzte gemeinsame Ritt nie endete! Aber
vielleicht war es besser, daß sich keine Gelegenheit mehr
ergab, bei der sie halbwegs ungestört einander nahe sein
konnten. Denn sie fühlte mit beklemmender Klarheit, daß
sie diesem Mann von Tag zu Tag mehr verfiel. Er hatte endgültig
ihr Herz erobert, dieser kühne junge Ritter, der seinen Feinden
ein furchtbarer Gegner war, und der andererseits so einfühlsam
und geradezu weichherzig gegenüber allem Schwachen sein konnte.
Sie
kamen vor der Burg kurz vor Mittag an. Auf dem letzten Wegstück
überholten sie drei am Rande stehende, mit Ochsen bespannte und
mit Baumaterial beladene Karren. Die Fuhrleute standen beieinander
und starrten neugierig auf die Neuankömmlinge, die stumm an
ihnen vorbeiritten. Dietrich sah schon von weitem, daß die
Zugbrücke hochgezogen war. Er zügelte sein Roß hart
am Rande des Burggrabens, während sein Gefolge zu ihm aufschloß.
Kein Laut war hinter den Mauern zu hören, als wäre die Burg
ausgestorben. Dann erblickte er aber hinter den Zinnen zwei
Bewaffnete, die dort auf und ab gingen. Er gab Giselbert ein Zeichen,
sich den Wächtern bemerkbar zu machen.
Der
Kriegsknecht ritt nahe an den wassergefüllten Graben heran. „He
da, Wächter, laßt die Brücke herunter! Hier kommt
hoher Besuch für Euren Herrn.“
Einer
der beiden auf der Mauer starrte wortlos auf die Ankömmlinge.
Dann verschwand er, und wenig später senkte sich die Zugbrücke
rasselnd über den Wassergraben.
Die
Männer mit ihren beladenen Karren hatten sich inzwischen
ebenfalls genähert. Staub wallte auf, als sie ihre Fuhrwerke
dicht hinter dem Pulk der Rosse zum Stehen brachten. Einzelne Pferde
versuchten mit nervösem Schnauben, Abstand zwischen sich und den
gehörnten Zugtieren zu halten. Dietrich sah, daß sich da
ein größeres Durcheinander anzubahnen schien und winkte
eilig den anderen, ihm zu folgen. Er trieb sein Streitroß über
die Holzplanken, die dumpf von dessen Hufen widerhallten.
Vor
ihm eröffnete sich der in blendendem Sonnenlicht liegende
Burghof. Am Tor standen zwei Bewaffnete, die ihm mit unbewegtem
Gesicht entgegensahen. Hinter Dietrich überquerten die Pferde
seiner Begleitung samt den Saumrossen mit polterndem Hufschlag die
Brücke. Durch ein Handzeichen gab der Wächter am Tor
Dietrich zu verstehen, daß sie ihm folgen sollten.
Mit
einem raschen Blick versuchte Dietrich sich einen ersten Eindruck
über die Burganlage zu verschaffen. Außer dem Wächter
waren ein paar Hunde, die bei den niederen Gebäuden neben der
Mauer im Schatten lagen, die einzigen Lebewesen, die er sah. Er
wollte den Bewaffneten eben nach dem Grund für diese seltsame
Stille fragen, da hörte er die barsche Stimme des zweiten
Wächters, der den Fuhrleuten befahl, draußen zu bleiben
und zu warten. Am Rasseln der Ketten hinter sich erkannte er, ohne
sich umzusehen, daß man die Fallbrücke wieder hochzog.
Er
trieb seinen Rappen hart neben den Wächter. „Was soll denn
das - wieso zieht ihr die Brücke wieder auf?
Der
andere betrachtete ihn mit schiefem Grinsen. „Das machen wir
immer so. Wartet hier, Ihr werdet gleich von unserem Herrn
empfangen.“
Dietrichs
Knappe hatte inzwischen zu ihm aufgeschlossen. „Eine seltsame
Gewohnheit, nicht
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