Die Klinge des Löwen 02
besten! Ihr
habt auf meinen Sohn Egeno einen Mordanschlag unternommen.“
„ Das
ist eine Lüge, die ich schon einmal zu hören bekam!“
„ Wie?
Wollt Ihr behaupten, ich spräche die Unwahrheit?“
Über
Dietrichs Gesicht zog ein verächtliches Lächeln. „Was
sonst. Wenn Euer Sohn mit meinem Schwert Bekanntschaft machte, dann
deshalb, weil ich mich gegen seinen Angriff zur Wehr setzte.“
Der
Geroldsecker sah einen Moment unsicher zur Seite. Doch rasch hatte er
sich wieder in der Gewalt. „Nun, wir werden sehen, wer recht
bekommt. Es ist da sowieso noch eine andere Angelegenheit,
derentwegen Ihr Euch vor Gericht verantworten müßt.“
„ Und
was wäre das?“
Dietrichs
Unwillen schien den Grafen zu amüsieren. Er verzog den Mund mit
den messerdünnen Lippen zu einem breiten Grinsen. „Das
werdet Ihr noch früh genug erfahren.“
Dietrich
maß den anderen mit einem mißtrauischen Blick. „Ihr
sprecht gerne in Rätseln, nicht wahr? Was, zum Teufel, habt Ihr
hier überhaupt zu suchen? Ich bin gekommen, um den Herrn der
Kastelburg zu sprechen. Geht mir also vom Leib mit Euren Schergen,
Graf Urban!“
Das
Gesicht des Geroldseckers wurde eine Spur dunkler, und mit einer
zornigen Handbewegung rief er: „Schweigt! Ihr seid mein
Gefangener, falls Ihr das noch nicht begriffen habt. Und damit Ihr
klar seht: Auch Eure Begleitung ist inzwischen in meiner Hand.“
Er
musterte Dietrich mit grimmigem Gesicht. Aber dann glitt ein Grinsen
über seine Züge. Er rieb sich die Hände und sagte
zynisch: „Ihr wolltet vorhin wissen, was ich außer dem
Mordanschlag noch gegen Euch vorzubringen hätte. Nun, um Euren
Übermut zu dämpfen, will ich es Euch nicht länger
verheimlichen. Es handelt sich um nichts weniger als Ehebruch! Ihr
werdet Euch wegen fortgesetzter Buhlschaft mit Eurer Herrin, Gräfin
Ida, vor Gericht verantworten müssen.“
„ Ihr
seid ein...“, knirschte Dietrich, ohne den Satz zu beenden, und
versuchte erneut, sein Schwert zu ziehen. Aber schon hatten die
Bewaffneten ihn an beiden Armen gepackt, so daß er sich nicht
rühren konnte. Der Geroldsecker zog ihm mit triumphierendem
Grinsen die Klinge aus dem Wehrgehenk und gab sie einem der
dabeistehenden Kriegsknechte.
„ Das
braucht Ihr jetzt nicht mehr“, sagte er süffisant. Zu
seinen Mannen gewandt, befahl er in eiskaltem Ton: „Bringt ihn
und seinen Anhang zu den anderen!“
Dietrich
wurde nach draußen geschleppt. Überrascht sah er, daß
der Burghof inzwischen von zahlreichen Bewaffneten bevölkert
war. Seiner Schätzung nach mußte es fast ein halbes
Hundert sein. Dabei fiel sein Blick auf Ida und ihre Zofe, die, das
Kind zwischen sich, eben von einigen der Kriegsknechte in den Palas
geführt wurden. Giselbert und Roland hatte man die Hände
auf dem Rücken zusammengebunden. Sie waren umringt von mehreren
Männern, die offensichtlich darauf warteten, daß man auch
ihn herbeischaffte, um sie zusammen in ein Verließ zu bringen.
Mit
bitterem Zorn mußte Dietrich erkennen, daß er mit seinen
Leuten dem Geroldsecker in dem Moment in die Falle gegangen war, als
sie sich nach langer, gefahrvoller Reise in Sicherheit wähnten.
*
Längst
hatte die Sonne den verspäteten Schnee weggetaut. Die Störche
waren aus Afrika zu ihren heimischen Nistplätzen zurückgekehrt.
Wolf und Bär hatten sich in die für den Menschen
unzugänglichen Bereiche der Schwarzwälder Wildnis
zurückgezogen. Das Vieh der Bauern stand auf üppigen
Weiden, deren sattes Grün einen guten Sommer für Mensch und
Tier versprach.
In
diesen frühsommerlichen Tagen fand unter dem Vorsitz von Herzog
Berthold von Zähringen ein Prozeß statt, der schon im
Vorfeld in aller Munde war. Das Gericht tagte auf der Ortenburg, die
in der Region als Gerichtsstätte für solche Anlässe
diente. Normalerweise wurden die Verfahren auf dem Gerichtsplatz vor
der Burg abgehalten. Eine alte Linde kennzeichnete die Stätte,
wo unter freiem Himmel über Wohl und Wehe von Angeklagten
verhandelt und wo jeweils auch das Urteil gefällt wurde. Da
jedoch diesmal ausgerechnet die Gemahlin des Herrn der Ortenburg und
einflußreichen Edelmannes Graf Max vor das Tribunal zitiert
worden war - zusammen mit Dietrich -, sollte die Gerichtsverhandlung
unter Ausschluß des niederen Volkes im Großen Saal der
Burg stattfinden.
Vor
der Stirnseite des Saales und ein paar Schritte entfernt vom Kamin
war ein Podest aufgebaut. Darauf befand sich, nochmals erhöht,
ein schwerer, mit üppigen Schnitzereien versehener
Weitere Kostenlose Bücher