Die Klinge des Löwen 02
schwarzer
Armsessel, der als Richterstuhl diente. An der dahinter befindlichen
Wand hing ein riesiger seidener Teppich, auf dem das Wappen des
Herzogs die Mitte einnahm und diejenigen seiner Vasallen im Kreis um
den herzoglichen Schild angeordnet waren.
Auf
dem Richterstuhl hatte Berthold von Zähringen Platz genommen. In
seiner nachtblauen Tunika und mit dem braunen, kurz gestutzten
Vollbart bot er das Bild eines Hochgestellten, dessen mitunter rauhe
Autorität auch jenen Respekt abnötigte, die sich nicht vor
diesem Tribunal zu verantworten hatten. Aber die oft vorhandene
Düsterkeit solcher Veranstaltungen wurde in diesem Fall dennoch
gemildert durch die freundliche Erscheinung des Herzogs. Sein
dunkelblondes volles Haar, das knapp bis zum Nacken reichte, seine
aufmerksamen blauen Augen, seine leutselige Art, mit den Menschen zu
sprechen, ließen ihn zunächst als einen wohlwollenden Mann
erscheinen und schienen auch jetzt die sonst von einem Gericht
ausgehende dunkle Stimmung aufzuhellen. Allerdings gab es böse
Zungen, die behaupteten, das freundliche Wesen diene dem herzoglichen
Richter lediglich dazu, einem vor den Schranken des Gerichts
stehenden armen Sünder möglichst rasch ein Geständnis
zu entlocken.
Links
von dem Podest, auf einer grob zusammengezimmerten Bank, saßen
zwölf Schöffen, alles Männer aus dem Stand der Freien.
Auf der anderen Seite, unmittelbar entlang der fensterlosen
Längswand, hatten zahlreiche Ritter der Region auf einfachen
Holzbänken Platz genommen, darunter nicht wenige Vasallen Urbans
von Geroldseck, aber auch eine ganze Reihe von Anhängern des
Grafen Max und seines Vasallen Dietrich.
Zur
Rechten des Herzogs, etwas tiefer als der Gerichtsvorsitzende, saß
der Hausherr, Graf Max von Ortenburg. Ihm war anzusehen, daß er
sich in seiner Rolle als Gastgeber alles andere als wohl fühlte.
Schließlich stand neben seinem Vasallen Dietrich auch seine
Gemahlin Ida unter Anklage. Sie und der Ritter wurden von Graf Urban
von Geroldseck, der als Ankläger auftrat, der Buhlschaft und
damit des Ehebruchs bezichtigt. Das war ein Vorwurf, der, wenn Urban
den Beweis dafür lieferte, für die Beschuldigten schlimme
Folgen haben würde. Des weiteren hatte der Geroldsecker den
sattsam bekannten Vorwurf erhoben, daß Dietrich gegen seinen
Sohn Egeno einen Mordversuch unternommen habe.
Das
waren derart schwerwiegende Anschuldigungen, daß die Anwesenden
sich insgeheim fragten, wie Graf Max von Ortenburg unbeschädigt
aus dieser Sache herauskommen wollte. Denn zum einen fiel auf ihn
insofern ein ungünstiges Licht, als er es war, der Dietrich zum
Begleiter seiner Gemahlin bestimmt hatte. Zum anderen war jedem
bekannt, daß er den jungen Ritter nach Kräften förderte,
so daß man allerhand hinter dem behaupteten Anschlag gegen
Egeno vermutete und wilde Gerüchte im Umlauf waren, die dem
Ansehen des Grafen Max nur schaden konnten.
Es
war daher nicht verwunderlich, daß dem Herrn der Ortenburg
nicht sonderlich wohl war in seiner Haut, zumal er die wahre
Stoßrichtung seines Erzfeindes Urban ahnte.
Draußen
vor dem Saal hielten sich Dietrich, Ida und mehrere Zeugen auf; sie
alle warteten auf den Prozeßbeginn. Ida war von mehreren ihrer
Kammerfrauen umgeben, so daß es Dietrich unmöglich war,
mit ihr mehr als nur ein paar Höflichkeitsfloskeln zu wechseln.
Nach ihrer Gefangennahme auf der Kastelburg hatte Urban von
Geroldseck sie getrennt und ihnen keine Gelegenheit mehr gegeben,
miteinander zu sprechen. Sie waren samt ihrem Gefolge zwei Wochen
lang auf der Burg festgehalten worden. Danach hatte der Geroldsecker
sie einer bewaffneten Abordnung des Herzogs Berthold übergeben,
unter deren Aufsicht sie zur Ortenburg zurückgebracht wurden.
Dort war Max von Ortenburg, den man inzwischen von dem Vorgang
unterrichtet hatte, seiner Gemahlin Ida mit gemischten Gefühlen
gegenübergetreten. Ihr war es jedoch gelungen, ihn von ihrer
Unschuld zu überzeugen, wobei sie ihm wohlweislich das wenige
verschwieg, das zwischen ihr und Dietrich vorgefallen war. Dietrich
seinerseits, der sein ritterliches Ehrenwort geben mußte,
keinen Fluchtversuch zu unternehmen und bis zum Prozeßtag seine
Heimstätte nicht zu verlassen, hatte sich grollend auf sein
befestigtes Hofgut zurückgezogen.
Urban
von Geroldseck konnte mit dem Verlauf seiner heimtückischen
Pläne zufrieden sein. Alles, was er zum erhofften Schaden seines
wahren Gegners, Max von Ortenburg, eingefädelt hatte, schien
sich nun zu seinen Gunsten zu
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