Die Klinge des Löwen 02
ich ihn verbannen sollte."
"Ja,
glaubst du denn wirklich, daß die beiden völlig unschuldig
sind? Glaubst du das?"
Verbissen
antwortete Max von Ortenburg: "Ich glaube an das Gottesurteil."
"Nun
gut, wenn es zu einem solchen Urteil kommt, das die beiden
Angeklagten reinwäscht, dann mag das gerecht sein, soweit es die
Zeugenaussage dieses Köhlers betrifft. Denn was der vorbrachte,
war eine infame Lüge, und die hat auch der Herzog nicht
geglaubt."
"Na
also! Was stört dich dann noch am voraussehbaren Ausgang des
morgigen Zweikampfes?"
"Ich
muß dir leider etwas Wasser in deinen Zuversichtswein gießen!
Als Dietrich mit deiner Gemahlin bei uns auf der Husenburg weilte,
ist mir gleich am ersten Abend beim festlichen Mahl aufgefallen, wie
vergnügt die beiden miteinander turtelten. Das hatte nichts mit
Minnedienst zu tun, gegen den ja niemand etwas einzuwenden hätte.
Aber da steckte mehr dahinter!"
"Ach,
ich glaube, du übertreibst, Elisabeth! Die beiden waren
höchstwahrscheinlich fröhlich und ausgelassen, so wie junge
Leute eben sind, weil ihre Reise bis dahin glimpflich verlaufen ist.
"
"Max,
du warst ja nicht dabei. Daher weißt du auch nicht, was ich
gesehen habe. Dietrich benahm sich gegenüber deiner Gemahlin wie
ein ungebundener Freier, der einer Jungfrau ungeniert den Hof
machen darf."
"Mein
Gott, bausche doch nicht immer alles so auf. Vielleicht hatte er
etwas zu viel über den Durst getrunken. Da kann es ja einmal
geschehen, daß einer sich vorübergehend etwas unziemlich
benimmt. Aber in diesem Fall war das wohl am anderen Tag wieder
vergessen. Glaube mir, ich kenne Ida besser als du. Nie würde
sie die höfischen Sitten außer acht lassen!"
Unwillig
wandte Elisabeth sich an ihren Gemahl. "Sag du doch auch einmal
etwas! Dein Bruder will einfach die Realität nicht wahrhaben!"
Werner
von Husen, der sich offenbar schon in dem Gefühl gewiegt hatte,
daß seine Aufgabe mit der Einleitung des Gesprächs beendet
sei, nachdem er das Thema erfolgreich auf den Tisch gebracht, zuckte
bei Elisabeths Tadel zusammen. Er richtete sich gehorsam auf und
antwortete beflissen: "Jaja, Max, meine Gemahlin hat ein Gespür
für so etwas, das darfst du mir glauben! Ich habe die beiden
Turteltauben auch beobachtet."
Elisabeth
betrachtete ihren Gemahl mit einer Miene, als wollte sie sagen: Was
wirst du schon beobachtet haben, du warst ja selber betrunken! Aber
das dachte sie nur, denn wichtiger war es ihr, daß Werners
Bemerkung Wasser auf ihre Mühle war. Und in diesem Bewußtsein
unternahm sie den nächsten Angriff auf Maxens hartnäckig
verteidigte Meinung.
"Es
ist zwecklos, weiter über die Vergangenheit zu streiten",
sagte sie in entschiedenem Ton. "Was zählt, ist das, was
vor uns liegt. Und ich werde die kommenden Gefahren, die du, lieber
Schwager, für deine Ehe nicht sehen willst, schon im Vorfeld aus
dem Weg räumen."
Graf
Max warf ihr einen verwunderten Blick zu. "Das hört sich ja
fast wie eine Drohung an!"
"O
nein. Ganz und gar nicht. Wenn du Dietrich unbedingt weiterhin in
deiner und damit Idas Nähe belassen willst, dann werde eben ich ihn in unlösbare Bande schlagen!"
"Man
könnte meinen, du hättest selber ein Auge auf ihn
geworfen!" entgegnete der Burgherr anzüglich. Werner von
Husen kicherte bei dieser Antwort vergnügt in sich hinein, denn
er war der scharfen Zunge seines Weibes selten gewachsen, und er
freute sich daher diebisch, wenn andere sie ihr zuweilen stutzten.
"In
gewisser Weise hast du sogar recht", entgegnete Elisabeth und
bedachte dabei ihren Schwager mit einem mitleidigen Lächeln, das
ihren Ärger über seine unziemliche Äußerung
verbarg. In fast abfälligem Ton fuhr sie dann fort: "Die
Phantasie der Männer reicht gewöhnlich nicht aus, um sich
eine anständige Lösung des Problems, über das wir hier
sprechen, vorzustellen."
"Na,
dann erkläre dich endlich!" sagte Graf Max unwirsch, der
nun seinerseits über die verletzende Antwort Elisabeths
verstimmt war. Die Luft in dem kleinen Raum wurde durch das Abbrennen
der Kerzen und durch den Atem der Menschen allmählich schlechter
und legte sich dem Grafen bereits schwer auf die Brust. Er fühlte
sich unwohl, und das Gespräch behagte ihm auch nicht.
Aber
Elisabeth hatte kein Erbarmen mit ihrem Schwager, auf dessen
abgespanntes Gesicht das Flackerlicht tanzende Schatten warf. Sie sah
ihn einen Augenblick lang mit funkelnden Augen an, ehe sie
antwortete. "Die Lösung, die ich habe, dürfte sich
sowohl zu deinem, als auch zum
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