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Die Klinge des Löwen 02

Die Klinge des Löwen 02

Titel: Die Klinge des Löwen 02 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter Weil
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mangels anderer Beschäftigung einige Hühner
aus seiner Nähe, die sich gackernd und flügelschlagend in
Sicherheit brachten.
    Die
erste Arbeit des Knappen bestand darin, mit dem Striegel sorgfältig
über die Sattellage des Pferdes zu gehen, um dessen Fell von
Staub und Schmutzresten zu befreien und damit Druckstellen durch den
Sattel zu vermeiden. Als das getan war, kontrollierte Roland
gewissenhaft die Hufe auf eingeklemmte kleine Steine. Anschließend
zäumte er Titus auf, streifte ihm die Schabracke über, eine
zweiteilige dunkelblaue Decke, die dem Pferd bis zu den Fesseln
reichte und bei der auf beiden Seiten das aus goldfarbenem Tuch
bestehende Wappen Dietrichs aufgenäht war. Sodann legte er ihm
das Schweißtuch auf, darüber den Sattel mit der hohen
Vorder- und Hinterlehne, und zog den Bauchgurt an. Dabei behielt
Roland wohlweislich im Gedächtnis, daß er nachziehen
mußte, weil er wußte, daß der Rappe die Gewohnheit
hatte, sich aufzublasen, sobald ein anderer als sein Herr ihn
sattelte. Er führte ihn deshalb anschließend ein paar
Schritte vorwärts, was den Hengst zwang, Luft abzulassen. Diesen
Moment nutzte Roland geschwind, um den Sattelgurt endgültig
festzuziehen.
    Mit
einem leisen Lächeln tätschelte er anschließend den
Hals des Rosses und sagte freundlich zu ihm: "Ja, ja, bei dir
muß man an alles denken! Du willst doch nicht, daß
Dietrich im Kampf plötzlich samt Sattel unter deinem Bauch
verschwindet, oder?"
    Titus
spitzte die Ohren und schnaubte, während Greif um ihn
herumstrich und den Rappen mißtrauisch beäugte, als
überlegte er, zu welcher Feier sein vierbeiniger Kamerad das
Festgewand wohl tragen mochte.
    Fröhliches
Vogelgezwitscher erfüllte die Luft um Dietrichs Hofgut. Der
Himmel war wolkenlos, aber von einem fahlen Blau, denn noch war die
Sonne nicht über den Bergen aufgegangen. Allerdings würde
es nicht mehr lange dauern - der westliche Gebirgszug trug bereits
ihren goldenen Saum. Ein schwacher Wind fächelte das durch die
Arbeit erhitzte Gesicht des Knappen. Schon bald würden die
Sonnenstrahlen sich über die anmutige Landschaft ergießen.
Roland hatte jedoch momentan kein Auge für das friedvolle Bild
sanft gerundeter, bewaldeter Bergrücken, zwischen denen sich
Wiesen dehnten, die zum Tal hin abgelöst wurden von
Dinkeläckern, auf denen das zarte Grün junger Halme sproß,
die sich in einer sanften Brise wiegten wie die Wellen eines Sees.
Nein, Roland ließ sich an diesem schimmernden Morgen durch
nichts ablenken, wußte er doch, daß er sich beeilen
mußte, damit sein Herr nicht zu spät zur Ortenburg kam.
    Dort
war es im inneren Hof noch ruhig. Draußen vor der Ringmauer
hörte man allerdings bereits das Stimmengewirr zahlreicher
Menschen, die dem kommenden Schauspiel, einem Tjost genannten
Lanzenstechen, beiwohnen würden. Eine solche Kampfart zu Pferde,
bei der lediglich zwei Gegner aufeinander trafen, war in der Mortenau
noch weitgehend unbekannt. Bisher wußte man nur von Turnieren,
bei denen zahlreiche Ritter gleichzeitig, ohne durch Schranken
getrennt zu sein, gegeneinander antraten. Das niedere Volk, das
sich in aufgeregter Erwartung des heutigen Zweikampfes schon früh
eingefunden hatte, drängte sich am Rande der Kampfbahn. Diesen
einfachen Leute, die sonst nur Arbeit und Mühsal kannten, war
jede Ablenkung von ihren Nöten recht. Und nicht wenige von ihnen
überkam bei dem Gedanken, daß es sich nicht um ein
lustiges Lanzenbrechen in einem fröhlichen Turnier handelte,
sondern um den blutigen Ernst eines Gottesgerichts, ein wollüstiges
Gruseln.
    Mittlerweile
hatte sich auf Dietrichs nahegelegenem Anwesen der Knappe in die
Waffenkammer begeben und drei Lanzen aus Eschenholz ausgewählt.
Er steckte ihnen jeweils eine scharfe eiserne Spitze auf, den
"Todesstachel", wie der Volksmund das Mordinstrument
treffend bezeichnete. Die so für das Gefecht vorbereiteten
Waffen brachte er nach draußen, um sie beim Aufbruch
griffbereit zu haben. Danach eilte er zurück ins Haupthaus, um
seinem Herrn beim Anlegen der Rüstung und bei den weiteren
Vorbereitungen zum Waffengang behilflich zu sein, schnurstracks
gefolgt von dem schwarzen Wolfshund, der an diesem geschäftigen
Morgen wohl besorgt war, etwas zu verpassen, wenn er nicht überall
dabei war.
    Die
Lage des zur Kampfbahn erkorenen Zwingers auf der Ortenburg erwies
sich als gut geeignet für den vorgesehenen Zweck, denn das
Gelände erstreckte sich von Nord nach Süd, so daß die
beiden Kämpfer, was die Sonne

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