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Die Klinge des Löwen 02

Die Klinge des Löwen 02

Titel: Die Klinge des Löwen 02 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter Weil
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anstatt die Umgebung des Einganges im Auge zu behalten,
beobachteten erstaunt das Manöver des Ritters. Sie konnten
natürlich nicht wissen, was Dietrich im Sinn hatte. Es ging ihm
in diesem letzten Lauf darum, einen längeren Anlauf und damit
eine größere Wucht beim Zusammenprall zu gewinnen. Er
hatte sich vorgenommen, noch einmal den Rand des gegnerischen
Schildes zu treffen, um Mann und Roß herumzureißen und
dadurch zu Fall zu bringen. Vorhin wäre es ihm beinahe gelungen,
und daß der Geroldsecker sich im Sattel halten konnte,
verdankte er dem zu schwachen Anprall.
    Auf
der Gegenseite ritt Urban in diesem Augenblick an, und Dietrich tat
es ihm gleich. Er trieb Titus zu schnellstem Lauf. Der Boden dröhnte
unter den Hufen der Rosse. Atemlos starrten die Zuschauer auf die
beiden Reiter, die nur durch die Schranken getrennt aufeinander
zujagten. Auf Dietrichs Standplatz umklammerte Ida den Arm Rolands,
starrte mit geweiteten Augen auf das ganz in Schwarz gewandete
Unheil, das Graf Urban auf seinem ebenfalls schwarz umhüllten
Roß für sie darstellte, und bangte um ihren Geliebten.
    Rasend
schnell näherten sich die beiden Kämpfer auf ihren
stampfenden Rossen einander. Dietrich hatte das Gefühl, von
einem Wirbelsturm vorwärtsgetragen zu werden. Ihm war, als
geriete er in einen Rausch der Geschwindigkeit. Er fühlte in
sich einen machtvollen Vorwärtsdrang, den nichts auf der Welt
aufzuhalten vermochte. Das gibt die rechte Kraft beim Aufprall,
dachte er und zielte mit der Lanze auf den oberen äußeren
Rand des gegnerischen Schildes. Gleichzeitig sah er, daß der
andere den Todesstachel offenbar wiederum auf seinen Kopf richtete.
    Wie
mit einem Donnerschlag trafen die beiden aufeinander. Dietrichs fast
waagrecht gehaltene Lanze war mit ihrer Spitze näher am Ziel.
Der Stachel traf den Schildrand, das Schaftholz zerbarst, der Stoß
trieb den Oberkörper des Gegners mit dem Rücken seitwärts
auf die schwarze Schabracke seines Rosses, das abrupt auf die
Hinterhand gesetzt wurde, und viele Zuschauer schrien auf, als der
Geroldsecker rücklings aus dem Sattel purzelte.
    Urbans
Speerstoß hatte sein Ziel nicht erreicht. Die Waffe war ihm bei
dem fürchterlichen Zusammenprall aus der Hand gefallen. Sie war
quer und unbeschädigt auf Dietrichs Schoß gelandet. Er
warf die Lanze des Gegners, die keinerlei Schaden angerichtet hatte,
ins Gras und ließ seinen Rappen noch eine Strecke weit
auslaufen.
    Die
beiden Marschälle und die Knappen Urbans sprangen herzu und
bemühten sich um den Gestürzten, befreiten ihn von seinem
Helm und versuchten, ihn aufzurichten. Tatsächlich gelang es dem
Geroldsecker mit Unterstützung der Helfer, nach einiger Zeit
wieder auf die Beine zu kommen. Er wirkte noch etwas benommen und
hatte, im Gegensatz zu sonst, ein bleiches Gesicht. Nachdem er sich
jedoch zusehens erholte und auch keinerlei äußere
Verletzungen aufwies, eilte einer der Marschälle zur Tribüne,
um dem Herzog zu berichten, daß der Kampf weitergehen könne.
Nach dieser Unterredung winkte derselbe Marschall Dietrich, der am
Ende des Auslaufs auf seinem Pferd verharrt und das aufgeregte
Geschehen rund um den gestürzten Grafen abwartend beobachtet
hatte.
    Auf
das Zeichen des Marschalls, der ihm zurief, der Herzog wolle ihn
sprechen, lenkte er sein Roß in Richtung Tribüne.
    Ein
Posaunenstoß wandte aller Aufmerksamkeit zu den Rängen der
Edelleute. Unten wartete währenddessen Dietrich, der sich
inzwischen seines Helmes entledigt hatte, schweigend auf seinem
Rappen darauf, daß der Herzog ihn anspreche. Dieser nickte ihm
lächelnd von der Tribüne aus zu und sagte: "Ihr,
Dietrich vom Hain, habt bis jetzt bewiesen, daß Gott Euch und
Ida gewogen scheint. Aber noch ist eine wirkliche Entscheidung nicht
gefallen. Ihr kommt deshalb nicht darum herum, zum Schwert zu
greifen, sobald Urban von Geroldseck sich wieder kräftig genug
fühlt, die Klinge zu führen. Wir unterbrechen jetzt diesen
Gerichtstag für eine Weile. Es geht weiter, wenn die Sonne im
Mittag steht."
    Als
die Schatten am kürzesten waren, fanden sich die beiden Kämpfer
erneut vor der Tribüne ein, diesmal jedoch zu Fuß und mit
dem Schwert in der Faust. Urban hatte sich einen anderen Schild
reichen lassen, da der erste beim Lanzenstechen beschädigt
worden war. Nachdem Herzog Berthold die beiden ermahnt hatte,
ritterlich bis zum Ende zu kämpfen, stellten sich die beiden
Kontrahenten auf der Kampfbahn vor der Tribüne auf. Beide waren
jetzt barhäuptig, ihre

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