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Die Klinge des Löwen 02

Die Klinge des Löwen 02

Titel: Die Klinge des Löwen 02 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter Weil
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Graf Urban hatte sich verausgabt,
denn der Haß hatte seinen Verstand ausgeschaltet. Was sich aber
nun zum Entsetzen seiner Anhänger abspielte, damit hatte keiner
gerechnet; nur Dietrich hatte es kommen sehen. Das Schwert des
Geroldseckers war nicht von bestem Stahl. Durch die gewaltigen
Schläge hatte die Klinge sich allmählich verformt, und
Dietrich, der seine eigene Waffe kannte, nutzte die Gunst des
Schicksals und schlug schließlich dem Gegner, den er
unerbittlich vor sich hertrieb, mit einem schmetternden Streich das
Schwertblatt ab.
    Graf
Urban blieb stehen und starrte fassungslos auf den Stumpf seiner
Waffe, den er noch in der Hand hielt. Dietrich hätte ihn jetzt
erledigen können, denn der Geroldsecker achtete gar nicht auf
ihn. Er schien völlig durcheinander, sein Gesicht war
schweißnaß, sein Atem ging stoßweise - aus dem
furchtbaren Kämpfer war plötzlich eine lächerliche
Figur geworden.
    "Laßt
Euch ein neues Schwert bringen", sagte Dietrich so laut, daß
alle es hören konnten.
    Aber
dazu kam es nicht mehr. Die Menschen im Zwinger hörten Hufschlag
vor der äußeren Mauer. Auch Dietrich vernahm das Geräusch,
das den Burgweg heraufkam und sich, je mehr es sich näherte, mit
dem Keuchen eines abgetriebenen Pferdes mischte. Er wandte sich um
und sah, wie ein Berittener auf schaumbedecktem Roß vor der
Brücke auftauchte. Wie es sich anhörte, wechselte er einige
Worte in befehlsgewohntem Ton mit den Torwächtern. Kurz darauf
ritt er über die Zugbrücke und durch das Tor und trieb sein
Pferd, ohne anzuhalten, an den beiden erstaunten Kämpen vorbei.
Dietrich sah in ein abgespanntes, aber kantiges Gesicht mit einer
Hakennase und einem vorspringenden Kinn. Aus eisgrauen Augen traf ihn
ein kurzer Blick, ehe der Fremde seinen ausgepumpten Gaul unmittelbar
vor der Tribüne zügelte.
    Dort
war Herzog Berthold aufgesprungen. "Ihr, Graf Gerhard? Nach dem
Zustand Eures Rosses zu urteilen, müßt Ihr einen langen
Ritt hinter Euch haben! Wer oder was hat Euch hierher getrieben?"
    Der
Fremde warf einen Blick in die Runde und sagte dann in forderndem
Ton: "Ich muß Euch dringend sprechen - allein."
    "Mein
lieber Graf", entgegnete der Herzog in zurückhaltendem Ton.
"Ihr kommt ein bißchen ungelegen! Spart Euch Euer Anliegen
für später auf und ruht Euch erst einmal aus. Ich kann das,
was hier unter meinem Vorsitz stattfindet, jetzt nicht einfach
unterbrechen."
    Der
Fremde schüttelte finster den Kopf.
    "Hoheit,
wenn Ihr erst wißt, was ich zu berichten habe, dann werdet Ihr
begreifen, daß es mit einer Unterbrechung sowieso nicht getan
ist. Ihr werdet dann nämlich den Abbruch dieser Veranstaltung,
was immer das sein mag, befehlen."
    "Starke
Worte, Graf. Aber da ich Euch als einen besonnenen Mann kenne, der
dramatischen Gesten normalerweise abhold ist, will ich Eurer
drängenden Bitte entsprechen."
    Der
Herzog befahl dem in der Nähe stehenden Marschall, die beiden
Kämpfer herbeizuholen. Dietrich stieß seine Klinge in die
Schwertscheide und folgte mit seinem Gegner dem Ruf zur Tribüne.
    "Ich
hoffe, die Entscheidung muß nicht vertagt werden", sagte
Herzog Berthold, der sich inzwischen nach unten auf den Rasen begeben
hatte, zu den beiden. "Aber Graf Gerhard ist ein Vertrauter
König Philipps. Er hat mir eine Botschaft zu übermitteln,
die offenbar keinen Aufschub duldet. Für die Dauer des
Gespräches mit ihm wird daher die Auseinandersetzung zwischen
euch unterbrochen."
    Er
wandte sich dem Neuankömmling zu, der sein Pferd inzwischen
einem der Roßknechte übergeben hatte. "So, lieber
Graf, ich bin bereit. Folgt mir in den inneren Burghof, dort sind wir
ungestört." Und zu einem der herumstehenden Diener gewandt,
befahl er: "Man bringe uns zwei Armsessel und für den
Grafen etwas zur Erfrischung!"
    Wenig
später saßen sie im Schatten der an der Ringmauer
aufgereihten Nebengebäude, zwischen sich einen mit einem weißen
Tuch bedeckten Schemel, auf dem man für Graf Gerhard eine Kanne
mit Wein und einige Pasteten aufgetischt hatte.
    "Nun,
Gerhard", sagte der Herzog, nachdem sie unter sich waren, in
leutseligem Ton. "Was hat Euch zu solcher Hast verleitet, daß
Ihr mitten in ein Gottesgericht platzt?"
    Der
andere, der eben den Weinbecher zum Munde führen wollte, sah den
Gesprächspartner erstaunt an und setzte das Trinkgefäß
wieder ab.
    "Ein
Gottesgericht? Davon wußte ich nichts", sagte er
bedauernd. "Ich hatte nur Kenntnis von einem Gerichtsverfahren,
das unter Eurer Leitung steht. Doch einerlei, ich

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