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Die Klinge des Löwen 03

Die Klinge des Löwen 03

Titel: Die Klinge des Löwen 03 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter Weil
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erwartet
wurden. Es dauerte nur kurze Zeit, bis die befreiten Geiseln eine
nach der anderen mit Hilfe des bereitgehaltenen Korbes hochgezogen
worden und in Sicherheit waren, während Giselbert, wie es einem
gestandenen Krieger gebührte, das Kletterseil wählte.
    Schließlich
waren alle Beteiligten in Sicherheit, und Dietrich ließ es sich
nicht nehmen, die befreiten Geiseln selbst zu der Kemenate zu führen,
in der Jost von Ullenburg wohnte. Noch war es dunkel, und er mußte
seinen Schützlingen helfen, auf der vom Wehrgang in den Burghof
führenden schmalen und steilen Steintreppe heil hinunter zu
kommen. Der weiträumige Innenhof, mit dem Brunnen in der Mitte,
wurde von wenigen Fackeln schwach beleuchtet. Dietrich ließ,
während er den dreien voranging, seinen Blick gewohnheitsmäßig
über die Mauerkronen schweifen. Es war ein beruhigendes Gefühl
für ihn, die Wächter auf den Wehrgängen hin und her
gehen zu sehen, deren dunkle Gestalten sich gegen den heller
werdenden Himmel wie wandelnde Scherenschnitte abhoben. Eine
Nachtschwalbe, die wohl ihren Schlafplatz aufsuchte, strich über
die Köpfe der Gruppe hinweg und riß Dietrich aus seiner
Betrachtung. Er beschleunigte seine Schritte und ging mit Josts
Gemahlin und den beiden Kindern auf den Palas zu, um die drei endlich
mit dem Ullenburger zu vereinen.
    Sie
mußten dazu einen langen Korridor durchqueren, dessen Außenwand
von zwei Fensteröffnungen durchbrochen war. Es herrschte ein
steter Luftzug, der die wenigen Talglichter flackern und ihre trüben
Lichtkreise tanzen ließ. Der Freiherr schlief noch, da eben
erst der Morgen graute. Wortlos bedeutete Dietrich Josts Gemahlin und
den beiden Kindern, das Schlafgemach zu betreten. Er selbst blieb an
der Tür stehen und wartete in dem ungewissen Licht, bis er Rufe
der Überraschung hörte, die der Ullenburger von sich gab,
als er erkannte, wer vor ihm stand. Leise und mit einem zufriedenen
Lächeln entfernte sich Dietrich, um die kleine Schar ungestört
ihrer Wiedersehensfreude zu überlassen.
    *
    Aber
das Frohlocken über die geglückte Befreiung währte
nicht lange. Ein übernächtigter Dietrich, von den
Torwächtern gerufen, sah wenig später mit finsterer Miene,
daß die Slawen Verstärkung bekommen hatten. Mit einer
gewissen Nervosität verfolgte er von der Brustwehr der Tormauer
aus den gewaltigen Aufmarsch. Es waren, soweit er erkennen konnte,
vor allem Fußtruppen mit Leitern und Sturmdächern, die
sich in sicherer Entfernung aufstellten und wohl auf ihren Einsatz
warteten. Er konnte nicht wissen, daß man noch in der Nacht
einen Boten ins Hauptlager geschickt und den Heerführer von der
Flucht der Geiseln unterrichtet hatte. Der hitzige Pole war daraufhin
in rasenden Zorn geraten. Als er sich etwas beruhigt hatte, ließ
er drei Hundertschaften aus dem Schlaf scheuchen. Diese Streitmacht
warf er im Eilmarsch gegen die Ortenburg, um deren Bewohnern deutlich
zu machen, daß ein neuer Sturm auf die Feste bevorstehe.
    Mit
seiner Leibgarde sprengte er wenig später in das Lager vor der
Burg, ließ den für die Gefangenen verantwortlichen
Hauptmann herbeischaffen und, ohne ihn auch nur anzuhören, am
nächstbesten Baum aufhängen. Danach befaßte er sich
mit den unmittelbaren Untergebenen des Gehenkten. Ihre gestammelte
Rechtfertigung würdigte er keines Wortes und ließ sie
statt dessen vor der versammelten und wie gelähmt dastehenden
Streitmacht auspeitschen. Damit war seine Wut etwas abgeschwächt,
aber noch keineswegs verraucht. Den furchtsam lauschenden
Slawenkriegern drohte er, daß sie ein ähnliches Schicksal
erwarte, wenn es ihnen nicht gelänge, die vor ihnen liegende
Trutzburg endlich zu brechen.
    Diese
schrecklichen Einzelheiten bekam Dietrich nicht mit, weil Graf Gotvac
darauf geachtet hatte, daß seine Strafaktionen dort
durchgeführt wurden, wo von der Burg aus die Sicht durch Bäume
oder Gebüsch verdeckt war. Andererseits bemerkte Dietrich, daß
um den Tribock herum wieder lebhafte Bewegung herrschte, wenngleich
Einzelheiten wegen der die Sicht versperrenden Palisaden nicht
auszumachen waren. Mit gerunzelter Stirn wartete er, was weiter
geschehen würde. Vermutlich versuchten sie es diesmal mit
Steinbrocken von mauerbrechender Größe! Es war wohl das
Beste, dachte er bei sich, vorläufig die am meisten gefährdeten
Teile der Burgmauer nur mit einzelnen Beobachtern zu besetzen, um
eigene Verluste möglichst zu vermeiden.
    Als
die Sonne bereits gegen Westen ging, begannen sie mit

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