Die Klinge des Löwen 03
der
Beschießung. Dietrich, der an diesem Tag noch nichts gegessen
und in den Morgenstunden nach dem Befreiungsabenteuer auch nicht zum
Schlafen gekommen war, saß hinter einer Zinne und war soeben
eingenickt, als etwas von außen dagegenschlug. Im Nu war er auf
den Beinen und sah gerade noch, wie hinter den Palisaden der Wurfarm
des Tribocks abgesenkt wurde. Er beugte sich vor, um das Mauerwerk
der Zinne zu betrachten, konnte aber keinerlei Beschädigung
feststellen. In diesem Moment schnellte der Wurfarm der slawischen
Schleudermaschine bereits wieder empor, und ein weiteres Geschoß
kam geflogen, das diesmal auf dem Dach des Torturmes aufschlug,
jedoch von dort, ohne großen Schaden anzurichten,
herunterrollte und vor dem geschlossenen Burgeingang auf die Erde
fiel. Dietrich sah erstaunt, daß der Stein kaum die Größe
eines Kinderkopfes hatte. Er fragte sich, was die Feinde mit einer
solch wirkungslosen Beschießung bezweckten.
Nachdem
die Slawen dieses Spiel noch eine Zeitlang getrieben hatten, wobei
allerdings die Geschosse immer weiter geschleudert wurden, erhielt
Dietrich die furchtbare Antwort. Denn plötzlich kamen keine
Steine mehr geflogen, sondern dicht gepackte, brennende Strohbündel.
Schlagartig wurde es Dietrich klar, daß die Slawen zuvor Steine
mit ähnlichem Gewicht benutzt hatten, um die besten
Einstellungen des Tribocks für den gezielten Abschuß der
Feuerbündel je nach gewünschter Weite herauszufinden.
Als
erstes Bauwerk brannte der Torturm. Auch an der hochgezogenen
Zugbrücke leckten die Flammen. Allerdings hatte Dietrich nach
der ersten Feuerkugel Kübel voll Wasser heranschaffen lassen,
das seine Männer durch den Gußerker auf den Brand
schütteten und damit die Zugbrücke für den Augenblick
zu retten vermochten. Aber sehr lange konnten sie sich im Turm nicht
mehr aufhalten. Im Dachgebälk prasselten die Flammen, die auf
keine Weise gelöscht werden konnten. Schon bald würden die
Balken in den darunterliegenden Raum stürzen und jeden, der sich
dann noch dort aufhielt, erschlagen. Schweren Herzens ließ
Dietrich das obere Stockwerk des Turmes räumen, denn er war sich
bewußt, daß er damit Brücke und Tor dem Feind
unbewehrt preisgab.
Als
die Slawen erkannten, daß nicht mehr gelöscht wurde,
konzentrierten sie den Beschuß auf den Burgeingang. In kurzer
Folge schlugen nacheinander weitere brennende Geschosse gegen die
Zugbrücke, Durch die Hitze der Brände trocknete das Holz
rasch und fing erneut Feuer. Dichter, schwarzgrauer Qualm erhob sich,
und bei den Slawen brach Jubelgeschrei aus, als sie sahen, daß
schließlich nicht nur die Zugbrücke brannte, sondern auch
das Tor in Flammen stand.
In
fieberhafter Eile ließ Dietrich frische Krieger herbeiholen.
Sie sollten die Wehrgänge links und rechts vom Torturm besetzen
und von dort versuchen, mit Wasserkübeln das Feuer von den
beiden Seiten her zu bekämpfen. Tatsächlich gelang es in
diesem letzten verzweifelten Bemühen, wenigstens das vor der
Zugbrücke auf der Erde brennende Stroh zu löschen. Aber
damit war nicht viel gewonnen. Die Männer mußten ihre
Löschkübel aus einem derart ungünstigen Winkel
entleeren, daß das Wasser die in hellen Flammen stehende
Zugbrücke kaum erreichte. Dazu kam, daß der slawische
Heerführer eine Abteilung Bogenschützen vorschickte, unter
deren Pfeilhagel die Burgmannen ihre Brandbekämpfung einstellen
mußten.
Schon
bald sollten die Menschen in der Feste erfahren, daß sich der
Feind mit diesem Anfangserfolg nicht begnügte. Nachdem das
Zerstörungswerk am Tor nicht mehr aufzuhalten war, flogen die
Feuerkugeln weit über die Mauer und den brennenden Turm ins
Innere der Burg. Einige fielen in den Zwinger, wo sie ausbrannten,
ohne irgend etwas zu beschädigen. Aber dann änderten die
Slawen die Zielrichtung, und jetzt wirbelten die flammenden Geschosse
in kurzen Abständen über die Köpfe der Verteidiger
hinweg und landeten jenseits der inneren Mauer auf den Dächern
der Bauwerke, die an der Ringmauer standen und neben den
Mannschaftsunterkünften auch das Vieh und die Vorräte
beherbergten.
Dort
mußte bald hektisch gelöscht und jeder neue Brand sofort
entschlossen bekämpft werden, denn wenn auch die Hohlziegel der
Gebäude vielfach eine sofortige Entzündung verhinderten, so
gab es doch Stellen, wo das Feuer der Strohbündel sich festfraß.
Zum Teil waren es schadhafte Ziegel, die den Flammen Gelegenheit
boten, darunterliegende Dachbalken zu erfassen. Andere Feuerbrände
fielen in
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