Die Klinge des Löwen 03
losen
Mäuler, die du so sehr fürchtest! Und jetzt geh endlich,
sonst kommt es wahrhaftig noch dazu, daß man uns zusammen
sieht! Das wäre ja schrecklich für einen Hasenfuß wie
dich!"
Betroffen
starrte er sie an, während sie mit blitzenden Augen vor ihm
stand. Dann zuckte er kraftlos die Achseln und verließ ohne ein
weiteres Wort die Kemenate. Er sah nicht mehr, daß sie mit
hilfloser Gebärde die Hand nach ihm ausstreckte, weil es ihr
schreckhaft bewußt geworden war, wie sehr sie ihn in ihrem
unbeherrschten Zorn beleidigt hatte.
Dietrich
eilte aus dem Palas, ohne seine Kammer betreten zu haben. Er konnte
jetzt keine Mauern um sich herum ertragen. In der freudlosen
Verfassung, in die ihn der Wutausbruch seiner Geliebten gestürzt
hatte, brauchte er frische Luft.
Was
geschah mit ihm - wo war er hingeraten? Verzweifelte Gedanken wollten
sich seiner bemächtigen, während er ziellos im Burghof
umherirrte. Da schlug das Wiehern eines Rosses an sein Ohr und weckte
ihn aus seinem trostlosen Brüten. Es war sein Hengst Titus, der
in einem der nahen Ställe stand und wohl seine Schritte erkannt
hatte. Dietrich lauschte, und wieder erklang ein leises, forderndes
Wiehern, als spürte das Tier, daß sein Herr Trost suchte
und keinen fand.
Dietrichs
Gestalt straffte sich. Er wußte jetzt, was er zu tun hatte.
Einem der Stallknechte befahl er, Titus zu satteln und
herauszuführen, während er selbst ungeduldig draußen
vor den Ställen hin und her ging. Er hatte sich entschlossen,
Bruder Josef, den Mönch, in seiner Einsiedelei aufzusuchen. Von
ihm erhoffte er sich jetzt eine Klärung seiner Zukunft. Aber
noch ehe man ihm sein Streitroß zuführte, kam ein anderer
Bewohner der Ställe auf ihn zu - der schwarze Wolfshund Greif
mit seinem runden Pelzkopf.
Dietrich
verzog das Gesicht zu einem Lächeln, als der Hund schwanzwedelnd
um ihn herumstrich. "Na, du alter Stromer, brauchst du auch
frische Luft?"
Greif
setzte sich vor ihn hin und legte den Kopf schräg. Dietrich
kraulte ihm das pelzige Genick. "Wie wäre es", sagte
er dabei, mehr zu sich selbst, "wenn ich dich mitnähme?"
Er
ging vor dem Tier in die Hocke, packte mit beiden Händen dessen
Kopf an den Fellwülsten der Kiefer und sagte: "Was meinst
du - wollen wir zusammen einen kleinen Ausflug unternehmen? Bei dem
Nebel, der draußen herrscht, könntest du mir vielleicht
helfen, den Mönch zu finden!"
Der
Hund fegte mit seinem buschigen Schwanz aufgeregt den Boden und gab
ein helles "Wuff" von sich, als ob er den Vorschlag
verstanden hätte und völlig damit einverstanden wäre.
Wenigstens sieht es so aus, dachte Dietrich und erhob sich. Und
spätestens, nachdem der Knecht das gesattelte und aufgezäumte
Roß Dietrich übergeben und dieser sich in den Sattel
geschwungen hatte, schien für den Hund endgültig klar zu
sein, daß es nach draußen ins Land gehen und er dabei
sein sollte. Jetzt war er nicht mehr zu halten. Wie toll raste er in
Richtung Südtor, das noch verschlossen war, machte dort kehrt
und sauste zurück, um zwei-, dreimal Titus zu umrunden, und
wieder ging es ab zum Tor, das ein Wächter jetzt öffnete.
Dietrich lächelte; unter den Vierbeinern war wohl nur ein Hund
fähig, seine Freude so ungehemmt zu zeigen!
Einige
Zeit später befanden sie sich in der Richtung zu Dietrichs
ehemaligem Hofgut. In dem dichten Nebel mußte sich der junge
Ritter mitunter auf sein Roß verlassen, das instinktsicher den
richtigen Weg fand. Greif eilte voraus und war meistens in der grauen
Düsternis versteckt, so daß von einer Hilfe für
Dietrich nicht die Rede sein konnte. Ab und zu tauchte der Hund wie
ein Schemen wieder auf, umkreiste das im Schritt gehende Pferd und
verschwand wie eine Spukgestalt wieder im Dämmer der grauen
Massen. Bald hatten sie das verlassene Gehöft erreicht, aber
Dietrich stieg nicht ab, sondern ritt daran vorbei und schlug die
Richtung zur Nothalde ein. Von dort hoffte er auf einen schmalen
Bergpfad zu stoßen, von dem er wußte, daß er zu der
einsamen Hütte Bruder Josefs in den Brandeckwäldern führte.
Der
Wolfshund war wieder einmal im Nebel verschwunden, während
Dietrich seinen Rappen mit losem Zügel ritt, denn auf dem
schmalen, aufsteigenden Bergrücken gab es sowieso keine
Möglichkeit, vom eingeschlagenen Kurs abzuweichen. Angestrengt
versuchte er, mit seinen Augen den dichten Nebel zu durchdringen, um
den abzweigenden Pfad zu der Klause des Mönches nicht zu
verfehlen.
Von
dem Hund war nach wie vor nichts zu sehen. Bald
Weitere Kostenlose Bücher