Die Klinge des Löwen 03
wirtschaften."
Bruder
Josef legte ihm die Hand auf die Schulter. "Komm, setzen wir
uns."
Er
führte Dietrich zu einer aus rohen Rundhölzern gezimmerten
Bank vor der Hütte. Mit einem Farnwedel wischte er vergilbte
Blätter und Holzstückchen von der Sitzfläche. Er ließ
sich mit einem leisen Seufzer nieder und nötigte Dietrich mit
einer einladenden Handbewegung, sich neben ihn zu setzen. Greif bezog
die Einladung offensichtlich auch auf sich und gesellte sich zu den
beiden Männern, vor deren Füßen er sich mit einem
behaglichen Schnaufer niederlegte.
Während
Dietrich einen prüfenden Blick auf Titus warf, der ein paar
Schritte entfernt an einem Haselstrauch stand und dessen Zweige
beschnupperte, die teilweise noch mit grünen Blättern
besetzt waren, sagte Bruder Josef: "Herzog Berthold hat dir kein
leichtes Amt übertragen, als er dich zum Lehensträger der
Ortenburg machte."
"Ihr
wißt das?" sagte Dietrich erstaunt. "Ihr steckt doch
jetzt schon längere Zeit hier in dieser Einöde."
Der
Mönch lachte verschmitzt. "Ganz so ist es nicht. Was
glaubst du wohl, wie ich all die Sünder mahnen könnte, die
mich um Rat aufsuchen, wenn ich nicht damit vertraut wäre, was
bei euch da draußen vor sich geht? Oder wenn ich, was selten
genug vorkommt, in der Burgkapelle die heilige Messe abhalte und
wüßte bei meiner Predigt nicht, was die Gläubigen so
alles plagt? Nein, nein, ich weiß Bescheid!"
"Nun,
ich will nicht weiter in Euch dringen", sagte Dietrich mit
leisem Lächeln. "Es ist Eure Sache, wie Ihr an Neuigkeiten
kommt, von denen es zur Zeit bei uns nicht wenige gibt - und keine
erfreulichen."
"Ich
weiß, ich weiß! Alles hängt mit deiner jetzigen
Mission zusammen. Sie ist gefährlich wie eine zweischneidige
Messerklinge. Du bist vorübergehend der mächtige Herr der
Ortenburg, aber es ist eine Macht auf Zeit. Solltest du einen
schweren Fehler begehen, wird der Herzog nicht zögern, dich
abzusetzen, und dann bist du wieder ein Niemand!"
Dietrich
nickte nachdenklich und erzählte nun dem Mönch vom
Auftauchen der Slawenschar am Morgen, von den Forderungen ihres
Herolds und von seiner Antwort darauf. Als er geendet hatte, wiegte
sein Gastgeber bedenklich den Kopf. "Klug war es nicht, was du
dem fremden Herold an den Kopf geworfen hast. Slawisches Blut ist
schnell beleidigt, und wenn es aufwallt, folgt die Gewalttat."
Er
stand abrupt auf, was den Wolfshund zu seinen Füßen
veranlaßte, sich ebenfalls rasch aufzusetzen und ihn mit
steilen Ohren anzusehen. Aber der Mönch beachtete das Tier jetzt
nicht. Zu sehr beschäftigte ihn der Bericht Dietrichs.
"Hinhalten hättest du ihn müssen!" rief er
erregt. "Hinhalten erhält bei dem, der fordert, die
Hoffnung aufrecht, daß er bekommt, was er will! Du hättest
Zeit gewonnen."
Dietrich
rieb sich verdrossen die Nase, ehe er etwas vorwurfsvoll antwortete.
"Dazu ist es jetzt zu spät. Ich erhoffte mir einen Rat von
Euch."
Bruder
Josef hob in gespielter Verzweiflung die Arme. "Wie soll ich dir
raten, wenn der Krug bereits in Scherben liegt!"
Einigermaßen
enttäuscht, erhob sich der junge Ritter. "Nun, dann muß
ich eben unverrichteter Dinge zurückkehren."
Er
machte Anstalten, auf sein Roß zuzugehen, das noch immer mit
dem Haselstrauch beschäftigt war, da hielt ihn der Mönch am
Arm zurück. "Komm, komm, mein Junge, sei nicht ungehalten.
Wir werden zusammen einen Weg finden, um die Schlinge, die du dir
selbst um den Hals gelegt hast, zu zerschneiden! Aber zuerst wollen
wir einen Becher Tee trinken!"
Er
nötigte Dietrich mit treuherzigem Lächeln, sich wieder zu
setzen. Dann verschwand er in der Hütte. Greif erhob sich jetzt
vollends, starrte ihm neugierig nach, warf dann einen Blick auf
Dietrich, der vornübergebeugt dasaß und vor sich hin
sinnierte, und ihm nächsten Augenblick verdrückte sich der
Wolfshund ebenfalls in die Hütte. Der junge Ritter merkte es
erst, als er die Stimme des Mönches hörte, die aus der
Behausung tönte.
"Na,
du Ungeheuer, Neugierde ist eine Plage, was? Wenn du nach etwas
Freßbarem suchst, muß ich dich enttäuschen. Hier
gibt's zwar Dinkelmehl und Äpfel, aber das ist wohl nicht nach
deinem Geschmack! Und die mageren Waldmäuse, die dich aus ihren
Schlupfwinkeln hier beobachten, würden dich auch nicht satt
machen!"
Dietrich,
der amüsiert zugehört hatte, grinste vor sich hin. Kurz
darauf erschien der Mönch mit zwei Bechern, in denen der Tee
dampfte und um die er jeweils einen kleinen Lappen zum Schutz für
die Hände
Weitere Kostenlose Bücher