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Die Klinge: Roman (German Edition)

Die Klinge: Roman (German Edition)

Titel: Die Klinge: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Laymon
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abgehauen.«
    »Von wo abgehauen? Wer ist nach Hause gekommen?«
    »Mr. Bryant.«
    » Lester Bryant?«
    Charles nickte. Er schüttete einen Löffel Zucker in seinen Kaffee. Und noch einen.
    »Du …« Einen Augenblick lang hatte Ian das Gefühl, den Bezug zur Realität zu verlieren. Er beobachtete, wie Charles einen dritten Löffel Zucker in den Kaffee gab. Dann einen vierten. Er sah den Löffel in die braune Flüssigkeit eintauchen und rühren. Schließlich murmelte er: »Oh Mann. Die Frau, von der du mir neulich erzählt hast – die verheiratete Frau –, ist Helen Bryant?«
    »Sie hält mich für einen begabten Dichter«, sagte er, als erklärte das alles.
    »Oh Mann.« Ian trank einen Schluck Kaffee. Er schmeck te bitter. Vielleicht war das mit dem ganzen Zucker keine schlechte Idee von Charles. »Wie ist es passiert?«
    »Was?«
    »Das alles. Wie bist du mit einer deiner Lehrerinnen im Bett gelandet?«
    Es wäre viel einleuchtender, wenn die Lehrerin jemand wie Mary Goodwin wäre, dachte er. Mary war nicht so viel älter als die Schüler. Außerdem war sie hübsch, mit einem ordentlichen Vorbau ausgestattet und wild. Aber Helen Bryant? Wie konnte ein gut aussehender Junge wie Charles auf so ein Exemplar stehen? Die Eiskönigin.
    Sie ist nicht mal hübsch.
    Es muss an den sexy Klamotten liegen, die sie trägt, dachte Ian.
    »Sie mochte mich.«
    »Du bist ein Meister der Untertreibung.«
    »Sie hat gesagt, meine Gedichte würden Sensibilität und Einsamkeit ausdrücken. Vor Kurzem haben wir nach der Schule darüber geredet. Am letzten Freitag, glaube ich. Sie hat mich gebeten, ihr eines vorzulesen, und als ich es getan habe, fing sie an zu weinen. Mein Gott, sie hat tatsächlich wegen meines Gedichts geweint und gesagt, es sei bezaubernd … dann hat sie mich geküsst.«
    »Im Klassenzimmer? «
    »Ja. Aber es war nach drei, und niemand war in der Nähe.«
    »Was hast du gedacht, als sie dich geküsst hat?«
    »Zuerst hat es mich irgendwie beunruhigt. Ich meine, sie ist nicht nur eine Frau, sie ist eine Lehrerin, verstehen Sie? Aber dann … hat es mir gefallen.«
    »Ist sonst noch was passiert?«
    »Ja. Sie … wir haben uns überall angefasst. Wir haben uns nicht ausgezogen oder so, aber Sie wissen schon. Und dann hat sie mich gefragt, ob ich sie mal abends treffen möchte. Ich war mittlerweile … ziemlich erregt. Deshalb habe ich ›Klar‹ gesagt, und wir haben uns für Montagabend verabredet.«
    »Und da hattet ihr dann Verkehr in dem Wohnmobil?«, fragte Ian.
    »Genau. Und in der Nacht darauf auch. Wissen Sie, was lustig ist? Ich habe bei ihr in der zweiten Stunde Englisch. Sie hat mich immer besonders behandelt. Wie ihren Lieblingsschüler. Aber jetzt ignoriert sie mich. Sie benimmt sich, als wäre ich gar nicht im Klassenzimmer. Seltsam, oder?«
    »Verständlich. Sie ist einfach vorsichtig. Was ist heute Nacht passiert?«
    »Ich hätte nicht gedacht, dass ich sie sehen würde. Seit Dienstag hatten wir uns nicht mehr getroffen. Ich dachte, sie hätte kein Interesse mehr, deshalb wollte ich mit ein paar Kumpels ins Kino gehen. Aber sie hat mich zu Hause angerufen.«
    »Wer ist drangegangen?«
    »Ich. Zum Glück. Was, wenn Mom oder Dad abgenommen hätten?«
    »So wie ich Helen kenne, hätte sie eine Ausrede parat gehabt.«
    »Gott, die Frau ist verrückt.«
    Könnte gut sein, dachte Ian.
    »Was hat sie am Telefon gesagt?«
    »Dass ihr Mann ohne sie ins Kino gegangen ist. Wie sie es gesagt hat, klang es, als hätte er sich aus dem Staub gemacht oder so. Jedenfalls wollte sie sich mit mir treffen. Also habe ich meine Freunde angerufen und gesagt, dass ich es nicht ins Kino schaffen würde. Dann bin ich zu Helen gefahren. Vorsichtshalber habe ich an der nächsten Ecke geparkt. Ich meine, ich war schrecklich nervös, weil ich zu ihr nach Hause gehen würde. Das hatte ich noch nie getan. Es war, als würde ich, ich weiß nicht, in feindliches Territorium eindringen oder so.«
    »Und der Feind war ihr Mann?«
    »Ich glaube schon. Ich meine, wenn er mich erwischt hätte, wäre ich dran gewesen. Ich hatte wirklich eine Scheißangst wegen der Sache.«
    »Wenn du solche Angst hattest, warum bist du dann hingegangen?«
    »Ich habe darüber nachgedacht, was Sie gesagt haben, Mr. Collins. Darüber, die Angelegenheit zu beenden. Ich dachte, das wäre eine gute Gelegenheit, Schluss zu machen. Ich hatte mir überlegt, dass ich es auf nette Art machen und ihr sagen würde, was für eine coole Frau sie ist und so, dass mich

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