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Die Klinge von Namara: Roman (German Edition)

Die Klinge von Namara: Roman (German Edition)

Titel: Die Klinge von Namara: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kelly McCullough
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noch frisch und süß auf ihrer Zunge haftete.
    »So präzise lässt sich der Knochenformer nicht anwenden«, sagte Hera. »Dank der Launen des Gedächtnisses und dem Mangel an Feinkontrolle innerhalb des Zaubers kann man allenfalls hoffen, so auszusehen wie die Schwester derer, die man früher mal war.«
    »Einige der älteren Horcher erinnern sich gar nicht mehr daran, wie sie ursprünglich ausgesehen haben«, fügte Stal hinzu. »Sie haben ihre Gesichter so oft verändert. Die Namen auch. Das ist eine seltsame Art zu leben. Warum hast du deinen Namen nicht geändert, Aral? Ich hätte gedacht, dass das gerade hier der einfachere Weg für dich hätte sein müssen.«
    Ich nahm einen tiefen Schluck aus der Flasche, während ich darüber nachdachte, was ich darauf antworten sollte. Das war nicht mein erster Schluck gewesen, und die Flasche sah schon jetzt beträchtlich leerer aus als zu dem Zeitpunkt, zu dem wir sie geöffnet hatten. Seit ich zum letzten Mal so viel Alkohol so schnell getrunken hatte, war eine Menge Zeit vergangen. Entsprechend heftig erwischte er mich nun. Ich nahm die Flasche von den Lippen und fing an, sie zwischen den Handflächen zu rollen, gleich unter meiner Nase, um mich von dem derben, torfigen Duft umspülen zu lassen. Das war keine einfache Frage, und alle Antworten, die mir in den Sinn kamen, waren hart. Triss war erstarrt, als Stal diese Frage gestellt hatte, und nun lugte er hinter Heras Rücken besorgt in meine Richtung.
    Und er war es auch, mit dem ich eigentlich sprach, als ich nun das Wort ergriff. »Ich würde gern behaupten, es läge an meiner Dummheit oder an der Gewohnheit oder irgendeinem anderen Versagen dieser Art, aber das wäre eine Lüge. Ich schätze, die aufrichtigste Antwort lautet, dass ich sterben wollte . Ich war zueiner Mission aufgebrochen, als die anderen Götter beschlossen, Namara zu vernichten. Als ich heimkehrte, fand ich meine Göttin ermordet vor, meine Freunde waren tot oder gefangen, der Tempel, mein Zuhause, lag in Trümmern, der Boden war mit Salz bestreut   …« Ich fühlte, wie Tränen eine sengende Spur über meine Wangen zogen und mein Wille zu brechen drohte, also nahm ich noch einen Schluck   – das alles hätte schon seit langer Zeit ausgesprochen werden müssen, doch bis dahin war mir das nie bewusst geworden.
    Triss glitt von der Decke herab, kam zu mir und wickelte sich um meine Füße.
    »Damals dachte ich, dass alles, woran ich geglaubt hatte, alles, was mir etwas bedeutet hatte, gescheitert wäre und es keinen Sinn mehr hätte, noch weiterzumachen. Mehr als alles andere wünschte ich, ich wäre bei der Verteidigung meiner Göttin gestorben. Wenigstens wäre ich dann bei meinen Freunden   … nein, meiner Familie gewesen. Fast noch schlimmer war, dass ich meinen Auftrag erfolgreich abgeschlossen hatte, denn dieser Sieg schien nun so nutzlos zu sein. In Gat war ich gewesen, zufrieden, weil ich meine Pflicht gegenüber meiner Göttin erfüllt hatte, ja, sogar glücklich, dabei hätte ich in Varya sein und sie verteidigen müssen. Wäre Triss nicht, dann hätte ich mir vermutlich neben dem heiligen Teich die Pulsadern geöffnet, um meiner Göttin ein letztes Opfer zu bringen.«
    Hera beugte sich vor und berührte mein Knie. »Es tut mir leid, Aral, dass wir gefragt haben. Ich bin sicher, Stal hatte keine Ahnung   …«
    Stal drehte sich um, sodass sie mich beide anblickten, was wirklich selten vorkam. »Mir tut es auch leid.« Ihre Stimme klang dünn, leise, zerknirscht. »Ich schätze, wenn ich überhaupt nachgedacht hätte, hätte ich es als ziemlich romantisch empfunden. Aral Königsmörder, letzte Klinge der Namara, kämpft immer noch für Recht und Gerechtigkeit und weigert sich sogar noch mitten im Feindesgebiet, seine Identität zu verbergen. Stattdessen hätte ich mir lieber überlegen sollen, wie ich mich fühlen würde, käme ich nach Hause und fände nur noch eine rauchende Ruine vor, dort, wo die Zitadelle steht, und all meine Freunde und meine Familie wären tot. Ich bin eine verdammte Närrin.«
    Ich schüttelte den Kopf. »Schon in Ordnung. Vor einem Jahr wäre es das noch nicht gewesen, aber jetzt schon.« Und so war es in der Tat, ein Umstand, der mich selbst verblüffte. Die Wunde war immer noch da, aber sie blutete nicht mehr. »Die Frage hat sich ganz sachlich ergeben. Ihr könnt nichts dafür, dass ich keine sachliche Antwort für euch hatte. Ich habe es getan, weil ich sterben wollte, mich aber um Triss willen nicht

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