Die Klinge
übermäßig beeindruckt.« Er hob sein Glas. »Ich möchte einen Toast ausbringen auf unsere wunderschöne Sophie und ihren dreißigsten Geburtstag. Alles, alles Gute, meine Liebe...«
Paula war inzwischen an ihrem Tisch angelangt und nahm auf dem leeren Stuhl Platz, den Marienetta ihr zuvor angeboten hatte. Roman Arbogasts Nichte hatte eine leise Stimme, sodass sie sich mit Paula unterhalten konnte, ohne dass ein anderer am Tisch mitbekam, um was es ging.
»Ihr Chef hat Straub ganz schön aus der Fassung gebracht. Das ist ziemlich unüblich für den guten Mann, im Fernsehen wirkt er immer so, als ob ihn nichts so schnell aus der Ruhe bringen könnte.«
»Er hat es förmlich herausgefordert.«
»Stimmt. - O Gott, Sophie ist aufgestanden und will eine Rede halten. Wenn das nur gut geht. Sie hat schon ziemlich viel getrunken. Halten Sie ihr die Daumen. Sie ist erst vor
ein paar Tagen aus Amerika zurückgekommen und leidet immer noch unter dem Jetlag. Und dann noch der viele Alkohol, den sie intus hat.«
»Waren Sie denn auch in den Staaten?«
»Hin und wieder fliege ich rüber, aber Sophie ist viel häufiger dort als ich. Wir haben eine Firma drüben. Aber passen Sie auf, jetzt geht’s los...«
Sophie hatte sich neben einer großen Topfpalme aufgebaut und schwenkte ein halb volles Glas in der Hand, als wollte sie die Anwesenden mit Weihwasser besprenkeln. Als alle still waren, begann sie zu sprechen.
»Ich möchte Ihnen allen danken... Ich möchte Ihnen allen danken... allen danken...«
»Jetzt hat die Schallplatte einen Sprung«, flüsterte Marienetta.
»Danken dafür, dass sie mir die schönste Geburtstagsüber... über...«
»Überraschung«, flüsterte Tweed und beugte sich zu ihr über den Tisch.
»Geburtstagsüberraschung seit langem gemacht haben«, beendete Sophie mühevoll den Satz und hob ihr Glas. »Ein dreifaches Hoch auf Tweed. Und ich möchte noch sagen, wie sehr es mich freut, dass der Vizepräsident der Vereinigten Staaten mir die Ehre erwiesen hat. Bestimmt wird er der nächste Präsident seines Landes. Meine Geschenke mache ich später auf, aber ich sage Ihnen allen jetzt schon mal vielen, lieben Dank.«
Als sie sich erschöpft auf ihren Stuhl zurücksinken ließ, erhob sich donnernder Applaus, der zwei Minuten lang anhielt. Marienetta beugte sich so nahe zu Paula, dass diese das teure Parfüm der Arbogast-Nichte riechen konnte.
»Tweed hat sie gerettet. Ohne ihn hätte sie den Faden nie wiedergefunden. Eigentlich hätte Straub ihr beispringen sollen, aber der hat sich an ihrer Verlegenheit auch noch delektiert. Sehen Sie nur, wie blöd er grinst, dieser Bastard.«
»Sie haben offensichtlich ein ebenso gutes Gehör wie ich«, bemerkte Paula. »Sonst hätten Sie nie gehört, dass Tweed ihr eingesagt hat.«
»Mir hat mal ein Ohrenarzt gesagt, ich könne einen Tischtennisball ins Meer fallen hören. Das liegt bei uns in der Familie. Stört es Sie, wenn ich rauche? Wollen Sie vielleicht auch eine Zigarette?«
»Ja, bitte. Alle heiligen Zeiten gönne ich mir mal eine.« Nachdem Marienetta ihr die Zigarette mit einem juwelenverzierten Feuerzeug angezündet hatte, stellte Paula ihr die Frage, die sie schon den ganzen Abend an sie richten wollte. »Tut mir Leid, wenn ich ausgerechnet jetzt damit ankomme, aber können Sie sich vorstellen, was Holgate mitten in der Nacht an einem gottverlassenen Ort wie Bray zu suchen hatte?«
»Nein, das kann ich beim besten Willen nicht. Auch mein Onkel hat sich bereits diese Frage gestellt und ist zu keinem Ergebnis gekommen. Adam war bei den Angestellten nicht sehr beliebt, aber ich fand ihn sehr nett.«
»Man hat mir erzählt, dass Ihre Firma ein großes, altes Haus ganz in der Nähe des Tatorts besitzt.«
»Das Anwesen heißt Abbey Grange. Onkel Roman fährt nur ganz selten dorthin. Eigentlich hat er es gekauft, um dort mit Geschäftsfreunden in Ruhe verhandeln zu können, aber dann gefiel es ihm doch nicht. Ich selbst mag es auch nicht, allerdings war ich auch erst einmal dort.«
»Beschäftigen Sie jemanden, der sich um das Anwesen kümmert?«
»Zurzeit nicht.« Marienetta schüttelte den Kopf. »Wir hatten einige Hausmeister, aber die haben einer nach dem anderen gekündigt. Im Augenblick steht das Haus leer.«
Aber wer hat dann in der Nacht des Mordes dort das Licht angemacht?, fragte sich Paula.
Straub hatte ein paar Minuten zuvor mit seinen Leibwächtern den Saal verlassen, und die Party begann sich aufzulösen. Paula hatte sich in der
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