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Die Klinge

Titel: Die Klinge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Forbes
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drückte.
    »Wie schön ist es doch, wenn jemand einem nicht nur aufmerksam zuhört, sondern auch noch das tut, was man sagt.«
    »Genau aus diesem Grund bin ich hier, Dr. Seale. Sagen Sie mal, sind Sie eigentlich viel auf Reisen?«
    »Und ob, meine Liebe. Ich bin erst kürzlich aus den Vereinigten Staaten zurückgekehrt.«
    »Und wo waren Sie dort?«
    »In Neuengland. Das Wetter war scheußlich. Überall hingen Eiszapfen an den Häusern, die dort fast alle aus Holz sind. Seltsam, da brüsten sich die Amerikaner immer damit, dass sie alles besser machen als der Rest der Welt, und dann sind sie nicht mal in der Lage, ein anständiges Ziegelhaus zu bauen. Nun ja, wenigstens sind sie ein freundliches, liebenswertes Volk.«
    Sein strenger Gesichtsausdruck wich abermals einem freundlichen Lächeln. Paula dachte, dass er schon eine seltsame Mischung war. Normal oder abnormal? Seale wünschte ihr viel Glück und stand auf. Als er zum Ausgang ging, sprang die Bibliothekarin auf und rief ihm etwas hinterher, was Dr. Seale aber ein weiteres Mal ignorierte.
    Endlich hatte der alte Herr sein Gespräch beendet und stieg langsam die Treppe zum Lesesaal hinauf. Wild entschlossen stand Paula auf und ging auf die Bibliothekarin zu, die sofort den Telefonhörer in die Hand nahm. Diesmal kam sie auf Anhieb durch und verlangte von Tweed, dass
er ihr eine Beschreibung von Paula durchgab. Er antwortete so laut, dass Paula ihn durch das Telefon hören konnte.
    »Jetzt machen Sie mal halblang, gute Frau. Miss Grey ist meine persönliche Assistentin...«
    Ohne die Erlaubnis der Bibliothekarin abzuwarten, eilte Paula die Treppe hinauf und begann sofort mit der Suche nach Jonathan Wylies Buch Geschichte der Exekution. Nirgendwo war jemand zu sehen, der ihr hätte weiterhelfen können, deshalb suchte sie zuerst auf gut Glück unter der Abteilung Englische Geschichte, in der die Bücher leider nicht alphabetisch geordnet waren. Das Glück blieb ihr fern. Also fing sie an, in anderen Abteilungen zu suchen, bis sie schließlich das Buch aus Zufall im Regal für mittelalterliche Landwirtschaft fand. Offenbar hatte es jemand an den falschen Platz zurückgestellt.
    Paula rannte die Treppe hinab und sah zu ihrer großen Erleichterung, dass niemand bei der Bibliothekarin war. Mit einem freundlichen Lächeln legte sie das Buch vor die Frau auf die Theke.
    »Könnten Sie bitte schnell machen? Jetzt habe ich es nämlich eilig.«
    Ein großes, ledergebundenes Registerbuch wurde umständlich aufgeschlagen. »Alles muss eine Ordnung haben«, erklärte die Frau, während sie aufreizend langsam in das Buch schrieb. »Ich brauche Ihren Namen, Ihre Adresse und die Nummer des Mitgliedsausweises«. Paula wartete ungeduldig, bis die Frau alle Daten aufgeschrieben hatte. Vor lauter Hunger fing ihr Magen schon zu knurren an. Als Nächstes mussten das Datum sowie Titel und Autor des Buches peinlich genau festgehalten werden. Paula schien es, als wäre eine kleine Ewigkeit vergangen, bis ihr die Bibliothekarin endlich Wylies Buch aushändigte.
    »Behandeln Sie es pfleglich«, ermahnte die Frau sie. »Es ist unser einziges Exemplar.«

    »Keine Bange«, fauchte Paula. »Hier, ich stecke es in meine Aktentasche. Zufrieden?«
    Ohne eine Antwort abzuwarten, stürmte sie aus der Bibliothek. Draußen war es inzwischen dunkel geworden. Schnellen Schrittes eilte sie zu einem Schnellimbiss am Picadilly und bestellte sich dort zwei Sandwiches und eine Tasse Tee. Bevor sie fettige Finger bekam, holte sie das Buch aus der Aktentasche und blätterte es rasch durch. Es war in einer altertümlichen Schrift gesetzt, die Paula nur mit Mühe entziffern konnte, und beinhaltete eine Menge ziemlich grausiger Illustrationen, die zeigten, wie schrecklich man in früheren Zeiten die Menschen hingerichtet hatte. Auch ein Stich der Exekution des Königs Karl I. aus dem Hause Stuart war darunter. Die Kellnerin brachte die Sandwiches, und Paula steckte das Buch zurück in die Aktentasche.
    Nach ihrem bescheidenen Mahl begab sie sich zum Hotel Brown’s, wo sie Punkt Viertel vor sechs ankam. Marienetta war noch nicht da. Paula hatte sie in puncto Pünktlichkeit geschlagen. Nachdem sie sich auf der Damentoilette etwas frisch gemacht hatte, begab sie sich in die Lobby des Hotels, wo um fünf Minuten vor sechs Marienetta hereinkam, die ein elegantes, dunkelblaues Kostüm, eine hochgeschlossene weiße Bluse und todschicke Schuhe von Ferragamo trug.
     
    »Warum arbeiten wir bei der Aufklärung des

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