Die Klinge
sehe, haben Sie sich schon etwas bestellt.«
Black Jack hob sein Glas, das noch halb voll war. »Das ist mein erster Drink heute Abend. Was darf ich Ihnen denn bringen lassen?«
»Ein Glas Chardonnay, bitte.«
Der Barkeeper hatte sie gehört und brachte das Gewünschte. Entspanne dich, sagte sich Paula. Überlass ihm das Reden. Vielleicht hat er ja wichtige Informationen. Außerdem scheint er ziemlich nüchtern zu sein.
»Sie untersuchen doch den Mord an Mr. Holgate«, begann er. Es klang wie eine Feststellung.
»Wie kommen Sie denn darauf?«
»Wegen Ihres Rufs. Sie geben niemals auf. Genauso wenig wie Tweed.«
»Aber um nicht aufzugeben, müssen wir erst einmal angefangen haben.«
»Entschuldigen Sie bitte«, sagte Black Jack und blickte zur Tür.
Dann rannte er los, und weil er die Tür offen stehen ließ, konnte Paula sehen, was draußen vor sich ging. Black Jack hatte Nathan Morgan am Kragen seines Kamelhaarmantels gepackt und drückte ihn mit dem Rücken gegen den Türstock.
»Was zum Teufel tun Sie da, Morgan? Spionieren Sie mir etwa hinterher?«
»Loslassen«, krächzte Morgan. »Auf der Stelle loslassen, oder ich lasse Sie verhaften...«
»Das würde aber eine feine Schlagzeile geben«, rief Black Jack. »Gestapo-Methoden bei der Special Branch. In Frankreich wird man sich bestimmt darüber freuen. Also verschwinden Sie. Sofort! Ich möchte Ihre hässliche Visage nie wieder in meiner Nähe sehen!«
Paula schaute aus dem Fenster und sah durch die Gardinen, dass Morgan sich draußen auf der Straße den Mantelkragen glattstrich, um dann wie ein begossener Pudel abzuziehen. Black Jack war die Ruhe selbst, als er zum Tisch zurückkam.
»Die Special Branch ist ziemlich mächtig«, sagte Paula mit erhobenen Augenbrauen.
»Die Auslandspresse auch. Die Amerikaner warten nur auf eine solche Story. Journalisten wie Ihr Kollege Bob Newman können unsere Regierung ganz schön ins Schwitzen bringen. Also, wo waren wir stehen geblieben?«
»Sie wollten mir etwas über Adam Holgate erzählen.«
»Stimmt. Holgate hat von irgendwoher eine Menge Geld bekommen. Viel mehr als das, was er bei ACTIL verdient hat.«
»Woher wissen Sie das?«, fragte Paula.
»Er war öfter im Templeton’s, meinem Kasino in Mayfair, und hat sich Jetons im Wert von fünfhundert Pfund und mehr gekauft. Die hat er nach anfänglichen Gewinnen dann meist komplett verspielt. Litt unter einer ziemlich ausgeprägten Spielsucht, der Gute. Ein paar Abende später war er dann meistens wieder da und hat wieder eine große Summe verloren. Allerdings muss die Quelle seines Reichtums irgendwann einmal versiegt sein, eines Tages kam er nämlich zu mir und bat mich um einen Kredit, was ich selbstverständlich abgelehnt habe. Er sah ziemlich mitgenommen aus und sagte, dass er sich das Geld dann eben anderswo beschaffen wolle. Das war in der Nacht, bevor man ihn enthauptet hat.«
»Verstehe«, sagte Paula und trank von ihrem Wein. »Können Sie sich vorstellen, woher Holgates Geld kam?«
»Nein«, antwortete Black Jack mit seinem breiten Grinsen, das bestimmt viele Frauen dahinschmelzen ließ. »Aber es ist mir schon in den Sinn gekommen, dass er vielleicht jemanden erpresst haben könnte. Wenn dem so wäre, hätten wir eine Erklärung für sein grausiges Ende.«
»Mochten Sie ihn eigentlich?«
»Nicht sonderlich. Er konnte ziemlich unangenehm werden. Wenn er am Verlieren war, fluchte er wie ein Fuhrknecht. Ich musste ihn mehrfach ermahnen und öfter sogar Kasinoverbot androhen.«
»Können Sie mir sonst noch etwas über ihn erzählen?«
»Nein.« Er grinste wieder. »Was halten Sie davon, dass wir jetzt austrinken und uns ein klein wenig Entspannung gönnen? Ich würde Sie gern zum Essen ins Santorini’s einladen. Es gibt dort Tische mit herrlichem Blick über die Themse, und ich kriege dort jeden Tisch, den ich haben will.«
»Tut mir Leid, aber ich habe noch eine Verabredung«, log Paula.
Das Grinsen verschwand aus seinem Gesicht, als ob es jemand mit einem Schwamm weggewischt hätte. Schweigend trank er seinen Whisky aus und schaute dabei ins Leere. Wahrscheinlich überlegt er sich seinen nächsten Schachzug, dachte Paula.
»Ich fahre Sie zurück zur Park Crescent«, sagte er schließlich. »Mein Wagen steht draußen.«
»Das ist sehr nett von Ihnen«, sagte Paula, während sie fieberhaft nachdachte. Sein Wagen? Draußen?
Sie verließen das Lokal und gingen nach links, vorbei an der kleinen Straße, in der zuvor die Gestalt mit dem
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