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Die Klinge

Titel: Die Klinge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Forbes
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einer ebenso langstieligen Schaufel an Bord zu holen.
    »Die Männer dachten, sie könnten uns helfen«, erklärte Beck. »Aber wir lösen das Problem auf unsere Weise.«
    Die Bahre schwebte jetzt genau über der Wasseroberfläche, und zwei Taucher schoben einen schwarz glänzenden Leichensack darauf.
    »Vorsichtig«, rief eine aufgeregte Fistelstimme auf Französisch. »Ihr dürft den Leichensack auf keinen Fall beschädigen. Langsam! Stellt euch vor, der Kerl würde noch leben. Vorsichtig, hab ich gesagt!«
    Ein kleiner, untersetzter Mann in einem bis oben hin zugeknöpften Trenchcoat lief neben dem Lastwagen aufgeregt am Kai auf und ab, ohne den Leichensack auch nur eine Sekunde aus den Augen zu lassen.

    »Das ist Dr. Zeitzler, der Pathologe aus Zürich«, sagte Beck. »Er ist sehr darauf bedacht, dass nichts den Zustand der Leiche beeinträchtigt, bevor er die Autopsie durchgeführt hat. Und damit hat er natürlich Recht.«
    Der Sack lag nun auf der Bahre, die von dem Kran vorsichtig nach oben gehievt wurde. Dann schwenkte der Arm des Krans nach innen und setzte die Bahre unmittelbar vor einem wartenden Krankenwagen aufs Pflaster der Uferpromenade.
    »Es ist durchaus möglich, dass es jemand ist, den wir kennen«, sagte Paula leise. »Möglicherweise können wir das Opfer identifizieren.«
    »Dann kommen Sie alle drei mit mir«, sagte Beck und brachte sie zu dem Pathologen, der sich bereits über den Leichensack beugte.
    »Dr. Zeitzler«, sagte er auf Englisch, »hier ist jemand, der eventuell die Leiche identifizieren kann. Wenn möglich, sollte das gleich geschehen, damit ich mit meinen Ermittlungen beginnen kann.«
    »Ich werde den Leichensack aber nur ein paar Zentimeter öffnen«, erwiderte Dr. Zeitzler, ebenfalls auf Englisch. »Sonst fällt mir die Dame bei dem Anblick noch in Ohnmacht. Soviel ich weiß, soll die Leiche keinen Kopf mehr haben.«
    »Ich halte schon was aus«, beruhigte ihn Paula.
    Der Pathologe streifte ein Paar Latexhandschuhe über und ging auf die andere Seite des Leichensacks. Dann warf er Paula einen prüfenden Blick zu, bückte sich und zog langsam und vorsichtig den Reißverschluss ein paar Zentimeter auf.
    Plötzlich flammte ein starker, auf einen Lieferwagen montierter Scheinwerfer auf und tauchte Dr. Zeitzler in ein gleißendes Licht. Beck formte aus beiden Händen ein Sprachrohr und schrie auf Französisch: »Machen Sie sofort den verdammten Scheinwerfer aus!«

    Nichts geschah. Beck wartete einen Augenblick, dann gab er dem Polizisten neben ihm ein paar Anweisungen. Der Beamte hob seinen Karabiner, zielte sorgfältig und schoss. Der Scheinwerfer zerbarst mit einem lauten Klirren, und das Licht verlosch.
    »Die fackeln hier nicht lange«, sagte Tweed bewundernd. »Wenn unsere Polizei auch so wäre, würde die Kriminalitätsrate in Großbritannien schlagartig sinken.«
    Paula wappnete sich innerlich für den Anblick, der ihr bevorstand. Die Leiche hatte tatsächlich keinen Kopf, aber das war nicht das Schlimmste. Als Paula die nassen, schlaff herunterhängenden Spitzen eines altmodischen Vatermörderkragens sah, spürte sie, wie ihr etwas die Kehle zuschnürte. Sie räusperte sich und sagte mit tonloser Stimme:
    »Das ist - das war - Dr. Abraham Seale, der renommierte Kriminologe. Wir haben ihn erst kürzlich in London kennen gelernt.«

18
    »Ich brauche ganz dringend eine abhörsichere Telefonleitung«, sagte Tweed.
    »Kommen Sie mit aufs Polizeirevier«, sagte Beck. »Ich habe selbst dort zu tun. Es ist nicht weit.«
    Der Krankenwagen, der Dr. Abraham Seale nach Zürich bringen sollte, war schon weg. Dr. Zeitzler war mit der Leiche mitgefahren. Er wollte sie unter keinen Umständen aus den Augen lassen, bis er seine Obduktion an ihr durchgeführt hatte.
    Beck ging voran, und Tweed, Paula und Newman folgten ihm. Von den Bäumen am Seeufer tropfte der Regen. Paula erinnerte sich wehmütig daran, dass Montreux ihr bei ihrem letzten Besuch wie eine Oase des Friedens vorgekommen war. Diesmal war das völlig anders. Während sie einen kleinen Hügel hinaufstiegen, erzählte Tweed dem schweizerischen Kollegen alles, was er über Seale wusste. In der Polizeistation wies Beck seinen Gästen einen eigenen Raum mit Telefonanschluss zu. Tweed setzte sich und wählte die Nummer der Park Crescent.
    »Hallo, Monica, ich muss schnell machen. Wir sind in Montreux, und soviel ich weiß, beschäftigen Sie sich in Ihrer Freizeit doch mit Genealogie...«
    »Stimmt. Ich habe mal meinen Stammbaum

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