Die Klingen der Rose: Ein unwiderstehlicher Schurke (German Edition)
einige Bücher zu dem Thema dabei.«
Was wäre Athene ohne ihre Bücher? »Deshalb ist dein Gepäck so verdammt schwer. Und ich habe schon gedacht, du hättest einen Mühlstein eingepackt, falls wir Getreide mahlen müssen.«
Athene verzog das Gesicht zu einer Grimasse, was ihr aufgrund ihres angeschlagenen Zustands nicht schwerfiel. Dann kämpfte sie sich zurück unter Deck. Während er ein Segel richtete, hatte Kallas das Steuer einem seiner Männer überlassen. Athene bemühte sich, sicheren Schrittes an ihm vorbeizugehen, als spaziere sie über die elegante Plateia Kolonaki und nicht über das wankende Deck eines bescheidenen Kaiks. Kallas tat so, als bemerke er sie nicht, doch Bennett beobachtete lächelnd, wie der Kapitän, sobald sie vorbei war, auf seiner Pfeife herumkaute. Selbst in der angeblichen Freiheit der offenen See entkam man dem ewigen Tanz zwischen Männern und Frauen nicht.
Bennett sah, dass Kallas der geborene Seemann war. Der Kapitän folgte dem schnittigen Dampfschiff der Erben im genau richtigen Abstand. Nur ein Ausguck mit schärfsten Adleraugen könnte überhaupt eine Spur des Kaiks entdecken. Für den Rest sorgte Athenes Zauberspruch.
Bennett hielt sein Gesicht in den Wind und beobachtete, wie die Dämmerung ihren Schleier über Himmel und Wasser legte. Bald würden die ersten Sterne zum Vorschein kommen. Er hoffte, dass ihnen keine klare Nacht bevorstand. Für ihren Plan brauchten sie den Schutz der Dunkelheit.
Vielleicht hatte Athene recht. Hätte es sich bei dem Sprachspezialisten der Erben um einen Mann gehandelt, vielleicht auch noch um einen fetten Mann, wäre Bennett vermutlich weniger geneigt gewesen, ihn zu entführen. Es konnte sich als schwierig erweisen, musste man sich mit so einem Koloss abschleppen, und gerade in kühlen Nächten machten Bennett seine Knie manchmal zu schaffen. Noch mehr sorgte ihn allerdings sein Interesse an London Harcourt. Er hätte gern geglaubt, dass ihn nur ihr hübsches Gesicht und ihr schlanker Körper anzogen. Schließlich bot sie einen überaus erfreulichen Anblick. Es reizte ihn, sie zu berühren und die Geheimnisse ihres Körpers zu erforschen – das ging ihm bei jeder anderen verführerischen Frau genauso.
Doch das war es in diesem Fall eben nicht allein. Schon in den wenigen Minuten, die sie miteinander verbracht hatten, faszinierten ihn ihre strahlende Intelligenz und ihr intensives Verlangen nach Unabhängigkeit. Sie war keine behütete Jungfrau, die ihre Unschuld verlieren wollte. Sie war kein gelangweiltes Hausmütterchen auf der Suche nach einem flüchtigen Abenteuer. London Harcourt empfand brennende Sehnsucht nach dem Leben, nach echten Abenteuern. Genau wie er. Nur hatte er das Glück, als Mann auf die Welt gekommen zu sein. Das Leben bot ihm ein Festmahl, während London Harcourt nur zuschauen durfte und darben musste. Wie herrlich es doch wäre, sie davon kosten zu lassen.
Wenn sie allerdings je hinter seine wahre Identität kam, würde er gar nichts mehr mit ihr anstellen.
Er schüttelte lachend den Kopf über sich, als seien seine Gefühle nichts weiter als die Folge unbefriedigter Lust. Dass er von einer Frau geträumt hatte, war sehr lange her. Die Frauen, die er begehrte, bekam er auch. Er bot seinen Liebhaberinnen nur flüchtige Zuneigung, doch das nahmen sie hin. Dann zog er zur nächsten weiter. Und es gab immer eine nächste.
Diese Frau hingegen konnte oder durfte er nicht haben. Kein Wunder, dass ihn das reizte. Aber er sollte sich eigentlich um dringendere Dinge sorgen – darum zum Beispiel, wie er sich an Bord der Erben schleichen sollte, vorbei an den bewaffneten Wachen, Edgeworth und diesem verdammten Fraser, um ihnen eine Frau gewissermaßen vor der Nase wegzustehlen.
Bei dem Gedanken daran summte Bennett ein altes Seemannslied.
»Wenn man bedenkt, dass wir uns heute Nacht in die Hölle wagen müssen«, brummte einer der Matrosen, »sind Sie ja geradezu unanständig fröhlich und gelassen.«
Bennett grinste. »Ich genieße die kleinen Herausforderungen, die das Leben für uns bereithält.«
* * *
»Brauchen Sie sonst noch etwas, Madam?«, fragte Sally.
London wollte sich gerade die offenen Haare bürsten. Nun musterte sie ihre Zofe in dem Spiegel, den sie vor sich an einen Zinnbecher gelehnt hatte. Sally hatte lange genug gegen ihre Seekrankheit angekämpft, um London aus ihrem Kleid zu helfen. Doch es schien leider ein Kampf zu sein, den die Zofe nicht auf Dauer gewinnen konnte.
»Den Rest der Nacht
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