Die Klingen der Rose: Jenseits des Horizonts (German Edition)
zog seine Stiefel an, steckte seine Pistole und sein Messer ein und schlüpfte in seine Jacke. »Vielleicht hatten die Erben ihre Hand im Spiel.«
Thalia nahm ein frisches Unterkleid aus ihrem Gepäck, zog sich fertig an und schüttelte den Kopf. »Wir sollten mit Bold und Oyuum reden «, schlug sie vor, »sie aber nicht befragen oder verhören. Sie haben sich bislang als sehr großzügige Gastgeber erwiesen. Ich darf sie nicht beleidigen.« Vollständig bekleidet baute sich Thalia vor Gabriel auf. Als er sich auf den Weg zur Tür machen wollte, legte sie ihre Hände auf seine Brust. »Und das Reden übernehme ich .«
Er brummte, sah jedoch ein, dass sie sich davon nicht abbringen ließ. »Wenn irgendetwas verdächtig ist«, schwor er, »bin ich aber derjenige, der die Knochen bricht. Du begibst dich nicht in Gefahr.« Thalia wollte protestieren, aber er war genauso dickköpfig wie sie. »Ist das klar?«
Als sie einsah, dass sie an ihm nicht vorbeikam, erwiderte sie trocken. »Ja, Sir.«
Sein Blick glitt hinunter zu ihren Händen. Augenblicklich verschwand der strenge Soldat, und sein Blick wirkte weich und warm und so unglaublich wundervoll, dass es beinahe schmerzte. Er nahm ihre Hände in seine und gab ihr einen Handkuss, allerdings nicht wie ein Kavalier, denn in seinen goldfarbenen Augen blitzte unverhohlene Lust auf.
»Das gefällt mir sehr«, sagte er und knabberte an ihren Fingerspitzen. »Eine Armee, die aus zwei Personen besteht.«
»Wer hat die Befehlsgewalt?«, fragte sie und rang nach Luft.
Wie anzüglich er lächelte. »Wir wechseln uns ab.«
Ihre Frage würde sich ohnehin wie ein Vorwurf anhören. Deshalb fand Thalia, es sei am besten, so direkt wie möglich zu sein. Natürlich stritten Bold und Oyuun ab, Thalia oder Gabriel etwas ins Essen oder die Getränke getan zu haben. Besonders Oyuun wirkte von der Frage verletzt, und Thalia konnte ihr das nicht verübeln. Die Mongolen nahmen ihre Gastfreundschaft sehr ernst. Somit äußerten ihre Gäste Zweifel an einem der wichtigsten Grundsätze ihrer Kultur. Bald würde sich bei allen Hirten herumgesprochen haben, dass die weiße Mongolin das war, was man als ungnädigen Gast bezeichnete. Thalia und ihr Vater wären nirgends mehr willkommen.
»Dieser große Mann gestern auf dem Nadaam «, erklärte Thalia schnell, »gegen den Gabriel Guai am Ende gekämpft hat, gehört zu einer Gruppe von Männern, die uns und der gesamten Mongolei schaden will. Wir versuchen, sie aufzuhalten.«
»Was wollen sie?«, fragte Bold steif.
»Das darf ich euch um eurer eigenen Sicherheit willen nicht sagen.« Sie wandte sich mit flehendem Blick an Oyuun, die Thalia mehr wie eine jüngere Schwester, nicht wie einen Gast behandelt hatte. Jetzt wirkte sie enttäuscht. »Bitte versteht doch, diese Männer sind gefährlich und skrupellos. Sie könnten euch überredet oder sogar gezwungen haben, Gabriel Guai und mir Drogen zu verabreichen.«
Oyuun schwieg mit angespannter Miene.
»Diese Männer könnten uns selbst etwas ins Essen getan haben, ohne dass ihr etwas davon wisst«, fügte Gabriel hinzu, was Thalia übersetzte.
»Ich habe selbst gekocht und das Essen keinen Moment aus den Augen gelassen«, erklärte Oyuun. »Auch den Tee habe ich persönlich in diesem Kessel gebrüht.« Sie schritt zum Herd und hielt das fragliche Objekt hoch, einen alten Metallkessel, der aussah, als wäre er seit Generationen in Gebrauch. »Ich habe das Fleisch in diesem Topf gekocht«, fuhr sie fort und schritt zu einem abgenutzten Kochtopf, in dem sie jetzt Milch kochte.
Thalias Aufmerksamkeit blieb an etwas hängen. »Darf ich den Teekessel einmal sehen?«
Wortlos schob Oyuun Thalia den Kessel in die Hände und verschränkte anschließend die Arme vor der Brust.
Mit einem Schritt stand Gabriel neben Thalia, woraufhin sie errötete. »Sag mir, was du siehst«, murmelte er.
Auch wenn sie ihre Reaktion auf Gabriels Nähe nicht unterdrücken konnte, konzentrierte sie sich auf den Kessel in ihren Händen. »Dieser Kessel«, antwortete sie ruhig, während sie ihn in den Händen drehte, »stammt nicht aus der Mongolei. Er ist chinesisch. Er unterscheidet sich von den landesüblichen in der Form, ebenso im Metall. Seltsam.« Außerdem fiel ihr sein unglaubliches Alter auf. Nachdem sie gemeinsam mit ihrem Vater viele Gegenstände und Artefakte aus der Mongolei und ihren Nachbarregionen untersucht hatte, konnte Thalia ein Stück aufgrund bestimmter Indizien zeitlich einordnen. Das Gewicht, die
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