Die Klingen der Rose: Jenseits des Horizonts (German Edition)
Wahrscheinlich hatte er Sternchen in den Augen wie irgendein Narr in einem Roman von Walter Scott. Doch er fühlte sich nicht wie ein Narr. Er fühlte … sie.
»Alles über die Quelle «, erklärte Thalia nachdrücklich. Doch sie errötete etwas. »Sag ihm, wohin wir reisen.«
Batu kniff die Augen zusammen, stimmte jedoch zu. »Ich suche mein Gepäck zusammen und mache mich auf den Weg.« Er machte ein paar Schritte, blieb stehen und streckte Gabriel seine Hand entgegen. »Macht man das so?«
Gabriel schluckte seine Überraschung hinunter. Er hatte angenommen, dass Batu ihn eher kastrieren als ihm die Hand reichen würde. »Ja«, erwiderte er und schlug ein. »Du bist ein guter Mann, Batu. Ein guter Soldat.«
»Sie auch, Huntley Guai «, erwiderte er ernst. »Ohne Sie wären wir ziemlich verloren gewesen. Ich wäre längst tot.« Mit einem bedeutungsvollen Blick auf Thalia fügte er hinzu: »Und ich traue Ihnen zu, dass Sie das Richtige tun.«
»Batu!«, kreischte Thalia.
»Ich tue mein Bestes«, erwiderte Gabriel. »In jeder Beziehung.«
Das schien dem treuen Diener zu genügen. Er ließ Gabriels Hand los, drehte sich zu Thalia um und schloss sie rasch in die Arme. Batu sagte etwas auf Mongolisch, bevor er auf Englisch mahnte: »Pass auf dich auf, Kind.« Seine Stimme klang belegt.
»Das mache ich. Du auch«, sagte Thalia und murmelte noch etwas auf Mongolisch. Sie hielt den Mann fest, den sie fast ihr gesamtes Leben kannte. Er stand ihr so nah wie ein Verwandter, vielleicht sogar näher. Er hatte ihr beigebracht, wie man ritt, und ihr geholfen, den unaussprechlichen Kummer über den Tod ihrer Mutter zu überwinden. Er hatte gespürt, wenn sie verletzt war, und aufgepasst, dass ihr nichts zustieß. Erschöpft wie er war bekam Gabriel feuchte Augen, als er die bedingungslose Liebe zwischen den beiden alten Freunden spürte.
Dann riss sich Thalia mit trauriger, entschlossener Miene von Batu los. »Sag meinem Vater, dass ich ihn liebe. Und ich werde dafür sorgen, dass er und die Klingen der Rose stolz auf mich sein können. Das schwöre ich.«
»Sie werden Erfolg haben, Thalia Guai «, entgegnete Batu und blinzelte. Nachdem er sich mit dem Ärmel die Augen gewischt hatte, schritt er hastig aus dem Ger , als fürchtete er, sich im nächsten Augenblick zu blamieren.
Jetzt waren Gabriel und Thalia allein im Ger . Einen Moment sahen sie sich schweigend in die Augen, bevor er zu ihr trat und seine Arme um sie legte. Sie fühlte sich stark und lebendig an. Endlich kannten sie die Quelle und wussten, was sie zu tun hatten. Die Erben würden kommen, und sie waren zum Äußersten entschlossen. Beim Kampf um die Quelle machten sie vor nichts halt und töteten jeden, der ihnen im Weg stand, selbst eine Frau.
Er war froh, dass es keine weiblichen Soldaten gab. Wenn er sich in eine Soldatin verliebt hätte, wäre jeder Tag in der Armee, jeder Tag im Angesicht des Todes, die Hölle gewesen. Er hätte ständig Angst gehabt, dass ein wertvolles Leben verloren ginge.
»Versuch nicht, mich mit ihm wegzuschicken«, erklärte sie entschieden.
»Das würde ich am liebsten tun. Ja«, erwiderte Gabriel, und als sie protestieren wollte, fuhr er fort, »aber ich werde es nicht versuchen. Es ist dein Recht, die Quelle zu schützen. Genau wie es mein Recht ist, dich zu beschützen. Ob du willst oder nicht.«
Ihre Gesichtszüge wirkten weicher, und sie verschränkte ihre Hände in seinem Nacken. »Ich wünschte, ich wüsste, was auf uns zukommt. Ich wünschte, ich wüsste, dass wir eine Zukunft miteinander haben.«
Zum ersten Mal seit langer Zeit spürte Gabriel, wie belastend der Wunsch nach einer Zukunft war. Vor allem wenn man wusste, dass dieser Wunsch vermutlich nicht in Erfüllung ging. Ein Krieg forderte immer Opfer. Er konnte nur versuchen zu verhindern, dass sie nicht zu ihnen gehörte.
Für Kriege brauchte man Soldaten, und Henry Lamb wusste, dass er zusammen mit Edgeworth und Tsend, so motiviert sie auch sein mochten, eine ziemlich armselige Armee darstellte. Deshalb hatte Lamb Tsend losgeschickt, um eine anständige Gruppe Söldner anzuheuern. Der Mongole beschwerte sich zwar, dass man ihn mit einer so niederen Aufgabe betraute, doch Lamb musste den Mistkerl dafür bestrafen, dass er den Rubin nicht gewonnen hatte.
Schließlich hatte sich herausgestellt, dass es sich bei dem Rubin gar nicht um die Quelle handelte. Was für eine Ironie. Lamb und Edgeworth hatten sich über den verzauberten Falken, der über dem
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