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Die Klingen der Rose: Jenseits des Horizonts (German Edition)

Die Klingen der Rose: Jenseits des Horizonts (German Edition)

Titel: Die Klingen der Rose: Jenseits des Horizonts (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Zoe Archer
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Anwesenheit sehr deutlich wahrgenommen. Thalia hatte sich in der Gegenwart von Männern immer wohlgefühlt, doch Hauptmann Huntley wirkte durch seine Größe und sein Auftreten so überaus männlich , dass sie sich in seiner Nähe nicht entspannen konnte. Seine goldfarbenen Augen, seine Whiskystimme, seine körperliche Präsenz, die beinahe das Zelt sprengte – all das verband sich zu einer Droge, der sie nicht verfallen durfte. Einem Opiat von der Art des Hauptmanns durfte sie sich nicht anvertrauen. Ihre unmittelbare, heftige Reaktion auf seine Gegenwart beunruhigte sie. Und das erschreckte sie noch mehr, bis sie das Gefühl hatte, einem Gespenst hinterherzujagen und sich im Kreis zu drehen.
    In Kürze spielte das alles keine Rolle mehr. Sie würde Hauptmann Huntley mutig gegenübertreten und darauf bestehen, dass er nach England zurückkehrte. Eigentlich war es ihr ganz egal, wohin er ging, nach Brasilien oder auf die Malediven oder wohin auch immer. Hauptsache, er ließ sie in Ruhe. Dann würde auch ihr Interesse nachlassen, was dringend nötig war.
    Batu und sie erklommen die Anhöhe und ritten hinunter in das kleine Tal, wo sie die Pferde tränken und eine Pause machen wollten. Selbst weit im Norden der gewaltigen Wüste Gobi herrschte stets Wasserknappheit. Auch wenn die Zeit drängte, nutzte es ihnen nichts, die Pferde anzutreiben, denn durstige Pferde ermüdeten schneller. Besser, sie verloren hier und da ein paar Minuten, sonst hatten sie später ein deutlich größeres Problem.
    Das Tal besaß die Form einer Tasse und war ringsum von Hügeln umgeben. Am Flussufer standen ein paar vereinzelte Bäume. Als sie das Wasser erreichten, stiegen sie ab und tränkten die Pferde. Die Tiere tauchten dankbar ihre Mäuler in das frische kühle Nass, und Thalia hockte sich an das Ufer, um aus den hohlen Händen zu trinken. Sie schloss die Augen und genoss das klare, erfrischende Wasser. An seiner Sauberkeit bestand kein Zweifel. Einen See oder einen Fluss zu verschmutzen, stellte in den Augen eines Mongolen eine schwere Sünde dar, und alle Nomaden achteten sorgsam darauf, diese Kostbarkeit sauber zu halten. Während Thalia einen großen Schluck aus dem Fluss trank, dachte sie an die dreckige Themse. An ihrem matschigem Ufer liefen Frauen und Kinder auf und ab und hofften, in dem mitschwimmenden Müll etwas Wertvolles zu entdecken. Man erzählte sich, dass von der Themse sogar giftiger Nebel aufstieg, der sich als dichter gelber Schleier über London legte. Dann konnte man weder weit sehen noch atmen. Das verstand sie nicht. Wieso erkannten die Londoner nicht den Zusammenhang zwischen sauberem Wasser, ihrer Gesundheit und der ihrer Stadt?
    Als hätte sie mit ihren Gedanken den Engländer heraufbeschworen, hörte Thalia, wie hinter ihr Steine aufwirbelten. Das musste der Hauptmann sein. Sie stand auf und bereitete sich darauf vor, ihm zwar überaus freundlich, aber unmissverständlich klarzumachen, dass sie und ihr Diener allein weiterreisen würden. Als sie sich umdrehte, vergaß sie schlagartig ihre freundliche Zurückweisung, denn ihr gefror das Blut in den Adern.
    Zwanzig Fuß von ihr entfernt stand, kühl lächelnd und mit sorgsam geschniegelten blonden Haaren, Henry Lamb. In seiner Begleitung Jonas Edgeworth, der nicht lächelte. Sein schwarzer Schopf glänzte, sein Schnurrbart war streng gestutzt. Sie trugen beide die teuerste Expeditionskleidung, die die Bond Street zu bieten hatte, sowie Revolver an den Hüften. Daneben standen drei Mongolen von zweifelhafter Erscheinung, die ein halbes Dutzend gesattelter und bepackter Pferde am Zügel hielten. Einer der Mongolen – mit einer breiten gewölbten Brust, kräftigen Armen und dem Blick eines Raubtiers – überragte die anderen. Er trug ein abgewetztes Del und auf dem Kopf einen zerbeulten europäischen Hut, an seinem Gürtel hing ein gefährliches Jagdmesser. Wahrscheinlich konnte er mit bloßen Händen ein Kamel in Stücke reißen. Der riesige Mongole ängstigte sie jedoch nicht annähernd so wie die gepflegten englischen Herren. Sie wich instinktiv zurück und versuchte, an das Gewehr an ihrem Sattel zu kommen.
    »Bitte, Miss Burgess«, sagte Lamb, hob beschwichtigend die Hände und schenkte ihr erneut ein kühles Lächeln, »es ist nicht nötig, dass Sie auf niedere Gewalt zurückgreifen.«
    »Ich glaube, da wäre Tony Morris anderer Meinung«, erwiderte Thalia. Sie versuchte, gleichgültig zu klingen und sich ihre Angst nicht anmerken zu lassen, doch sie

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