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Die Klingen der Rose: Jenseits des Horizonts (German Edition)

Die Klingen der Rose: Jenseits des Horizonts (German Edition)

Titel: Die Klingen der Rose: Jenseits des Horizonts (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Zoe Archer
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Dort bereiten sie das Essen zu, und dort schlafen auch die Kinder. Die rechte Seite ist den Männern vorbehalten.« Tatsächlich stand auf der rechten Seite neben einigen Sätteln ein Mann und begrüßte die Besucher. Von den Betten über die rot bemalten Regale bis hin zu dem schmückenden Schrein auf der nördlichen Seite des Gers stimmte alles genau mit der Einrichtung überein, das Gabriel in Urga gesehen hatte. »Es ist eine alte Sitte, die nie gebrochen wird«, erklärte Thalia. »So fühlt man sich überall zu Hause«, ergänzte sie.
    Nach fünfzehn Jahren in Zelten und Kasernen, die weder besonders eindrucksvoll noch bequem und schon gar nicht häuslich waren, gefiel Gabriel die Vorstellung, überall ein Zuhause zu finden, seltsamerweise gut.
    Der Mann, mit dem Thalia zuvor gesprochen hatte, wandte sich nun an Gabriel, doch er konnte ihm zur Antwort bloß die Hand schütteln. Thalia trat rasch zu ihnen und sprach weiter auf Mongolisch, was Batu übersetzte.
    »Das ist mein Cousin aus England. Er spricht kein Mongolisch.«
    »Willkommen in meinem Haus, Cousin«, erklärte der Mann, und Batu übersetzte. Gabriel bemerkte, dass er ein etwas eleganteres Del als alle anderen trug, Manschetten und Saum waren aus Seide. Der Anführer.
    Gabriel gab sich nicht damit zufrieden zu schweigen und wiederholte Thalias Ausruf von vorhin. »Nokhoi Khor« , sagte er mit einer leichten Verbeugung.
    Der Anführer schien verwirrt, Thalia unterdrückte ein Lachen, und die Kinder kicherten. »Sie haben gerade gesagt, er solle seinen Hund festhalten«, flüsterte sie.
    »Ich halte wohl lieber den Mund«, murmelte Gabriel und spürte, wie er errötete. So viel zu internationaler Diplomatie. Ab jetzt würde er sich aufs Schießen und aufs Erkunden der Gegend beschränken.
    Sie tauschten weitere Höflichkeiten aus einschließlich Fragen über das Mästen von Vieh, über Pferde und Familienmitglieder, und zwar genau in dieser Reihenfolge. Danach wurde Gabriel in den nördlichen Teil des Zeltes gelotst, wo sich, wie Thalia ihm zuraunte, der Ehrenplatz befand. Er setzte sich auf den Boden, Thalia nahm rechts, Batu links von ihm Platz. Während sie höflich Konversation betrieben, kam der Anführer auf Gabriel zu, zog einen seidenen Beutel aus seinem Del hervor und ließ sich auf ein Knie nieder. Der Anführer berührte mit der linken Hand seinen rechten Ellbogen, zog eine kleine Flasche aus dem Beutel und reichte sie erwartungsvoll Gabriel.
    »Sie müssen mit ihm Schnupftabak tauschen. Das ist so Sitte«, erklärte Thalia, als Gabriel sie fragend ansah. »Das tun alle Männer zur Begrüßung.«
    »Ich besitze keinen Schnupftabak. Nur Zigarren.«
    »Das ist egal. Es ist so üblich, als Zeichen der Freundschaft.« Sie erklärte ihm leise, was er zu tun hatte, und Gabriel folgte ihren Anweisungen. »Nehmen Sie ein Stück Schnupftabak zwischen Daumen und Zeigefinger. Genau so. Jetzt schnupfen Sie es. Gesundheit«, fügte sie hinzu, als er nieste. Der Anführer lachte gutmütig. »Reichen Sie ihm die Flasche zurück und tun Sie so, als wollten Sie ihm Ihre eigene Flasche geben. Einfach so.« Gabriel versuchte, sich nicht wie ein Idiot zu fühlen, als er so tat, als würde er dem mongolischen Anführer eine Flasche Schnupftabak reichen. Niemand schien das seltsam zu finden, und sie wiederholten die seltsame Pantomime.
    »Und Sie?«, fragte Gabriel Thalia.
    »Das machen nur die Männer.«
    Das Ritual wiederholte sich zwischen Batu und dem Anführer.
    Anschließend wandte Letzterer sich an Thalia, während Batu übersetzte. »Wir haben schon von Ihnen gehört. Mein Bruder ist in Urga gewesen und hat von einem englischen Mongolen und seiner Tochter berichtet.« Eine treffende Beschreibung von Franklin und Thalia Burgess, die weder der einen noch der anderen Nationalität angehörten, sondern eine Art Mischung darstellten. Es kam häufig vor, dass Menschen sich fern von zu Hause auf die eine oder andere Weise den Einheimischen anpassten. Manchmal schienen die Bemühungen absurd; dann wirkten die Auswanderer traditioneller als die Einheimischen selbst, als versuchten sie, sich in der fremden Kultur zu verlieren. Irgendwie hatte Franklin Burgess genau das richtige Maß gefunden, das bewies er durch seine Tochter. Gabriel fragte sich langsam, ob er sich jemals an den Anblick einer in ein Korsett gezwängten Engländerin mit einer Turnüre auf dem Hinterteil gewöhnen würde, nachdem er gesehen hatte, wie frei sich Thalia bewegte. Sie war so anders als

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