Die Klingen der Rose: Jenseits des Horizonts (German Edition)
ihre Grenzen.
Es war ein Rubin. Kein einfacher Rubin, sondern groß wie eine Kinderhand und blutrot, in dem sich auf faszinierende Weise das Licht fing. Der Stein war nicht geschliffen, doch auch ohne glatte Oberflächen gehörte er zu dem Unglaublichsten, was Gabriel je gesehen hatte. Er musste Hunderttausende Pfund wert sein, wenn es für so etwas überhaupt einen Preis gab.
»Das ist der Gewinn des Nadaam -Wettbewerbs«, fuhr Bold, von Batu übersetzt, fort. »Der Sieger lebt für ein Jahr bei unserem Stamm und hat die Ehre, den Rubin zu bewachen. Jedes Jahr muss er seine Ehre aufs Neue verteidigen oder sie einem stärkeren Gegner überlassen. Anders als andere Nadaam -Feste richten wir unseres in Form eines Turniers aus, um dadurch den besten Mann für diese Aufgabe zu ermitteln.«
Der Mann mit der Kiste sagte etwas zu Bold, das Batu nicht übersetzte. Und wieder schien der Anführer dem Mann zu gehorchen und legte den Rubin auf ein blaues Seidenkissen zurück in die Kiste. Der Mann schloss augenblicklich den Deckel und verließ das Ger , wobei er wachsam um sich blickte. Er wäre ein hervorragender Soldat.
Thalia sprach mongolisch und wandte sich dann auf Englisch an Gabriel: »Ich habe ihm gesagt, dass ich von diesem Rubin beeindruckt bin.«
»Er gehört mir nicht«, erwiderte Bold. »Er gehört unserem Stamm. Er befindet sich seit vielen Generationen in unserem Besitz, und jede Generation lernt von der vorherigen, ihn zu verehren und zu schützen.«
»Woher stammt er?« Wieder benutzte sie beide Sprachen, damit Gabriel folgen konnte.
Batu übersetzte die Antwort des Anführers: »Wir wissen es nicht. Es gibt natürlich Geschichten darüber, aber keine gilt als gesichert. Woher er kommt, spielt keine Rolle. Es ist nur wichtig, dass wir ihn sicher bewahren.«
Das kleine Kind, das auf Bolds Schoß gesessen hatte, fiel auf einmal vornüber und schrie. Während Oyuun und Bold den Jungen aufhoben und trösteten, wandte sich Thalia an Gabriel.
»Das muss die Quelle sein«, raunte sie ihm leise und eindringlich auf Englisch zu.
»Sicher?«
»Was sonst?«
»Es ist bestimmt der Rubin von Dschinghis Khan«, pflichtete Batu ihr bei.
»Es existiert eine Legende«, erklärte Thalia schnell. »Als Dschinghis Khan geboren wurde, hielt er einen Blutklumpen in seiner Hand, das Geheimnis seiner Macht. Einige mutmaßen, dass es kein Blutklumpen, sondern ein Rubin gewesen ist.« Sie blickte zum Eingang des Gers , wo der Wächter des Rubins kurz zuvor gestanden hatte. » Jener Rubin. Er muss bewirken, dass die Blumen dem Stamm folgen und das ganze Jahr hindurch blühen.«
Gabriel wollte antworten, doch nachdem er das schreiende Kind beruhigt hatte, wandte Bold seine Aufmerksamkeit wieder seinen Gästen zu.
Thalia sprach mit dem Anführer, übersetzte ihre Worte diesmal jedoch nicht für Gabriel.
»Sie will an dem Nadaam -Turnier teilnehmen, Gabriel Guai «, erklärte ihm Batu mit großen Augen.
»Was?«, fragte Gabriel.
Bold sagte im selben Moment etwas auf Mongolisch, das so ähnlich klang wie: »Du?«
Thalia wandte sich an Gabriel: »Wie gut können Sie mit Pfeil und Bogen umgehen?«, fragte sie auf Englisch.
»Ich habe noch nie einen benutzt«, erwiderte er schockiert. »Immer nur Feuerwaffen. Und einmal eine Kanone.«
Sie deutete auf sich selbst, während sie mit Bold sprach.
»Schwester«, sagte der Anführer, und Batu übersetzte, »du kannst nicht teilnehmen. Wenn du gewinnst, musst du ein Jahr bei unserem Stamm leben. Aber was noch wichtiger ist, an unserem Nadaam nehmen nur Männer teil.«
Gabriel hatte sich einigermaßen gesammelt und knurrte: »Auf keinen Fall nehmen Sie teil. Ich weiß nicht, was das für ein verdammtes Turnier ist, aber Sie machen nicht mit. Ich trete an.«
Thalia sah ihn wütend an, aber er gab nicht nach. Er wollte sie um jeden Preis beschützen. Und wenn körperliche Gefahr drohte, ließ er auf keinen Fall zu, dass sie sich dem aussetzte. Er besaß vielleicht nicht den Verstand eines Catullus Grave, aber dafür hatte Gabriel Muskeln.
Thalia sprach mit Bold, ohne ins Englische zu übersetzen, sodass Gabriel auf Batu angewiesen war. »In England ist es ganz normal, dass Frauen kämpfen.« Sie ignorierte Gabriels Fluchen. »Es gibt sogar eine berühmte Kriegskönigin. Boudicca hat einen ruhmreichen Krieg gegen die Römer geführt.« Und auf Englisch zischte sie Gabriel zu: »Keine Befehle, Hauptmann. Wenn wir den Rubin haben wollen, muss ich teilnehmen.«
Da er wusste, dass er
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