Die Klingen der Rose: Jenseits des Horizonts (German Edition)
versucht, sie vor langer Zeit von den Klingen der Rose abzuwerben. Grotesk, zum Verrücktwerden.
Lamb nahm einen beruhigenden Zug aus seiner Pfeife. Wie immer half der Rauch, sein finsteres Temperament zu zügeln, dessen Grausamkeit Edgeworths Brutalität weit übertraf.
»Diese Sache, hinter der wir her sind«, Tsend ließ nicht locker, »welche Kraft besitzt sie? Kann sie uns Reichtum bescheren?«
»Besser.«
»Was ist besser als Geld?«
»Macht. Dieselbe Macht, mit der Dschinghis Khan fast die gesamte Welt regiert hat. Die mongolische Armee hat zwischen China und Arabien und noch weiter bis nach Ungarn jeden vernichtet, der sich gegen sie gestellt hat, und sich jede Nation zu Untertan gemacht. Dazu hat Dschinghis Khan eine Quelle benutzt.«
Tsend runzelte die Stirn und versuchte, zu verstehen, was seinen begrenzten Horizont überstieg. »Was bewirkt die Quelle des Großen Khans?«
»Vermutlich kann sie eine kleine Armee groß und gefährlich machen«, überlegte Lamb. »Hundert Männer könnten die Kraft von tausend besitzen. Ein einziges Regiment könnte Nationen erobern und vernichten.« Schon allein bei der Aussicht konnte Lamb seine Aufregung kaum beherrschen. »Die britische Armee ist die beste der Welt, aber wir verfügen nur über eine begrenzte Anzahl an Soldaten. Sobald ich die Quelle besitze, ist Großbritannien in der Lage, die Welt zu erobern und zu kontrollieren. Hier in der Äußeren Mongolei, wo Dschinghis Khans Aufstieg begonnen hat, liegt der Anfang. Wir gehen weiter nach Russland, vernichten dort endlich diesen Störenfried und ziehen wieder ab.«
»Ist die Quelle so mächtig?«
»Das muss sie sein«, sagte Lamb grimmig. »Die Erben in England besitzen die Urquelle. Sie verstärkt die Energie aller Quellen, sodass jede Quelle von der tausendfachen Kraft durchdrungen ist. Einschließlich der, nach der wir hier in der Mongolei suchen.« Er sagte nicht, dass sie die Funktionsweise der Urquelle noch nicht entschlüsselt hatten, doch das spielte keine Rolle. Die Macht gehörte den Briten, den Erben und Lamb persönlich.
Beinahe übermütig schritt Lamb auf und ab. »Jedes Land, jede Nation wird zur britischen Kolonie. Nicht nur Asien und Afrika, auch ganz Europa und Amerika. Es gibt kein Frankreich mehr. Keine Vereinigten Staaten.« Der britische Löwe würde die Welt beherrschen, so, wie es immer gedacht war. Mit Lamb und den Erben von Albion als Befehlshaber. In dieser Welt war für die Klingen der Rose kein Platz.
»Darf ich diesen Engländer mit dem Mädchen umbringen?«, fragte Tsend, von der Weltherrschaft unbeeindruckt. »Er hat auf mich geschossen, und ich will ihn töten.«
»Guter Mann«, Lamb zog glücklich an seiner Pfeife, »wenn wir diesen Soldaten finden, darfst du ihn mit meinem Segen zu Brei schlagen.« Was den Soldaten anging, würde er den gleichen Fehler nicht noch einmal machen. Mit Thalia Burgess hatte Lamb noch einiges vor, bevor er sich ihrer ebenfalls entledigte, aber das behielt er für sich.
Ein Freudenschrei unterbrach Lambs Gedanken. Er und Tsend blickten hinüber zu einem triumphierenden Edgeworth. »Ich habe es geschafft! Komm her und sieh dir das an, Lamb!«
Lamb und der Mongole traten zu Edgeworth, der ihnen sein Werk präsentierte. »Sehr gut, Edgeworth«, lobte Lamb. Der Kerl war nicht nur ein Einfaltspinsel.
Ausnahmsweise schien auch Tsend beeindruckt, als sie gemeinsam Edgeworths Leistung bewunderten. Es roch intensiv nach Erde. Darunter brannte fröhlich das Feuer der Magie.
Gabriel wurde das Gefühl nicht los, dass man sie beobachtete. Er hatte im weiten Umkreis alles erkundet und sorgfältig untersucht. Doch in seinem Nacken und auf seinen Armen kribbelte es, als begleiteten unsichtbare Augen sie auf ihrer Reise durch die Steppe. Er traute seinem Instinkt zu sehr, als dass er das Gefühl einfach ignorieren konnte, aber ihm fehlten Beweise. Doch irgendetwas war nicht in Ordnung, und es ärgerte ihn, dass er nicht wusste, was oder warum, oder wie er Thalia vor der unsichtbaren Bedrohung schützen konnte.
Womöglich vermochte eine Waffe gegen Magie nichts auszurichten, aber er ging lieber auf Nummer sicher. Gabriels Gewehr lag beim Reiten jetzt griffbereit auf seinem Schoß. Je näher sie der Quelle kamen, desto größer wurde die Gefahr eines Angriffs durch die Erben. Darauf war er vorbereitet. Fast wünschte er sich, dass die Erben sie angriffen, damit Warterei und Unsicherheit ein Ende hatten. Er konnte endlich etwas tun, anstatt bloß die Zeit
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