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Die Klingen der Rose: Jenseits des Horizonts (German Edition)

Die Klingen der Rose: Jenseits des Horizonts (German Edition)

Titel: Die Klingen der Rose: Jenseits des Horizonts (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Zoe Archer
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Federn.« Er berührte vorsichtig die mit Perlen und Korallen besetzten Schnüre, die von ihrem silbernen Kopfschmuck herabhingen und in einem tiefen, anmutigen Bogen von Schläfe zu Schläfe reichten. Der mit weiteren Perlen und Korallen geschmückte Kopfschmuck saß wie ein Diadem auf ihrem Kopf. Die dicken dunklen Haare waren zu einem schweren Zopf geflochten, der von einer Silberspange gehalten wurde und bis zur Mitte ihres Rückens reichte. Gabriels Blick glitt tiefer und betrachtete den feinen, aufwendig bestickten Del aus smaragdgrüner Seide und die goldene Schärpe um ihre Taille. Dieser Del war länger und leichter als der, den sie täglich trug, und betonte ihre weiblichen Reize. An dem Leuchten in Gabriels Augen merkte sie, dass ihm gefiel, was er sah.
    »Von Oyuun«, erklärte Thalia. Etwas zwischen ihnen hatte sich verändert. Auf einmal kam sie sich schüchtern vor und empfand Scham wie ein junges Mädchen, das sich noch nicht lange in der Gesellschaft von Männern bewegte. »Vielmehr von ihrer Schwägerin. Sie hat meine Größe.«
    »Ich muss mich später bei beiden bedanken.« Er strich mit dem Finger über die Stickerei an ihrem Kragen und berührte dabei ihren Hals. Lust sammelte sich zwischen Thalias Beinen.
    Mit ein paar Scherzen versuchte sie, davon abzulenken, dass sie ihn am liebsten sofort an sich gerissen und in der Menge geküsst hätte. Sie hob den Blick zu dem mongolischen Hut auf seinem Kopf. »Sieht aus, als hätte der Stamm Sie aufgenommen.«
    Er zog die Hand zurück, um nach dem Hut zu tasten, als hätte er ganz vergessen, dass er ihn trug. »Ich bin mehr ihr Maskottchen«, sagte er sarkastisch.
    »Nein, es ist selten, dass sie einen Fremden so schnell akzeptieren. Das hat etwas mit Respekt zu tun. Sie arbeiten hart. Und morgen nehmen Sie am Nadaam teil.«
    »Zusammen mit einer Frau.«
    Sie reagierte angespannt und wachsam: »Wir sind uns doch einig … «
    »Wenn es einen anderen Weg gäbe, würde ich mich sofort anders entscheiden«, entgegnete er ohne Umschweife. »Aber ich sehe keine andere Möglichkeit. Wenn jemand diese Kerle besiegen kann, dann ich. Und Sie. Und«, fügte er mit einem entwaffnenden Grinsen hinzu, »ich wette, wenn ihre Partnerinnen so hübsch wären wie Sie, würden sie alle gern als Team antreten.«
    Sein Kompliment färbte ihre Wangen dunkelrot. »Schmeichler«, rügte sie ihn.
    Gabriels Blick verfinsterte sich. »Ich schmeichele Ihnen nicht, es ist die Wahrheit.«
    »Gut … danke.« Sie wandte ihre Aufmerksamkeit dem Geschehen in dem Zelt zu. »Das Singen beginnt«, sagte sie.
    In der Mitte des Zeltes hatte man eine kleine Fläche frei geräumt. Dort nahmen ein paar Männer mit einer Morin Khuur , der in der Mongolei sehr beliebten Pferdekopfgeige, Platz. In der Menge kehrte Ruhe ein. Lachend wurden ein paar Männer und Frauen, deren Freunde oder Verwandten sich ein Lied wünschten, nach vorne geschoben.
    »Das versetzt mich doch nicht etwa in eine Art magische Trance?«, flüsterte Gabriel Thalia von hinten ins Ohr.
    »Keine Magie«, flüsterte sie zurück, »nur Musik.«
    Die Männer zogen die Bögen über die Geigen, die zwischen ihren Knien klemmten, und der Raum füllte sich mit den intensiven traurigen Klängen der weiten Steppen. Dann begann eine Frau zu singen, ein Urtin Duu , ein langes Lied. Ein altes, sehr beliebtes Lied, das Thalia schon oft gehört hatte und sie immer wieder tief berührte.
    »Sie klingt so traurig«, flüsterte Gabriel. »Singt sie ein Liebeslied?«
    »Sie singt ein fröhliches Loblied auf die vollen grünen Wiesen, die ihr Volk ernähren«, übersetzte Thalia.
    »Für meine Ohren hört es sich nicht sehr fröhlich an.«
    »Mongolische Musik hat immer einen melancholischen Klang, egal wie fröhlich das beschriebene Ereignis sein mag.«
    »Wie das Leben«, murmelte er.
    Thalia drehte den Kopf zur Seite, ihr Gesicht war nur einen Fingerbreit von Gabriels Mund entfernt. Als sie seine Lippen betrachtete, begriff sie, dass die Unsicherheit mit jedem Tag zunahm. »Genau wie das Leben.«
    Die Angehörigen des Stammes sangen in Gruppen und allein, und Thalia realisierte, dass sie Gabriel nicht die Wahrheit gesagt hatte. Das Lied wirkte in gewisser Weise magisch, denn es vereinte die Menschen im Zelt. Selbst wenn man die Worte nicht verstand, wirkten Stimme und Instrumente verzaubernd. Sie berührten einen tief im Innern, wo Sprache und Form keine Rolle spielten. Sie liebte sowohl europäische als auch mongolische Musik, allerdings auf

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