Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Klinik

Die Klinik

Titel: Die Klinik Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Noah Gordon
Vom Netzwerk:
,Nennen Sie mich Maish’, sagte er. Nun, jedenfalls, letzten Monat wurde er in den frühen Morgenstunden ausgeschickt, um einen Burschen in Dorchester zu holen. Anscheinend litt der Patient an Schlaflosigkeit, und eines Nachts konnte er nicht schlafen. Das Geräusch eines tropfenden Wasserhahns in der Küche machte ihn wahnsinnig.
    Also kletterte er aus dem Bett und ging hinunter, um ihn zu reparieren.« Spur rülpste. »Verzeihung. Jetzt hören Sie zu. Der Mann gehört zu den Leuten, die nur in der Pyjamajacke schlafen. Keine Hose, verstehen Sie. Also er geht in den Keller, um seinen Franzosen oder so etwas zu holen. Und im Keller halten sie ihren großen, ordinären, alten Kater. Auf dem Rückweg in die Küche vergißt der Mann die Kellertür zu schließen und liegt auf allen vieren unter dem Abwaschbecken und dreht das Wasser ab – vergessen Sie nicht, unten herum nichts an –, als lieb Katerlein leise heraufgeschlichen und herein kommt, dieses gewisse seltsame Ding sieht und –«, die schwarze Hand hob sich, die Finger bogen sich zu Krallen, dann fuhr sie hinunter.
    »Nun, natürlich fährt der Mann kerzengerade hoch und haut sich fürchterlich den Kopf an der Unterseite des Abwaschbeckens an. Es ist nur eine leichte Gehirnerschütterung, und als Meyerson und sein Begleitarzt eintreffen, ist der Mann wieder bei Bewußtsein. Sie tragen ihn aus dem Haus, als Meyerson ihn fragt, wie es geschah, und als es ihm der Mann erzählt, muß Maish derart lachen, daß ihm die Krankentrage aus den Händen rutscht, der Mann fällt hinunter und bricht sich die Hüfte. Jetzt prozessiert er mit der Distriktverwaltung.«
    Es war eher ihre Müdigkeit als die Geschichte selbst, die beide umwarf. Sie lachten, schüttelten sich, brüllten, die Tränen liefen ihnen über die Wangen, sie hätten sich in ihrer Torheit herumgewälzt, wären sie dem Dachrand nicht so nahe gewesen. Die plötzliche, unerwartete Erheiterung kam tief aus ihren Bäuchen herauf, und die durch die eben vergangenen sechsunddreißig Stunden angestaute Spannung entlud sich so heftig, wie eine eng zusammengedrückte Feder hochschnellt. Mit nassen Wangen strampelte Adam mit den Beinen, und sein Fuß traf eine leere Dose. Sie schlitterte auf der Teerpappe dahin und verschwand über den Dachrand.
    Sie fiel. Und fiel.
    Und klatschte schließlich auf den Beton des Hofes.
    Die beiden warteten schweigend und atmeten dann gleichzeitig auf. »Ich sehe lieber nach«, flüsterte Adam.
    »Lassen Sie das mich tun. Angeborene Tarnung.« Spurgeon kroch nach vorn und schob den Kopf Zoll um Zoll über den Dachrand.
    »Was sehen Sie?«
    »Nichts als eine Blechdose«, sagte er. Er lag mit der Wange auf dem Dachrand. Die Ziegel waren noch immer warm von der Sonne des langen Tages. Ihn schwindelte vor Müdigkeit und Erheiterung und zuviel Bier. Mit mir und diesem Haus kann es vielleicht doch noch ganz gut werden, sagte er sich.
     
    Später in der Nacht verlor er seinen Optimismus. Es war noch heißer, Wärmeblitze zuckten durch die Dunkelheit, aber es kam kein Regen. Spur lag nackt auf dem Bett und vermißte Manhattan. Als nebenan jedes Geräusch einer Bewegung erstarb und er sicher war, daß Silverstone schlief, nahm er die Gitarre und spielte leise im Dunkel, zuerst herumklimpernd, dann jedoch ernsthaft improvisierend, eine fortlaufende namenlose Melodie, eine, die er noch nie gehört hatte, aber die für ihn sprach und erzählte, was er fühlte, eine Mischung aus Einsamkeit und Hoffnung. Erst nach zehn Minuten hörte er zu spielen auf.
    »He«, sagte Silverstone. »Wie heißt das?« Spur antwortete nicht.
    »He, Robinson!« rief Silverstone. »Mensch, das war großartig. Spielen Sie das noch einmal, ja?«
    Spur lag still. Er hätte es nicht wieder spielen können, selbst wenn er gewollt hätte. Dieses Haus, dachte er, keine Abgeschlossenheit, aber eine schöne Akustik. Die Blitze flammten und riefen hie und da ein murmelndes Donnern herauf. Noch zweimal heulte der Krankenwagen. Ein phantastischer Klang für ein Musikstück, dachte er. Man müßte Hörner verwenden.
    Schließlich aber verwandelte er den Klang in Schlaf, ohne erkannt zu haben, daß das möglich war.

3
 
HARLAN D LONGW O OD
    Als die Rechtsanwälte Harland Longwoods in den ersten Augusttagen die Bedingungen für den Treuhandfonds aufgesetzt hatten, rief er Gilbert Greene an, den Vorsitzenden des Verwaltungsrates des Krankenhauses, und bat ihn, in sein Büro zu kommen, um die Klauseln seines Testaments mit ihm

Weitere Kostenlose Bücher