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Die Klinik

Die Klinik

Titel: Die Klinik Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Noah Gordon
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und ihn überredet, nach seiner eigenen Pensionierung die Leitung der Abteilung zu übernehmen.
    Longwood hatte seine Privatpraxis aufgeben müssen, hatte es jedoch nie bedauert. Er brach, soweit er konnte, mit seinen bisherigen Lebensgewohnheiten. Im folgenden Herbst verkaufte er die Farm, wobei er einen Profit von 5000 Dollar von einem Buchhalter namens Rosenfeld ausschlug, um sie einem Rechtsanwalt aus Framingham, Bancroft, zu verkaufen. Rosenfeld und seine Frau schienen nette Leute zu sein, und er erzählte keinem seiner Freunde je von ihrem Angebot. Er wußte, daß Frances wütend darüber gewesen wäre, und dennoch war ihm der Gedanke unerträglich, daß das Bauernhaus, das sie geliebt hatte, nun Leuten gehört hätte, die so ganz anders waren als sie.
     
    Er schüttelte den Kopf und stellte die Brandyflasche nach kurzem Kampf zurück.
    Er war nie ein großer Trinker gewesen, aber in letzter Zeit hatte er eine leichte genüßliche Neigung für Brandy entwickelt, genährt durch die vernünftige Überlegung, daß der Alkoholgehalt von Brandy fast völlig metabolisiert wird und daher als eine Art Verordnung ad usum proprium betrachtet werden konnte.
    Als die ersten Symptome auftauchten, hatte er den Verdacht auf eine Prostatavergrößerung. Er war einundsechzig, gerade in dem Alter, in dem das wahrscheinlich wurde.
    Die Aussicht, sich einer Prostatektomie unterziehen zu müssen, war ärgerlich; es bedeutete, daß er Urlaub nehmen mußte, und er begann eben mit einem Projekt, das er jahrelang mit sich herumgeschleppt hatte, einem neuen Lehrbuch über Allgemeine Chirurgie.
    Aber es war nicht die Prostata.
    »Haben Sie in letzter Zeit Halsschmerzen gehabt?« hatte ihn Arthur Williamson gefragt, als er den Internisten endlich aufgefordert hatte, ihn zu untersuchen. Es war genau die Frage, die er erwartet hatte, und sie ärgerte ihn.
    »Ja. Nur einen Tag. Vor ungefähr zwei Wochen.«
    »Haben Sie eine Bakterienkultur anlegen lassen?«
    »Nein.«
    »Haben Sie ein Antibiotikum genommen?«
    »Es waren keine Streptokokken.«
    Williamson hatte ihn angestarrt. »Wieso wissen Sie das?«
    Aber sie vermuteten beide, daß es doch Streptokokken gewesen waren, und irgendwie wußte er mit einer seltsam resignierten Gewißheit, noch bevor die Tests durchgeführt waren, daß die Infektion seine Nieren beschädigt hatte. Williamson überwies ihn sofort an Kender.
    Sie hatten ein arteriovenöses Verbindungsstück in eine Vene und eine Arterie seines Beins eingeführt.
    Von Anfang an war er ein sehr schlechter Patient, der sich gefühlsmäßig im selben Augenblick gegen die Nierenmaschine wehrte, in dem er an sie angeschlossen wurde.
    Der Apparat war laut und unpersönlich, und während des Blutwäschevorgangs, der vierzehn Stunden dauerte, lag Longwood unruhig auf dem Bett, litt an heftigen Kopfschmerzen und versuchte vergeblich, mit den Karteiblättern zu arbeiten, auf denen er das Material für das erste Kapitel des Buchs gesammelt hatte.
    »Oft sprechen die Nieren sofort an und beginnen nach einigen Behandlungen mit der Maschine wieder zu funktionieren«, sagte Kender aufmunternd.
    Aber er machte das obszöne Ritual mit der verdammten Maschine einen Monat lang zweimal wöchentlich durch, und es stellte sich heraus, daß seine Nieren nicht reagierten, und ihn nur der Apparat am Leben halten würde.
    Sie gaben ihm feste Behandlungszeiten, jeden Montag und Donnerstag abend um 8 Uhr 30.
    Er sagte alle Operationstermine ab und spielte mit dem Gedanken, ganz abzutreten, entschied dann jedoch – wie er hoffte – leidenschaftslos, daß er als Verwalter und Lehrer zu wertvoll war. Er machte weiterhin täglich Visiten.
    Am Donnerstag, der siebenten Woche an der Maschine, ging er jedoch, aus einem plötzlichen Entschluß heraus, einfach nicht ins Nierenlabor. Er hinterließ die Nachricht, sie sollten an seiner Stelle einen anderen Patienten an die Maschine anschließen.
    Vielleicht würde Kender versuchen, ihn zu überreden, an die Maschine zurückzukehren, aber der Nierenspezialist unternahm am nächsten Tag nichts, um ihn zu sprechen.
    Zwei Abende später bemerkte er, daß seine Knöchel infolge eines Ödems angeschwollen waren. Er lag den größten Teil der Nacht wach, rief morgens zum erstenmal seit Jahren seine Sekretärin an und sagte ihr, daß er heute nicht kommen würde.
    Einige Kapseln erlaubten es ihm, bis zwei Uhr zu schlafen. Er erwachte nervös und gereizt, machte sich etwas Suppe aus der Dose, die er nicht wirklich wollte,

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