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Die Kluft: Roman (German Edition)

Die Kluft: Roman (German Edition)

Titel: Die Kluft: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Doris Lessing
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uns keine Kinder geboren werden, das weißt du. Aber du gehst einfach weg – und wer sorgt dann dafür, dass wir schwanger werden? Niemand wird da sein. Also werden keine Kinder kommen, Horsa.«
    Als die Frauen hörten, was Maronna sagte, mussten sie sich zwangsläufig auf ihre Seite schlagen, auch wenn sie all das gerade erst begriffen. Da standen sie nun, die Frauen, und starrten die Männer an, allesamt Söhne, von ihnen geboren. Wenn ich mir bei uns in Rom eine Menschenmenge ansehe, denke ich oft daran, dass jeder Einzelne von einem weiblichen Wesen geboren worden ist, und wenn es je ein allgemeines Los oder Schicksal gegeben hat, so muss es dieses sein.
    Die Frauen, die neben Maronna standen, waren allesamt Mütter, und jedes der männlichen Wesen war von einer Frau gewiegt, versorgt, gefüttert, gewaschen, geohrfeigt, geküsst und unterrichtet worden … das ist eine so bedeutsame und schlagende historische Tatsache, dass ich mich wundern muss, warum wir sie uns nicht öfter ins Gedächtnis rufen.
    »Und, Horsa, was machen wir jetzt? Hast du dir das überlegt?«
    Das hatte er nicht. War es ihm also »gleichgültig« – wie sie sagte? Horsa glaubte nicht, dass es ihm gleichgültig war. Er hatte einfach nicht überlegt. Wenn er nun also wegging und alle erwachsenen Männer mitnahm, würden keine Kinder mehr zur Welt kommen, keine Menschen, ja, da hatte sie recht.
    Es verwirrte ihn, wie ungeheuer überzeugend das war – wie zwingend. Ein Zwang, der ihn denken, der ihn akzeptieren ließ, dass er achtlos und unverantwortlich war, genau wie sie sagte. Obgleich ihn ihre Vorwürfe wie immer stur und widerspenstig machten, konnte er ihr diesmal nicht sagen, er höre ihr gar nicht zu und sie nörgle immer nur und beklage sich, denn im Stillen gab er ihr recht.
    Wir besitzen eine anschauliche Schilderung dieser Szene. Die Frauen standen im Halbdunkel und fröstelten wahrscheinlich in ihren Gewändern aus Fischhaut, die glitzerten und schimmerten, aber kaum wärmten. Ganz in ihrer Nähe standen dicht beieinander die Männer, die höchstwahrscheinlich bärtig waren und wie üblich Tierfelle trugen. Wenn eine Meeresbrise eine Lage Pelz von einer Schulter oder einem Kopf hob, war kaum zu sagen, ob es sich um Fell oder um einen Bart oder um den Schwanz eines Waldtiers handelte.
    Den Aufzeichnungen nach »versöhnten« sich Maronna und Horsa an diesem Abend. Ich frage mich, wie das Wort dafür ursprünglich gelautet hat. Wie konnten sie sich »versöhnen«, wenn die Gründe, weshalb sie sich angeschrien hatten, nach wie vor bestanden?
    Ich weiß, dass alle ein Festmahl abhielten, einen alkoholischen Sirup tranken, den die Männer erfunden hatten, und Waldfrüchte aßen. Es ist natürlich schwer, während eines Festmahls weiterhin wütend zu sein. Ob es zur Versöhnung gehörte, sich zu vereinigen? Es ist bekannt, dass Horsa Maronna bewunderte, doch über Maronnas Zuneigung zu Horsa wissen wir nichts, wenn es sie denn gab.
     
    Wir Römer müssen annehmen, dass es zur Vereinigung kam – doch ist es denkbar, dass einmal eine Zeit kommt, in der man den Römern vorwirft, dass sie diesen Dingen zu viel Bedeutung zumaßen? Ja, wahrscheinlich. Doch das ist nur das Gerede eines alten Mannes.
     
    Wie die Verhandlungen auch immer verliefen, in einer Sache können wir sicher sein: Die beiden wussten, welche Schwierigkeiten Kinder machten, denn in beider Geschichtsschreibung wird berichtet, dass es eine unruhige Nacht war, weil die kleinen Jungen nach Aufmerksamkeit verlangten, ob sie wachten oder schliefen. Diejenigen, die wussten, dass sie mit Horsa gehen durften, waren aufgeregt und gaben an, was vielleicht daran lag, dass sie wegen der Jungen nicht schlafen konnten, die bei Maronna blieben, denn diese hatten Albträume und sahen überall mörderische Schweine. Die Jungen, die auf der Waldlichtung gelebt hatten, verspotteten die anderen und sagten, dass sie sich die Schweine nur eingebildet hätten, aber es war nicht zu leugnen, dass zwei kleine Jungen ums Leben gekommen waren, und alle Kinder hatten sie gekannt. Albträume und Schreie im Schlaf, Tränen und Streitereien und Wutanfälle … die Mädchen mussten die ganze Nacht Kinder beruhigen, obwohl sie eigentlich mit den Männern zusammen sein wollten, zumal ihnen klar geworden war, dass die Männer für längere Zeit fort sein würden.
    Als der Morgen kam, waren alle lustlos und übermüdet, und die Kinder – nun, benahmen sich wie kleine Kinder. Horsa hatte

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