Die Knickerbocker Bande 01 - Rätsel um das Schneemonster
verstehen können. Auf jeden Fall klang sie sehr wütend und barsch. Das Funkgespräch hatte nicht lange gedauert. Gleich darauf war die Fahrt weitergegangen.
Seit diesem ersten Stopp waren Stunden vergangen. So kam es Poppi zumindest vor. Sie hatte Angst. Große Angst. Die Ungewissheit, was nun geschehen würde, jagte ihr Furcht ein.
Die Bremsen quietschten, und das zarte Mädchen wurde gegen die Wand des Transporters geworfen. Sein Entführer funkte wieder. Das erkannte Poppi sofort an den Geräuschen.
Gleich darauf riss er die Ladetür auf und versuchte nach ihr zu greifen: »Raus da!«
Poppi kroch zaghaft nach vorne. Der Mann packte sie am Arm und zerrte sie ohne Rücksicht auf blaue Flecken aus dem Wagen. Poppi fiel auf eine schneebedeckte Fahrbahn. Ehe sie sich noch umschauen konnte, war der Gangster wieder in das Auto gesprungen und mit Vollgas davongerast.
Poppi rappelte sich auf und versuchte irgendetwas zu erkennen. Sie musste sich auf einem Feldweg befinden. Sie fror fürchterlich und klapperte vor Kälte laut mit den Zähnen. Wohin sollte sie gehen?
Ein Auto brummte in der Ferne. Das Brummen wurde lauter und lauter.
Kommt der Entführer zurück? – schoss es Poppi durch den Kopf. Sie wollte sich gerade hinter einem Schneehügel verstecken, als zwei gelbe Lichter aus der Dunkelheit auftauchten. Poppi stand mitten im Lichtkegel.
Das Fahrzeug hielt, und eine Frau sprang heraus.
»Ja, Mädchen, was machst denn du da? Mitten in der Nacht?« rief sie und lief auf Poppi zu. Diese starrte sie eine Sekunde stumm an, dann fiel sie der Frau um den Hals und begann zu schluchzen.
Tilly hatte in dieser Nacht kaum ein Auge zugetan. In ihrer erdbeerroten Cordhose und ihrem weißen, flauschigen Pullover saß sie auf dem Bett, den Kopf gegen die Wand gelehnt. Es war kurz vor zwei Uhr in der Früh, als sie endlich einschlief.
Sie träumte von Poppi, die durch eine dunkle Gasse humpelte und nach Hilfe schrie. Tilly sah sich selbst im zweiten Stock am Fenster stehen. Sie streckte die Hand nach Poppi aus, aber natürlich reichte sie nicht hinunter.
»Geh durch die Tür!« rief sie ihr zu. Aber das Haus hatte keine Tür, Poppi presste ihren Daumen auf einen Klingelknopf, und schrilles Surren erfüllte das Haus.
Tilly schlug die Augen auf. Das Schrillen war kein Traum. Das war wirklich da. Es kam vom Telefon. Sie riss den Hörer ans Ohr. »Ja, hallo?«
Es war der Gendarmerieposten von Ötz. Eine Ärztin hatte ein Mädchen namens Paula Monowitsch auf einem Waldweg gefunden.
»Ist die Kleine ausgerissen?«
»Nein, bestimmt nicht«, erwiderte Tilly, »was sagt sie denn selbst?«
»Sie hat irgendetwas von einer Entführung geredet. Völlig wirr allerdings. Die Ärztin hat ihr ein leichtes Beruhigungsmittel gegeben. Sie schläft jetzt.«
»Wir kommen sofort!« Tilly drückte den Finger auf die Gabel und wählte dann die Zimmernummer des MädchenApartments.
Es war bereits hell, als die Knickerbocker-Bande – nun wieder vollzählig – mit Tilly die Gendarmerie verließ. Ein Kriminalbeamter sollte später noch einmal mit Poppi reden, aber vorerst musste sie sich von dem Schreck erholen.
»Wir nehmen uns ein Zimmer beim Himmel-Wirt, gleich hier in Ötz. Ich kenne den Besitzer«, teilte Tilly den Kindern mit. »Wir fahren frühestens morgen nach Kitzbühel zurück. Erstens möchte ich euch das Ötztal ein wenig zeigen ...« Sie hielt inne und biss sich auf die Lippe.
Lieselotte glaubte ihr das natürlich nicht. »Das ist doch nicht der Grund. Wir wollen Ski fahren und wir haben unsere Ski in Kitzbühel. Tilly, warum machst du so ein besorgtes Gesicht?«
Tilly deutete stumm auf Poppi und gab den anderen zu verstehen, dass sie im Augenblick vor dem aufgeregten Mädchen nicht darüber sprechen wollte. Lilo, Axel und Dominik verstanden das.
Sie setzten sich ins Auto und fuhren zum Himmel-Wirt. Als die schläfrige Poppi endlich im Bett lag und die Aufregungen der vergangenen Nacht vergaß, lud Tilly die restlichen drei Knickerbocker zum Frühstück in die gemütliche Bauernstube ein.
Es gab Kakao und warme Semmeln.
»Paßt auf: Was ich euch jetzt sage, solltet ihr für euch behalten, Kinder«, begann Tilly. »Die Sache mit dem durchwühlten Gepäck und Poppis Entführung sind kein Zufall. Ich bin überzeugt, sie wurde nur deshalb hierher verschleppt, weil sie einem Gauner in die Quere gekommen ist, der etwas gesucht hat. In Lilos Zimmer.«
»Was soll es bei mir schon zu finden geben?« warf Lieselotte ein.
»Was
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