Die Knickerbocker Bande 23 - Die Drachen-Dschunke
Telefonnummer, unter der du Pingpong erreichen kannst. Er arbeitet nicht mehr im Zirkus, hat aber anscheinend eine Wohnung. Du mußt versuchen, ihn anzurufen und dich mit ihm zu verabreden. Er wird bestimmt zu diesem Treffpunkt kommen. Schließlich wollte er dich mehrmals ... na ja ... zum Schweigen bringen. Er läßt sich die Gelegenheit sicher nicht entgehen. Tu, als wärst du völlig verzweifelt!“ Das Mädchen nickte heftig, als Kwan-Ling Lieselottes Worte übersetzte. Es wollte alles tun, um seiner Cousine zu ihrem zukünftigen Mann zu verhelfen. Jun war nicht einverstanden mit diesem Vorschlag. „Wozu soll das gut sein?“ wollte er wissen. „Das bedeutet große Gefahr für Li.“
Lieselotte schüttelte den Kopf. „Nein, bedeutet es nicht. Li wird nämlich zu diesem Treffpunkt nie kommen. Wir werden alle dort sein, aber Pingpong wird uns nicht sehen. Wir beobachten ihn aus einem Versteck und verfolgen ihn dann. Er wird uns auf eine Spur bringen. Ich weiß noch nicht, welche es sein wird, aber es wird eine sein. Das bedeutet für uns, wenigstens ein Ende des langen Fadens in die Hände zu kriegen.“
Jun verstand den Vergleich und war einverstanden.
Als sie nach ihrer Ankunft aus dem Bahnhof ins Freie traten, fielen den Knickerbocker-Freunden zwei Dinge sofort auf. Es war in Shanghai deutlich wärmer als in Peking. Und so viele Menschen auf einem Fleck hatten sie noch nie gesehen. Wo sie auch standen, sie waren jemandem im Weg. Massen von Leuten liefen über die Gehsteige und wälzten sich wie eine zähe Masse voran.
Li benutzte eine Telefonzelle und schien ihre Rolle gut zu spielen. Kwan-Ling belauschte das Gespräch und nickte immer wieder zustimmend. Schließlich hängte die junge Frau ein und kam zu den anderen. Kwan-Ling berichtete: „Pingpong war außer sich, von Li zu hören. Er hat von sich aus ein Treffen vorgeschlagen. Im Hafen. In einem Teehaus. Es heißt übersetzt soviel wie Feuertopf. Pingpong hat den Weg dorthin genau beschrieben. Es scheint kein besonders freundlicher Teil des Hafens zu sein. In fünf Stunden soll Li dort sein.“
Gemeinsam machten sich die Abenteurer auf den Weg. In
Shanghai voranzukommen, war schwierig. Der Verkehr kroch nur langsam durch die Straßen und Gassen, und der Bus, den sie gewählt hatten, war langsamer als ein Fußgänger.
Sie benötigten mehr als vier Stunden, um den Teil des Hafens zu erreichen, in dem das Teehaus lag. Es war eine Gegend, in der sich auch besonders Mutige zu fürchten begannen. Eine Holzhütte drängte sich an die andere. Stürzte eine zusammen, wurde gleich auf den Überresten die nächste errichtet. Da der Platz beschränkt war, standen zahlreiche Häuser auf Pfählen in dem dreckigen Hafenwasser. An langen Stegen waren Hunderte Boote angebunden, auf denen Menschen das ganze Jahr über wohnten. Auch echte chinesische Dschunken erspähten die Junior-Detektive. Sie erkannten die Schiffe an ihrer stark gebogenen, bauchigen Form und dem eigentümlich gezackten Segel. Es sah wie der aufgestellte Rückenkamm eines Sauriers aus. Aber welche der Dschunken war die Drachen-Dschunke?
Das Teehaus „Feuertopf“ war ohne Zweifel kein Teehaus, sondern eine Hafenspelunke, in der billige Getränke ausgeschenkt wurden. Während sich die anderen hinter Holzkisten versteckten, schlenderte Jun unauffällig und lässig zu der Kneipe. Sie schien geschlossen zu sein. Auf jeden Fall waren die Fenster vernagelt. Der junge Chinese zog an der Tür und stellte fest, daß sie sich öffnen ließ. Er streckte kurz den Kopf in den Raum und zog ihn sofort wieder zurück. Dichter Qualm von Zigaretten und einem offenen Feuer schlug ihm entgegen.
Gleich neben dem „Feuertopf’ entdeckte Jun mehrere, rostige Fässer, die aufeinandergestapelt waren. Er steckte die Finger in den Mund und stieß einen schrillen Pfiff aus. Das war das verabredete Zeichen für „Luft ist rein!“ Die Knickerbocker-Bande und die beiden Frauen huschten aus ihrem Versteck und sausten in das nächste.
Zufrieden stellte Lilo fest, daß sie zwischen den Fässern auf den Weg vor der Kneipe spähen konnte. Sie würden also die Ankunft und den Abmarsch von Pingpong beobachten können.
Offen blieb die Frage, wer ihn verfolgen sollte. „Er kennt nur eine von uns nicht, und das ist Kwan-Ling!“ meinte Axel. Die junge Chinesin zuckte zusammen. Mut war nicht gerade ihre Stärke. Aber in diesem Fall blieb wohl kein anderer Ausweg.
Das Treffen war für 14 Uhr vereinbart worden. Die Drachensucher
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